Bielefeld Bill Ramsey: „Die Menschen sollen sich freuen“

Bielefeld. Bill Ramsey spricht über seine alten Schlagererfolge, seine Leidenschaft für Blues und Jazz, seine hohe Meinung von Lady Gaga und sein Entsetzen über Donald Trump. Herr Ramsey, Sie sind 86, das Gehen fällt Ihnen schwer. Trotzdem nehmen Sie noch anstrengende Konzertreisen auf sich. Halten die Musik und das Publikum Sie lebendig?Bill Ramsey: Oh ja, das tut mir sehr gut. Ich bin sehr glücklich, dass die Leute mich noch erkennen und Freude dran haben. Das ist Sinn der Sache. Was wir machen in der Unterhaltung, ist unterhalten. Die Menschen sollen lachen, weinen und sich freuen. Tony Bennett, der große amerikanische Sänger, ist 91 und war gerade noch auf Europa-Tour.Ramsey: Ist der schon 91, der Tony Bennett? Huch. Ja, der kann immer noch mordsmäßig singen. Er hat letztens sogar eine Platte mit Lady Gaga gemacht, und zwar gut. Sie war auch gut, das war für mich die Überraschung. Bis dahin war sie für mich mehr so ein PR-Hype, aber sie ist eine richtige Könnerin.Haben Sie in Ihren Konzerten auch einige Ihrer alten Schlager im Programm? Ramsey: Ja, ein bisschen. Zwei von den alten Dingern hab ich drin, &bdquo;Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" und &bdquo;Zuckerpuppe". Aber sonst hauptsächlich RhythmnBlues und Jazz-Standards.Werden die Schlager von Ihnen verjazzt?Ramsey: Nein, das muss man gar nicht. Die sind schon verjazzt. Wenn man genau zuhört, ist &bdquo;Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" Big Band Jazz, mit allem, was dazu gehört.Sie stehen bis heute zu Ihren Schlagererfolgen. Waren die anfangs nicht doch in erster Linie Broterwerb?Ramsey: Ich hatte einen wunderbaren Komponisten als Produzenten, Heinz Gietz. Wir waren befreundet, weil er auch in Jazzkreisen unterwegs war. Ich hab ihn im Jazzkeller in Frankfurt kennengelernt. Er fragte, willst du eine Platte machen, und ich sagte ja. Ich war damals Student, und die Aussicht, dass ich ein paar Mark extra haben könnte, war wunderbar.Heinz Gietz soll Sie gefragt haben: RocknRoll oder was Lustiges? Ich hätte gedacht, dass Ihnen RocknRoll als RhythmnBlues-Fan näher gelegen hätte.Ramsey: RocknRoll lag mir nicht. Das wollte ich nicht. Das war mir, ehrlich gesagt, zu weiß. Ich muss schwarze Musiker als Idol haben.Ihre Schlager waren teilweise richtige Zungenbrecher: Mussten sie dafür lange üben?Ramsey: Ja, das ist wahr (lacht). &bdquo;Wumba Tumba Schokoladeneisverkäufer" oder &bdquo;konstantinopelitanischer Gesangverein" – was meinen Sie, was das für eine Arbeit war für mich. Ich konnte doch kein Deutsch.Woher rührt Ihre Leidenschaft für schwarze Musik? Ist das der Einfluss der Eltern?Ramsey: Nein, meine Eltern waren eher Klassik-Freunde. Aber die haben nichts dagegen gehabt, dass ich auf dem Klavier Boogie Woogie gespielt habe und mir RhythmnBlues-Sachen und Big Band Swing von Count Basie und Duke Ellington auf Schallplatte angehört habe.Ihre Schlagerphase war Mitte der 60er vorbei. Dann konnten Sie sich wieder Ihrer Lieblingsmusik widmen.Ramsey: Nein, einfach so ging das nicht. Das war schon ein Kampf. Ich hatte Ärger und Schwierigkeiten mit bestimmten Jazzfans wegen meiner großen Schlagererfolge. Die Jazzfans waren böse auf mich, was stupid ist. Man muss die Sachen nur hören, dann ist klar, dass das ein Jazzer singt. Später haben sie sich damit abgefunden. Wenn ich heute in einem Konzert mittendrin &bdquo;Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" bringe, sind alle begeistert.Ist solches Schubladendenken deutsch?Ramsey: Nein, das war zum Beispiel auch in Holland so. Dort, wo Hitler diese Musik verboten hat, hat das gründlich gewirkt. Das ist wirklich so. Der Hitler hat auch in dieser Hinsicht großen Schaden angerichtet. Seit 20 Jahren moderieren Sie freitags &bdquo;Swingtime" bei hr2. Wählen Sie die Musik selbst aus?Ramsey: Nein, das macht Matthias Spindler für mich. Er gibt mir einen Laufplan. Zu den meisten Titeln kann ich sofort etwas erzählen. Ich nehme immer zwölf Sendungen am Stück in zwei Tagen auf.An diesem Freitag stand unter anderen Caterina Valente auf dem Laufplan.Ramsey: Caterina hat eine ganz große Qualität. Nicht nur als Sängerin, auch als Gitarristin. Aber sie zieht sich leider zurück. Sie ist weg von der Bühne. Sie war eine liebe Freundin, aber sie hat das abgeschnitten. Ich weiß nicht warum. Sie hat Angst vor der Presse, aber sie musste wissen, dass ich der Letzte wäre, der ihr damit Probleme macht. Ihr Musikinteresse ist mehr in die Vergangenheit gerichtet?Ramsey: Ja, ich weiß gar nicht, was los ist bei den jungen Leuten. Keine Ahnung. Es beschäftigt mich nicht. Ich bin – alt, ein Oldtimer.Viele Swing-Legenden und Kollegen von Ihnen haben inzwischen das Zeitliche gesegnet. Macht Ihnen das zu schaffen?Ramsey: Das ist schon schwierig. Das ist ein großes Problem, wenn man alt wird. Aber es ist so.Gibt es jemanden, mit dem Sie gern noch auftreten würden?Ramsey: Das Count Basie Orchestra. Mit dem würde ich furchtbar gern auftreten. Das gibt es ja noch. Joe Williams, der Sänger von Basie, war ein enger Freund von mir und eine große Hilfe für mich in der Zeit, wo die Jazz-Polizei mir zugesetzt hat. Er meinte: &bdquo;Oh, man, just go out and sing. Dont worry about that shit. Geh einfach raus und sing, kümmere dich nicht um die." (lacht) Sie haben in vielen Filmen mitgewirkt. Auch in einem Hamburger &bdquo;Tatort" mit Manfred Krug waren Sie 1997 zu sehen. Was haben Sie von Manfred Krug als Sänger gehalten?Ramsey: Viel. Ich war mittendrin, eine Platte mit ihm zu machen, als er starb. Ich sollte ein Duett mit ihm singen. Das Lied wurde dann trotzdem aufgenommen, &bdquo;One Note Samba". Der deutsche Text ist von ihm, der ist gut.Sie leben schon lange in Deutschland, haben seit 1984 die deutsche Staatsbürgerschaft. Fühlen Sie sich als Deutscher?Ramsey: Ja, ich bin kein Amerikaner mehr. Besonders nicht mit diesem Präsidenten.Sie fanden ja auch Bush schon schlimm.Ramsey: Ja, richtig. Ich fand Bush eine Katastrophe. Und nun Trump. Grrrrrrrr (lacht). Entsetzlich, furchtbar. Der ist ein solcher Versager. Alle, die ihn gewählt haben, gehören in den A. . . getreten.