
Bielefeld. Napoleon Bonaparte treibt seine erschöpften Soldaten in einen Scheinangriff gegen die Briten. General Wellington durchschaut das Manöver und bleibt stur. Im Laufe des Tages greifen die Preußen unter Feldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher ein. Am 18. Juni 1815, am nächsten Donnerstag vor 200 Jahren, verliert Napoleon 15 Kilometer südlich von Brüssel in der Nähe des Dorfes Waterloo sein letztes Gefecht. Der Bielefelder Thomas Mischak (55) hat die Schlacht nachgestellt: In 20 Jahren Arbeit und mit rund 16.000 Zinn- und Plastiksoldaten.
Heute stehen die acht Quadratkilometer Schlachtfeld in Belgien unter Denkmalschutz. 1994 machte Mischak mit einen Freund eine Rundfahrt durch Belgien. Dabei kamen sie auch an dem historischen Ort vorbei. Der Bielefelder: „Das Schlachtfeld kann man ablaufen. Da darf nichts mehr verändert werden.“
Die Schlacht hat eigentlich mehrere Namen, je nach Armee. Die Briten nennen sie Waterloo, der Name, der sich letztlich durchgesetzt hat. Die Franzosen sprechen von der Schlacht vom Mont St. Jean, für die Preußen war es die Schlacht von La Belle Alliance. Waterloo hat sich durchgesetzt. Auch als Redensart im übertragenen Sinne. Wenn jemand sein Waterloo erlebt, hat er auf ganzer Linie verloren.
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Der Freund von Mischak war fasziniert von dem Gedanken, die Schlacht nachzustellen und platzierte seine erste Anlage auf seinem Dachboden in Hiddenhausen. Seit 1995 hat Mischak das Diorama allein übernommen und in einem gemieteten Keller in Bielefeld aufgebaut.
Auf den ersten Blick gleicht seine Anlage einer Modelleisenbahn nur ohne Schienen. Da gibt es Wiesen, Wälder, das Schloss Hougomont und die beiden Bauernhöfe La Haye Sainte und Papelotte, die alle von den Briten besetzt waren. Auf einer Fläche von sechs mal vier Metern marschieren französisch-blaue Infanteristen, schießt preußisch-blaue Artillerie und reiten britische Dragoner in roten Uniformen.

Der Pulverdampf, hergestellt aus Aquariumswolle für Filter, hängt in der Luft. Die Soldaten im Maßstab 1:72 sind so groß wie eine aufrecht stehende Münze. Mischak hat beim Zahlenverhältnis immer den zehnten Teil gewählt. Wenn in Wirklichkeit 1.000 Soldaten kämpften, hat er 100 auf die Modellplatte gestellt. Der beste Schutz gegen die feindliche Kavallerie waren die großen Karrees, die menschlichen Igel, die sich mit aufgepflanzten Bajonetten zur Wehr setzten.
Das Modell zeigt vier verschiedene Szenen, die sich alle an dem Tag, aber zu unterschiedlichen Zeiten abgespielt haben. In der Nacht hatte es geregnet, der Boden war aufgeweicht. Die Kanonen konnten nicht bewegt werden.
Napoleon wollte eigentlich schon um 9 Uhr losschlagen, muss sich aber auf Anraten seiner Offiziere gedulden, bis das Gelände abgetrocknet ist. Um 11.30 Uhr schließlich greift er das Schloss Hougomont an. Der Angriff auf niederländische und britische Linien beginnt um 13.30 Uhr. Dann gehen die Briten zum Gegenangriff über und schlagen die Franzosen in die Flucht. Gegen 15.30 Uhr greifen die Franzosen erneut an. In der Zeit muss Wellington seinen berühmten Satz gesagt haben: „Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen.“
Blücher kam mit seiner Armee gegen 16.30 Uhr und griff den Ort Plancenoit an, der von den Franzosen besetzt war.
Mischak war schon als Kind von den kleinen Figuren begeistert. Dann machte er jahrelang nichts, lernte seine Frau kennen und wurde Postbeamter. Auch eine Schlacht im Miniaturformat ist kein Ponyhof. Da wird geschossen, erstochen, erschlagen und gestorben. Pferde liegen am Rande des Schlachtfeldes und Feldärzte kümmern sich um die Verletzten oder lassen sie liegen, weil sowieso alles zu spät ist.
Am Ende des Tages sind rund 50.000 Soldaten auf allen Seiten gefallen oder schwer verwundet. Der britische General Wellington soll gesagt haben: „Das größte Unglück ist eine verlorene Schlacht, das zweitgrößte eine gewonnene.“