Bielefeld (bast). Fährt der russische Präsident Putin einen aggressiven Kurs und schlägt das Fenster zum Westen zu? Oder trägt auch die Europäische Union Verantwortung für die Krise in der Ukraine? Darum ging es am Sonntag beim "Grünen Salon". Aktueller Hintergrund war der Bürgerkrieg in der Ukraine, der am Wochenende weiter eskaliert ist.
Der "Grüne Salon" wird regelmäßig von einem Trägerkreis, dem unter anderem die Grünen Helga Boldt und Uwe Günther angehören, sowie der parteinahen Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet. Am Sonntag diskutierte Ruprecht Polenz (CDU), früher Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses des Bundestages und heute Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, mit Jürgen Wagner, Vorstandsmitglied der Informationsstelle für Militarisierung.
Polenz machte klar, dass Russland durch die Annektion der Krim nicht nur das Hoheitsgebiet der Ukraine verletzt, sondern auch Verträge mit der Ukraine gebrochen habe. Die EU habe daraufhin zwei Signale gesandt: erstens, dass es keine militärische Einmischung geben werde, und zweitens, dass durch Sanktionen erhebliche politische und ökonomische Kosten für Russland entstehen werden. Die derzeitige wirtschaftliche Lage Russlands habe mit den Sanktionen allerdings nur teilweise zu tun. Denn: "Die Kapitalflucht ist Ausdruck des mangelnden Vertrauens der Russen in ihren Staat. Und da der russische Staatshaushalt vor allem auf Öl- und Gasexporten basiert, wirkt sich der niedrige Ölpreis derzeit stark aus", so Polenz.
Um der Ukraine zu helfen, müsse der Westen die Bestimmungen des Helsinki-Abkommens wieder zur Geltung bringen. Russland habe den Vertrag mit unterzeichnet, fühle sich daran aber offenbar nicht mehr gebunden. Die Helsinki-Prinzipien sehen die Wahrung der Menschenrechte ebenso vor, wie die Nichteinmischung in innerstaatliche Angelegenheiten.
Jürgen Wagner versuchte dagegen, die russische Perspektive nachzuvollziehen. Die Nato-Osterweiterung, deren geostrategische Bedeutung im Westen durchaus zähle, werde in Russland als Bedrohung empfunden.
Die Folgen der im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland seien schwer kalkulierbar. "Welche Ziele man damit erreichen will, ist nicht klar", betonte Wagner. Einen wirtschaftlichen Zerfall Russlands könne man nicht riskieren. Was notwendig sei, um mit Russland ins Gespräch zu kommen, seien vertrauensbildende Maßnahmen: "Der Westen muss eine Mitverantwortung an der Eskalation der Krise in der Ukraine eingestehen."