Bielefeld

"2050 gibt der letzte Bauer auf"

DAS INTERVIEW Heiner Dingerdissen, Kreisvorsitzender der Landwirte, wird 65

Verärgert über Politiker: Der enorme Flächenverbrauch in Bielefeld lässt Heiner Dingerdissen verzweifeln - er vermisst Politiker, die die Anliegen der Landwirte ernst nehmen. Im März hört Dingerdissen als Chef der Bauern auf, Sonntag wird er 65 Jahre alt. | © FOTO: ANDREAS ZOBE

17.01.2015 | 17.01.2015, 16:00

Bielefeld. Schweine und Ackerbau - seit er 20 Jahre alt ist, führt Heiner Dingerdissen seinen Hof im Osten der Stadt. Sonntag feiert der Chef der Bielefelder Bauern seinen 65. Geburtstag. Mit ihm sprach NW-Redakteur Kurt Ehmke - und Dingerdissen ließ seiner Enttäuschung über Politiker und Teile der Gesellschaft freien Lauf. In zwei Monaten wird er sich nach sechs Jahren als Vorsitzender des Kreisverbandes verabschieden.

Sie haben bei Ihrem Antritt als Vorsitzender einmal gesagt, dass ohne die Bauern nicht viel ginge in Bielefeld - aber wieso? Lebensmittel gibt's doch im Aldi.

HEINRICH DINGERDISSEN:
Ja, das ist sicher richtig, aber ohne uns Bauern wäre die Landschaft nicht so schön gestaltet wie sie es noch ist.

Es geht Ihnen um mehr als Nahrungsmittel.

DINGERDISSEN: Auf jeden Fall - allerdings macht uns die Politik einen Riesenstrich durch die Rechnung. Beste Stücke Land sind verloren gegangen.

Wo?

DINGERDISSEN: In jüngster Zeit für das Interkommunale Gewerbegebiet in Altenhagen, die Ortsumgehung Ummeln, die A33, den Rasthof an der A2 und am sogenannten Erdbeerfeld. Kostbare Landschaft geht hier verloren, wird geopfert.

Nun, das schafft Arbeitsplätze und sichert den Standort Bielefeld, sagen Politiker.

DINGERDISSEN: Ich sehe die Notwendigkeit durchaus, aber wenn ich sehe, dass der Rat am Erdbeerfeld produzierendes Gewerbe ansiedeln wollte und nun entstehen da profane Autohäuser, dann ärgere ich mich darüber wirklich jeden einzelnen Tag. Muss Porsche da seine Autos zeigen? Das wäre in Brackwede genauso weiter möglich gewesen. Da wären die Kunden aus Hannover auch weiter gut hingekommen.

Die Bauern verstehen sich als Landschaftschützer - auch als Naturschützer?

DINGERDISSEN: Sicher, auch das. Gerade erst saß ich mit dem Umweltamt zusammen - und auch die sagen, dass sie den Landschaftsschutz ohne uns Bauern gar nicht mehr leisten könnten. Damit wäre der Staat überfordert. Wir arbeiten da vieles gemeinsam aus. Wir Bauern bieten den Bürgern vielfältige Landschaften an.