
Bielefeld. Das gabs noch nie in der Stadt: 800 Bielefelder aus 80 Vereinen und Gruppen haben gestern Nachmittag an einem sozialen Kunstwerk mitgewirkt. Unter dem Titel "Bielefelder Schwärme" haben sie sich auf der drei Kilometer langen Promenade rund um den Obersee hör- und sichtbar gemacht. Die Idee zu dem einmaligen Projekt kommt von der Cooperativa Neue Musik.
Sabine Bergau hat früher oft in der Landschaft gemalt, gestern nach langer Zeit wieder einmal – auf dem Steg am Obersee. "Hier kann man es aushalten", findet die 59-Jährige. Denn mit derart sommerlichen Temperaturen hatte sie am Morgen noch nicht gerechnet.
Weltfriedenstag
Der 21. September ist seit 1981 der Internationale Weltfriedenstag der UNO.Die Bielefelder Schwärme haben sich in eine große Zahl von weltweit initiierten Projekten eingereiht.
Die Schwärme demonstrieren das Neben-, Mit- und Durcheinander des Andersartigen, das Toleranz, Offenheit und Spiel bedeutet, so Initiator Willem Schulz.
Bergau gehört dem Verein "Die Gestalten" an, gemeinsam mit anderen Künstlerinnen hat sie als Schwarm in der Öffentlichkeit gezeigt, womit sie sich in ihrer Freizeit beschäftigt.
Zufällig kommen Maria und Klaus Dück während ihres Sonntagsspaziergangs am See vorbei. "Eine gelungene Veranstaltung", findet Maria Dück. Während sie die künstlerischen Projekte im Visier hat, zieht es ihren durchaus technikaffinen Gatten zu den kleinen Booten, mit denen der Flug- und Schiffsmodellclub zu Gast ist. "Ein tolles Bild", sagt er beim Blick auf den See. Und auch Tobias Gronemeyer gerät ins Schwärmen. Die Töchter Alma (1) und Mia (6) wollen gar nicht mehr nach Hause.
Zum 800. Geburtstag der Stadt hat die Cooperativa Vereine und Gruppen eingeladen, beim Schwarmprojekt mit dabei zu sein. Chöre, Fußballer, Tanzensembles, Tierfreunde und Schauspieler meldeten sich. "Sie alle brennen für etwas", sagt Willem Schulz, Künstlerischer Leiter. "Diese Menschen aus den unterschiedlichsten Gebieten wollten wir zusammenbringen."
Ein Team aus acht professionellen Tänzern, Musikern und Choreographen sowie zahlreiche Helfer hatten seit Monaten an der Realisierung der lebendigen Skulptur gearbeitet.
Wie Dramaturgin Christine Grunert. Sie coachte sieben Gruppen, darunter die Tänzerinnen von "Solomomento". Grunert ist vom Schwarm-Gedanken fasziniert, ihre Schützlinge ebenso. Sie waren schon beim Musik-Festival Diagonale im vergangenen Oktober in der Oetkerhalle dabei, das unter dem Thema Schwarmbildung stand.
Einzeln wurden die Gruppen auf die Veranstaltung vorbereitet, eine Generalprobe gabs nicht, gestern kamen die Schwärme erstmals zusammen.
Der Absprung von sieben Mitgliedern des Fallschirm-Sportspringer-Clubs Bielefeld aus zwei Flugzeugen zur Halbzeit zählte zu den Höhepunkten der Veranstaltung. Die Crew um Benjamin Eichert (30) landete auf der Wiese nördlich des Obersees.
Das Publikum sah Eichert beim Absprung aus 1.300 Metern Höhe natürlich noch nicht. Erst beim Landeanflug habe er die vielen Zuschauer erblickt. Mehr als 3.000 waren gekommen, schätzt Schulz.