Bielefeld

Ewiges Streit-Thema Untersee

Initiative mit neuem Konzept / Linke Mehrheit will See mit Naturschutz stoppen

11.09.2014 | 11.09.2014, 08:01
Der Johannisbach mit der Aue zwischen Viadukt und Brake. Hier könnte der Untersee entstehen. - © FOTO: CHRISTIAN WEISCHE
Der Johannisbach mit der Aue zwischen Viadukt und Brake. Hier könnte der Untersee entstehen. | © FOTO: CHRISTIAN WEISCHE

Bielefeld. Die Idee eines Untersees ist mehr als 60 Jahre alt. Sie hat viele fasziniert, häufig zu politischem Streit geführt und bereits Millionen verschlungen – ohne dass etwas passiert ist. Jetzt steht das Thema wieder auf der Tagesordnung – und spaltet erneut die Lager. Eine Initiative Johannissee will in Kürze ein Konzept für einen kleinen See vorlegen – das viele Probleme lösen soll. Parallel versuchen SPD, Grüne und Linke mit einer Naturschutzinitiative dem See den Hahn abzudrehen.

Die Bezirksvertretungen Schildesche und Heepen haben mit rot-grün-roter Mehrheit die Verwaltung beauftragt, ein Naturschutz-Konzept für die Johannisbachaue zu prüfen. Das stößt bei CDU und BfB auf Widerstand, weil beide die See-Option nicht versperren wollen. Auch bei den Sondierungsgesprächen für ein Bündnis im Rat hakelt es bei dem Thema.

Heikel ist der Vorstoß, weil eine Unternaturschutzstellung praktisch den endgültigen Abschied vom zweiten Stausee in der Aue bedeutet. Der Naturschutz gilt als höchste Schutzstufe und wäre im Landschaftsplan festgeschrieben. Ein See mit Booten und Baden wäre dann nicht mehr durchsetzbar.

Damit würde der derzeit allseits stillschweigend akzeptierte Konsens, die Aue langsam naturnäher zu entwickeln, die See-Perspektive aber nicht ganz zu verbauen, aufgegeben. Genau das halten vor allem die Grünen aber seit langem für überfällig. Denn ein See würde nicht nur die Natur beeinträchtigen, sondern wäre ohne größere Bebauungen am Rand nicht finanzierbar. Das schreckt ab.

Konzepte gab es viele. Ex-Baudezernent Florian Mausbach (CDU), der Großprojekte liebte, präsentierte Anfang der 1990er Jahre eine 75-Hektar-Variante, die von der Grafenheider Straße (Staumauer) bis zum Viadukt reichte. Die Stadt hatte damals bereits Bauernhöfe für rund 20 Millionen Mark gekauft, in Erwartung eines zweiten Stausees. Denn der war beim Bau des Obersees (18 Hektar), der von Johannisbach und Jölle gespeist wird, in den 1960er Jahren bereits im Konzept. Der eine See sollte naturnaher sein, der zweite mehr der Erholung dienen. Hintergrund für beide war eine Verbesserung des Hochwasserschutzes.

Doch so alt die Vorschläge sind, sie wurden alle in den politischen Mühlen zerrieben. Gutachten nützten genauso wenig wie Runde Tische. Investoren und Vereine legten immer wieder Entwürfe vor, doch sie zerplatzten genauso wie angedachte Begleitprojekte, darunter Teuto-Therme, Golfplatz oder Baugebiete. 2009 hatte der Bielefelder Projektentwickler Ulrich Möntmann noch einen Vorstoß gemacht, mit einer 44-Hektar-Variante, die über den Verkauf von sieben Baugebieten finanziert werden sollte. Doch das Projekt scheiterte ebenso, "an den politischen Animositäten", wie es auf der Homepage heißt. Auch der Verein "Pro Untersee" hatte keinen Erfolg. Hoffnungsvoll gibt sich derzeit aber eine von dem Verein abgespaltene neue Initiative, "Ein See für Bielefeld" um Planer Axel Schubert. Unter dem Stichwort Auepark Johannissee hat er von Studenten aus Höxter ein Konzept einer Zwei-Seen-Lösung erarbeiten lassen, die nach Schuberts Ansicht auch die Umweltschützer überzeugen müsste.

Der neue See hätte nur 27 Hektar, ließe die Aue auf der Südseite frei, böte aber trotzdem Platz für Badestrand, Bootsanleger und Seeterrasse. Weil er sehr tief (acht Meter), vom Bach gespeist und mit einem umfangreichen Reinigungs- und Filterkonzept kombiniert würde, erhielte er Wasserqualität auf Badeniveau. Davon würde auch der Obersee profitieren, dessen Wasser nach Untersuchungen der Studenten heute nicht sauber sei.

Ob das Konzept Rot-Grün-Rot noch überzeugt, bleibt zweifelhaft. Sie sehen jetzt die Chance, das Thema Untersee zu beerdigen, weil sie die Mehrheit im neuen Rat haben. SPD und Grüne hängen nicht mehr an der Ampel mit der FDP.