Bielefeld

Baudezernent im Visier der Staatsanwälte

Verdacht der Vorteilsannahme / Hausdurchsuchung am 28. Mai / Beschuldigte weisen Vorwürfe zurück

12.06.2014 | 12.06.2014, 00:00
Der städtische Baudezernent Gregor Moss. Die Staatsanwaltschaft prüft Hinweise darauf, dass es beim Bau des Technischen Rathauses zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte. - © MONTAGE: SARAH JONEK
Der städtische Baudezernent Gregor Moss. Die Staatsanwaltschaft prüft Hinweise darauf, dass es beim Bau des Technischen Rathauses zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte. | © MONTAGE: SARAH JONEK

Bielefeld. "Es besteht ein dringender Anfangsverdacht der Vorteilsannahme", sagt Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität. Das Bauunternehmen L. soll das Privathaus von Moss zu günstigeren Konditionen als marktüblich errichtet haben.

Insgesamt wird gegen vier Personen ermittelt: Gregor Moss, die Bauunternehmer Klaus und Michael L. sowie den Architekten Heiko H. Die Vorwürfe: Zum einen sollen für Arbeiten am Rohbau des Privathauses von Moss – errichtet vom Bauunternehmen L. – offenbar geringere Material- und Lohnkosten berechnet worden sein als marktüblich. "Es gibt ein Missverhältnis zwischen Preis und Kosten. Es besteht Erklärungsbedarf", sagt Pollmann. Außerdem soll die Firma L. dem Architekten H. auf dem Grundstück seines Privathauses einen Swimming-Pool gebaut haben, der nicht bezahlt worden sei.

Nach Informationen der NW gehen die Ermittlungsbehörden sowohl im Falle des Swimming-Pools als auch beim Rohbau davon aus, dass finanzielle Vorteile in Höhe von jeweils etwa 30.000 Euro gewährt wurden.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Vorteilsannahme sowie -gewährung, weil ungefähr im gleichen Zeitraum der vermeintlichen Vergünstigungen vor mehreren Jahren auch die Aufträge für den Rohbau des neuen Technischen Rathauses an das Bauunternehmen L. vergeben wurden. Auftraggeber war die städtische Holding BBVG, bei der Moss als Prokurist fungiert. Die Staatsanwaltschaft hat offenbar den Verdacht, dass es sich dabei um Moss’ Gegenleistung für die günstige Hilfe beim Hausbau gehandelt haben könnte.

Ins Rollen war der Fall bereits vor mehreren Monaten gekommen. Bei einer Betriebsprüfung bei L. waren Steuerprüfern nach Informationen der NW Ungereimtheiten bei mehreren Rechnungen aufgefallen. Die Prüfer schalteten daraufhin Steuerfahnder ein.

Die Staatsanwaltschaft ließ am 28. Mai die Geschäftsräume des Bauunternehmens L., das Büro von H. sowie das Privathaus von Gregor Moss durchsuchen. Die Beschuldigten zeigten sich sehr kooperativ, hieß es. Moss soll nach NW-Informationen sogar von sich aus weitere Akten zur Beschlagnahmung ausgehändigt haben, die sich in seinem Büro befanden. Für das Beigeordnetenbüro bestand kein Durchsuchungsbeschluss.

Die Vorwürfe weisen alle vier Beschuldigten zurück. Drei der Verdächtigen werden von der Bielefelder Kanzlei Binder & Partner vertreten: Rechtsanwalt Carsten Ernst nimmt die Interessen von Gregor Moss wahr, Detlev Binder die von Klaus L. und Torsten Giesecke die von Michael L.. Die Anwälte wollen sich vorerst nicht äußern. Sie gehen von einer raschen Aufklärung aus. Moss soll bereits in der kommenden Woche von der Staatsanwaltschaft vernommen werden. Baudezernent Moss wollte gestern keine Stellungnahme abgeben. Klaus und Michael L. waren nicht zu erreichen. Architekt H. sagte, er sei "verdutzt", dass sein Swimming Pool überhaupt in den Rechnungen auftauche, denn das Bauunternehmen L. habe ihn nicht errichtet.

Laut Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann könne das Verfahren, das sich erst im Anfangsstadium befinde, noch andauern. "Es kann auch sein, dass dabei gar nichts herauskommt."