Bielefeld

Emotionaler Moment für Angelika Vogel

Rita Süssmuth lobt Kampf der Aids-Hilfe-Vorsitzenden gegen die Ausgrenzung der Kranken

04.03.2014 | 04.03.2014, 10:24
Initiatorin und Moderatorin Susanne Schulz (l.) gratuliert der ersten Bielefelder Frauenpreisträgerin, Angelika Vogel von der Aids-Hilfe freut sich sichtlich, blickt aber noch etwas ungläubig in das Meer applaudierender Zuschauer im Theater am Alten Markt. - © FOTO: ANDREAS FRÜCHT
Initiatorin und Moderatorin Susanne Schulz (l.) gratuliert der ersten Bielefelder Frauenpreisträgerin, Angelika Vogel von der Aids-Hilfe freut sich sichtlich, blickt aber noch etwas ungläubig in das Meer applaudierender Zuschauer im Theater am Alten Markt. | © FOTO: ANDREAS FRÜCHT

Bielefeld. Als Jury-Sprecherin Gabriele Behler den Namen der ersten Frauenpreisträgerin in der Geschichte Bielefelds nannte, ging ein kleiner Aufschrei durch das Publikum im Theater am Alten Markt. Zum Teil war es Überraschung, weil die Ex-Landesministerin das Geheimnis um Dr. Angelika Vogel so beiläufig lüftete, zum Teil war es Ausdruck echten Jubels. Ein bemerkenswerter Moment. Den größten Gänsehautschauer lösten allerdings die Standing Ovations aus, die am Ende allen Nominierten auf der Bühne galten.

Behler erklärte die Entscheidung: "Wir wollten und wir konnten keine Beste aussuchen." Anhand von sieben aufgestellten Kriterien (etwa Vorbildfunktion, Durchhaltevermögen gegen Widerstände, Außenwirkung des Engagements und ein Einsatz, der über den Beruf hinaus geht) habe sich die Jury für die Vorsitzende der Aids-Hilfe entschieden.

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Rita Süssmuth sprach anschließend die Laudatio für die Labormedizinerin und langjährige Aids-Hilfe-Chefin: "Was ich am meisten bewundert habe an Ihnen? Sie haben gegen Ausgrenzung gekämpft. Sie haben sich gesagt: Da müssen wir ganzheitlich herangehen. Das ist nicht nur ein medizinisches, das ist auch ein soziales Problem." "Obwohl wir sehr, sehr wenig über Aids wussten", habe Vogel es gewagt, die Anfrage der Aids-Hilfe anzunehmen.

Aus eigener Erfahrung wusste die langjährige Bundestagspräsidentin zu berichten, dass Aids-Hilfen in den 1980er Jahren keineswegs anerkannte Gruppen waren. "Das waren die Abartigen. Ich hätte aber ohne die Aids-Hilfen kaum politische Entscheidungen treffen können, weil Ärzte damals keine Auskunft geben konnten."

Der Weg von der Idee bis zur Preisvergabe, die Rita Süssmuth trotz wichtiger Verpflichtungen am Samstagnachmittag in Paris nicht verpassen wollte, war lang. Susanne Schulz, Vorsitzende des Bundes der Frauenvereine in Bielefeld, hat sich mit ihren Vorstandskolleginnen einen lang gehegten Traum wahr gemacht und mit Unterstützung der Neuen Westfälischen den ersten Bielefelder Frauenpreis ausgelobt. Zwölf Bielefelderinnen waren für ihr vorbildliches Engagement nominiert worden, eine achtköpfige Jury hatte stundenlang getagt, bis nun 300 Zuschauer die mit Spannung erwartete Preisverleihung verfolgen konnten.

"Wir haben Frauen gesucht, die sich trauen, etwas in Gang zu setzen, an das sie glauben", betonte Susanne Schulz. Die zwölf Nominierten seien Vorbilder in vielerlei Hinsicht. Die Gewinnerin des "Bielefeld-Ringes" stehe deshalb auch stellvertretend für die übrigen Nominierten und für zahlreiche andere Frauen, die sich ebenso in Bielefeld engagieren.

Angelika Vogel selbst war von der Entscheidung sehr überrascht – nicht einmal ihren Kindern hatte sie von ihrer Nominierung erzählt. "Die anderen elf nominierten Frauen sind schließlich sehr kompetente, engagierte Frauen. Ich bin stolz auf den Preis, freue mich über den Ring und die Initiative."

In ihrer Dankesrede berichtete Vogel von sehr schwierigen Zeiten, etwa als Aids neu und unbekannt war, aber auch, als die Tierpensionspläne der Aids-Hilfe in Bielefeld 2007 und 2009 durch Brandanschläge torpediert wurden. "Ich habe damals mein bürgerliches Schild vor sie gehalten – in einer Zeit, die nicht einfach war." Ihre Hoffnung sei es, dass dieser Preis vielleicht zur weiteren Akzeptanz in der Bevölkerung beiträgt, so Vogel.

Rita Süssmuth zeigte übrigens gute Bielefeld-Kenntnisse: "Der erste Frauenpreis? Eigentlich passt das nicht hierher", sagte sie zu Beginn ihrer Laudatio: "Bielefeld ist eine Stadt der Initiativen – getragen vor allem von Frauen." Hier sei ehrenamtliches Engagement eine Selbstverständlichkeit. "Aber es fehlt an der Wertschätzung und Anerkennung." Der folgende Applaus sorgte für einen weiteren besonderen Moment bei der Frauenpreispremiere.

Information

"Der Preis ist schon bald nicht mehr wegzudenken"

Andreas Rüther (OB-Kandidat der CDU) glaubt, "dass der Frauenpreis in Bielefeld schon bald nicht mehr wegzudenken sein wird". Der Zuspruch bei der Premiere habe bewiesen, welchen Stellenwert er jetzt schon habe.

Pit Clausen (Oberbürgermeister): "Ich habe mich über die Entscheidung gefreut, weil Frau Vogel für ein besonderes Thema steht, das unpopulär war und für das sie oft angefeindet wurde. Angelika Vogel ist eine mutige Frau, vor der ich wirklich Hochachtung habe."

Klaus Rees (OB-Kandidat der Grünen): "Ich hatte am Anfang Schwierigkeiten mit dem Titel: Bielefelds Beste. Weil es so viele ehrenamtlich engagierte Frauen in Bielefeld gibt." Trotzdem habe es mit Frau Vogel die Richtige getroffen: "Sie passte zu allen sieben Kriterien der Jury. Ich schätze sie sehr."

Angelika Dopheide (Nominierte): "Dass ich nominiert wurde, habe ich als große Ehre empfunden. Das Fantastische an dem Preis aber ist, dass man in diesem Saal sofort ganz viele Menschen nennen konnte, die genauso nominiert werden könnten. Wir sind eben nicht alleine."

Regine Burg (Superintendentin): "Danke, das tat uns Frauen so gut."