Bielefeld. Wenn Angelika Dopheide (67) aus ihrer Vergangenheit erzählt, kann man sich kaum vorstellen, dass in ein einziges Leben so viel Engagement passt. Schon als junges Mädchen hat sich Dopheide für andere stark gemacht und obendrein ein eigenes erfülltes Leben gelebt. Sie hat zwei Kinder großgezogen – und als erste Frau das höchste Verwaltungsamt der Stadt erreicht. Allerdings gab es auch schwere Stunden im Leben der ehemaligen Oberbürgermeisterin.
Der Drang, Menschen zu helfen, liegt Angelika Dopheide im Blut. 1946 geboren, wächst Dopheide im damals sehr ländlich geprägten Stieghorst auf. Die Familie lebte ärmlich – wie viele in den Nachkriegsjahren. Zwei kleine Zimmer, ein Plumpsklo im Stall. Und doch teilte der Vater das bisschen, was da war, mit denen, die es noch schlechter getroffen hatten. "Ich erinnere mich, dass unser Haus voller Menschen war damals", sagt Dopheide.
Eine Mutter mit vier Kindern, Flüchtlinge, hatte der Vater eines Tages mitgebracht, ihr Geschirr, Wäsche und Besteck gegeben. Dopheide erinnert sich auch an den Mann, dem ihr Vater damals am Hauptbahnhof begegnete. "Er war in Bielefeld gestrandet, wusste nicht wohin, da nahm mein Vater ihn kurzerhand auf."
Diese Nächstenliebe, dieser Einsatz für die Mitmenschen hat die junge Angelika geprägt, "das war für meine Eltern, die sehr religiös waren, selbstverständlich."
Deshalb ist es auch für die kleine Angelika ganz normal, ihren Mitschülern zu helfen, sich für andere zu engagieren. Dop-heide leitet Jugendgruppen, betreut später junge Gefangene einer Justizvollzugsanstalt.
Mit 15 lernt sie Ehemann Bernd kennen und mit ihm die Sozialdemokratie. "Bis dato war mein Engagement religiös bestimmt gewesen." Doch Dop-heide entdeckt Gemeinsamkeiten im christlichen Glauben und der Sozialdemokratie. "Es geht da auch um Toleranz, Gerechtigkeit und soziales Engagement."
Angelika Dopheide
Angelika Dopheide wird 1946 in Bielefeld geboren.Schon in jungen Jahren leitet sie Jugendgruppen.
Dopheide lernt den Beruf "Beschäftigungstherapeutin"
1979 tritt sie in die SPD ein, wird Mitglied der Bezirksvertretung Schildesche.
1980 tritt sie der AWO bei.
Von 1984 bis 1994 ist Dop-heide SPD-Ratsmitglied, von 1989 bis 1994 ehrenamtliche Bürgermeisterin, von 1994 bis 1999 hauptamtliche Oberbürgermeisterin.
Seit 2000 Vorsitzende des Vereins "Frauen helfen Frauen in Not", dem Förderverein des AWO-Frauenhauses.
Seit 2010 ist Dopheide Vorsitzende des Präsidiums und des Aufsichtsrates des AWO- Kreisverbandes Bielefeld.
1973 tritt das Ehepaar Dop-heide in die SPD ein. Ein Jahr zuvor wird der Sohn, ein Jahr danach die Tochter geboren. Neue Aufgabenfelder tun sich auf. Und auch denen widmet sich Angelika Dopheide mit der ihr eigenen Hinwendung: Sie engagiert sich im Kindergartenrat, wird später Schulpflegschaftsvorsitzende.
Als die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, beginnt Dopheides rasante politische Karriere. 1979 tritt sie in die Bezirksvertretung in Schildesche ein, engagiert sich für die Bildungspolitik. Später wird sie Mitglied in der AG für sozialdemokratische Frauen. "Ich habe damals ein Verständnis für Frauenprobleme entwickelt." Unterdrückung, Gewalt, Unmündigkeit, die Schwierigkeit, Beruf und Familie zu vereinen – Themen, die Dopheide bis heute bewegen.
Von 1984 bis 1994 ist Dop-heide Ratsmitglied und von 1989 bis 1994 ehrenamtliche Bürgermeisterin. Bildung, Gerechtigkeit, Hilfe für sozial Schwache, Frauenförderung, das sind ihre Steckenpferde. Am 10. November 1994 wird vom Stadtrat mit Angelika Dopheide erstmals in der Geschichte Bielefelds eine Frau zur hauptamtlichen Oberbürgermeisterin gewählt.
Ein dickes Fell schafft sich Dopheide in dieser Zeit an. "Man steht ja für alles gerade, das intern falsch läuft." Aber sie genießt auch die Macht. Die Macht, Dinge bewegen und verbessern zu können. Das tut sie auch nach ihrer Amtszeit. 2000 wird Dopheide Vorsitzende des Vereins "Frauen helfen Frauen in Not", dem Förderverein des AWO-Frauenhauses. Dann der Tiefschlag. Ehemann Bernd, Gefährte, politischer Berater und Freund, stirbt 2002 – und Dopheide erstarrt in Trauer. "Ich habe gar nichts mehr gemacht zu dieser Zeit."
Bis sie Ende 2003 ein Brief von SPD-Urgestein Elfriede Eilers erreicht: "Du hast nicht das Recht, Deine Kompetenz und Erfahrung zu begraben", schreibt die resolute Dame, und Dopheide lässt sich ein halbes Jahr später zur AWO-Kreisvorsitzenden wählen.
Schnell ist die Powerfrau wieder bei Kräften. Und tut das, was sie Zeit ihres Lebens getan hat: Helfen, sich für andere engagieren. Besonders wichtig ist ihr heute die Arbeit des AWO-Frauenhauses. Hier finden geschlagene, gequälte, alleingelassene Frauen und Kinder Unterschlupf und werden betreut. "Es ist manchmal schlimm, was für Geschichten wir hier zu hören bekommen. Doch das überzeugt mich umso mehr davon, dass mein Wirken immer noch sinnvoll ist."