
Wandern ist "in". Kniebundhose war gestern, atmende Outdoorkleidung ist heute chic. So auch im Schwarzwald, der für das angesagte Aktivvergnügen das breiteste Angebot in deutschen Landen bietet. Neben Fernwanderwegen wie dem "Weschtwäg" (für Zugereiste: Westweg!) sind es viele Rund- und Etappenwege, die Lust auf Bewegung machen. Ziemlich neu sind Touren auf dem Renchtal- und Wiesensteig.
Die Orte heißen Gebirg, Ödsbach oder auch Zuflucht, bewohnte Nester im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Irgendwo in der Nähe plätschert immer die wilde Rench, ein Flüsschen in Mittelbaden, das später in den Rhein mündet. Die Region, durch die der Renchtalsteig führt, mundet köstlich, heißt Ortenau, ist das einzige Weinbaugebiet im Schwarzwald (Winzergenossenschaft Oberkirch) und ebenso reich gesegnet mit Obst und Gemüse.
Lese-Tipp: Ein guter Begleiter ist der neue Wanderführer "Schwarzwald Mitte/Nord" aus dem Michael-Müller-Verlag. 36 Touren werden darin praxisnah beschrieben (mit GPS-Tracks). 14,90 Euro.
Viel Futter braucht man auch, um den neuen Wanderweg zu schaffen. Der geht in die Beine, ist anspruchsvoll und für Lauffaule nicht geeignet. 98 Kilometer über Stock und Stein, Wurzeln und Grünzeugs wollen bewältigt werden, ordentliche Höhenmeter und einige giftige Anstiege (Mooskopf, Teufelskanzel) inklusive. Dach des Steigs ist der Schliffkopf auf 1.054 Meter Höhe. Tipp: Für den Renchtalsteig sollten fünf Tagesetappen eingeplant werden. Trend der Zeit ist es, sich ein festes Quartier zu suchen und sich zum jeweiligen Etappenanfang am Ziel bringen oder abholen zu lassen. Am Steig sind das Höhenhotel Kalikutt der Familie Alfred Schmiederer oder auch das 5-Sterne-Superior-Hotel Dollenberg (Relais & Chateau und Sterneküche) Gastgeber, die solche Wandertransporte gegen einen Aufpreis (50 Euro) organisieren.
Einer der schönsten Entschleunigungswege Deutschlands
Sehr viel kürzer, leichter zu laufen und für die wachsende Gemeinde der Genusswanderer bestens geeignet ist der exzellent ausgeschilderte Wiesensteig bei Bad Griesbach, der als Premium-Rundwanderkurs nach zehn Kilometern "geschafft" ist. Das Problem am Start am Weiherplatz ist die bequeme Sitzgruppe, sind die Liegen und ist die Grillhütte – man will gar nicht loslaufen, dabei lohnt die Mühe: Der Wiesensteig ist als typischer Entschleunigungsweg einer der schönsten in Deutschland. Zum wolkenbetupften Himmel in Blau und Weiß kontrastiert das satte Grün der Bergwiesen, die bunten Herbstfarben der Wälder. Dazwischen wirken einsame Weiler wie der von Rosl und Erich wie fast vergessen vom Rest der Welt."Wir freuen uns, wenn Wanderer vorbeikommen", sagen die beiden älteren Herrschaften und laden zu einem kleinen Umtrunk ein. Kirschwasser, das sie lange auch selbst gebrannt haben, darf da nicht fehlen. Rosl mäht die umliegenden Hangwiesen noch selbst mit der Sense, sie sammelt die Kräuter ein und pflückt die Wiesenblumen. Durch das kleine Becken des Butterhäusel vor der Haustür fließt eiskaltes Bergwasser – in Vor-Kühlschrank-Zeiten wurden hier Fett und Bier vor Wärme geschützt.
Man sollte für einen Plausch bleiben, man sollte am "Motorenhisli" (drinnen gibts Sitzkissen und Sonnenschirm) Pause machen, man sollte ein Stück weiter des Weges am Schnapsbrunnen bei Haus Wilde einen Likör probieren oder auch im Höhengasthaus Herbstvasen den Wiesensteigteller sich munden lassen. Kurzum: Man sollte sich Zeit lassen auf dem Wiesensteig. Für einen Besuch in der Doppelgemeinde Bad Peterstal-Griesbach reicht es immer noch.
Zwei-Sterne-Koch bedient die Genusswanderer
Einst kamen in die Mineral- und Moorheilbäder vor Ort Kaiser, Zaren und andere illustre Gästen, dann Kurgäste wie Du und ich nebst Kurschatten und dann kam die Gesundheitsreform, mit Folgen: Viele Gäste blieben weg. Jetzt versuchen Tradition und Moderne einander kumpelhaft auf die Schulter zu klopfen, was erst in Ansätzen gelingt. Immerhin ist "BP-G" Mineralwasserstadt Nummer 1 in Deutschland (vier Brunnenbetriebe) und hat mit Martin Herrmann einen bescheiden gebliebenen Zwei-Sterne-Koch für die feine Gourmetküche, der dem Genusswandern das I-Tüpfelchen aufsetzt.Wandern im Schwarzwald: Ohne Zertifizierung und Klassifizierung läuft beim Wandern kaum noch etwas. Wanderwege müssen heute, so scheint es, mit dem Prädikat "Premium" oder "Qualität" versehen sein, sagen die, die den Daumen heben oder senken (und damit Geld verdienen). Was der Wanderer davon hat: abwechslungsreiche Wege mit unterschiedlichen Böden und Ausblicken, eine perfekte Ausschilderung oder auch gute Wanderhotels an der Strecke. Der Schwarzwald punktet mit einer glatten "10" durch ein Netz von rund 24.000 Kilometer einheitlich ausgeschilderter Wanderwege, davon 18 Fernwanderrouten. Knapp 20 Wege sind als Premium- und Qualitätswege ausgezeichnet oder machen unter dem Prädikat "Schwarzwälder Genießerpfade" Lust aufs Laufen.