Manchmal produzieren sie bei Stratus erst gar keinen Weißwein. 2001 und 2003 zum Beispiel. "Wir hatten das Gefühl, dass wir nicht die richtige Qualität haben", erklärt Suzanne Janke. Und bei Stratus wollen sie lieber keinen Wein als nicht ganz so guten Wein. Daran setzen sie bei Stratus alles. Denn es gibt einen guten Ruf zu verlieren – den als eines der ambitioniertesten Weingüter Ontarios. Und das ist schon was: Die Provinz im Osten Kanadas mausert sich zu einer ansehnlichen Weingegend.
Kanada bringt hierzulande kaum jemand mit Wein in Verbindung. Kein Wunder: Diesseits des Atlantiks sind kanadische Weine kaum zu kriegen. Denn die Kanadier trinken mehr, als sie produzieren. Also ist das Land nördlich der USA ein Weinimporteur mit wenig Exportambitionen. Stattdessen pflegen die Kanadier ihre eigene Weinkultur – und laden offensiv zu Touren über die Weingüter ein. Als ertragreichstes und vielleicht bestes Weingebiet Kanadas gilt die Niagara-Region im Osten des großen Landes zwischen Toronto und dem Niagara-River. Mehr als 50 Weingüter finden sich in der Region, die dennoch mehr für die Wassermassen der gigantischen Niagarafälle bekannt ist als für feine Tropfen in großen Gläsern. Die Niagara-Region liegt auf den gleichen Breitengraden wie Bordeaux und die US-Weinregion Napa Valley. Das macht die kanadischen Winzer selbstbewusst.
"Unsere Qualität ist exzellent", sagt Suzanne Janke von den Stratus Vineyards nahe dem schönen Ort Niagara-on-the-Lake. Dafür betreibt das kleine Weingut einen großen Aufwand. Per Hand sortieren die Mitarbeiter die Beeren aus. Das ist langsam und arbeitsintensiv, aber sehr effektiv. Aus den besten Beeren kreiert Kellermeister J. L. Groux einen Weißwein und einen Rotwein. "Stratus Red" und "Stratus White" sind die schlichten Namen der edlen Tropfen, die aus 18 verschiedenen Trauben kombiniert werden und gerne mal die 40-Dollar-Marke hinter sich lassen. Derzeit wird der Wein von 2005 verkauft, die Flaschen von 2007 sollen nicht vor 2010 auf den Markt kommen.
Fürstlich speisen und mit Vergnügen Trauben treten
Die Weine und ihre stilvolle Herstellung auf kleinen und großen Weingütern sind ein Pfund, mit dem Ontario gerne wuchert. Fast alle "Wineries" sind ganzjährig geöffnet. Sie bieten Führungen, Vorträge, manchmal Musik und fast immer das passende Essen zum feinen Tropfen an. Durch die Niagara-Region führt eine ausgeschilderte "Wine Route" – die ideale Tour für Kenner und Interessierte.
Sie lernen hier nicht nur Edel-Wineries wie Stratus kennen, sondern auch größere Anlagen wie Hillebrand, ein paar Autominuten von Stratus entfernt. Hier ist alles größer und deutlich auf Besucher ausgerichtet. Sie können fürstlich speisen oder selbst einmal barfuß in Holzbottichen Trauben treten. Hillebrand ist groß und war eins der ersten Weingüter, die in Kanada entstanden.
Das ist noch gar nicht so lange her. Vor etwa 30 Jahren begann der Siegeszug der Trauben im Osten von Kanada. Die Szene ist jung, doch Suzanne Janke von den Stratus Vine-yards erklärt den großen Erfolg: Die kanadische Weinkultur entwickelt sich schnell, weil sie gerne von anderen lernt. So mancher Weinspezialist aus Frankreich hat in der Neuen Welt sein neues Zuhause gefunden und sein Wissen aus dem gefühlten Mutterland guter Tropfen gleich mitgebracht.
Dabei gibt es bei allen Ähnlichkeiten auch deutliche Unterschiede zu den Bedingungen in Europa. Besonders die winterliche Kälte ist eine Herausforderung für die Winzer in Ontario. Bei Stratus drücken riesige Windmaschinen warme Luft nach unten, sobald die Temperatur unter 15 Grad minus fällt. Anderswo erledigen sogar Hubschrauber diesen Job.
Andererseits birgt die Kälte auch eine Chance: die auf Eiswein. Kanada gilt als größter Eisweinproduzent der Welt. Kein Wunder, wenn die Termperaturen in jedem Winter weit unter den Gefrierpunkt fallen. Also lassen fast alle Winzer Trauben an den Pflanzen und pflücken sie erst, wenn sie gefroren sind. Und der süße, delikate Dessertwein gehört in Kanada zu jedem guten Essen dazu.
TIPPS
Anreise: Die Niagara-Region liegt etwa zwei Autostunden von Toronto entfernt. Unter anderen LTU ab Düsseldorf und Air Canada ab Frankfurt fliegen dorthin.
Angebote: Neben dem Wein spielt natürlich das Wasser eine große Rolle in der Niagara-Region – den Niagara-Fällen sei Dank. Für 115 Dollar können Besucher für einen Neun-Minuten-Flug mit dem Hubschrauber abheben und sich einen Überblick über die Niagara-Fälle verschaffen (www.niagarahelicopters.com). Noch näher kommt man den Fällen mit einem Ausflugsschiff der "Maid-of-the-Mist"-Route. Die Passagiere erhalten Plastikumhänge mit Kapuze, dann fährt das Schiff bis in die Gischt am Fuß der Fälle: absolut empfehlenswert – für 14,50 Dollar (www.maidofthemist. com).
Auskunft: Canadian Tourism Commission, Eichenheege 1–5, 63477 Maintal 1, Hotline: 01805 526232 (0,14 Euro/Min.); www.canada.travel.