
Wer von Görlitz nach Dresden fährt oder umgekehrt, der sieht sie schon von weitem: Eine Stadt mit vielen Türmen, scheinbar hoch auf einem Berg gelegen. Bautzen liegt in Teilen hoch über der jungen Spree, in der Altstadt ragen die Türme des Doms St. Petri, weiterer Kirchen und Türme der Stadtbefestigung in die Höhe. Wer das alte Zentrum der knapp 40.000 Einwohner zählenden Kreisstadt besucht, der geht auf Zeitreise.
Und weil der Bummel durch die historische Altstadt hungrig macht, darf es anschließend gern zur Stärkung eine Bratwurst sein – natürlich mit Bautzener Senf. Den Senf gibt es auch in mehreren kleinen Geschäften in der Altstadt. Teils in zig Sorten, so dass die Auswahl schwerfällt. Probieren aber lohnt sich, es muss ja nicht immer nur der scharfe oder mittelscharfe „einfache" Senf sein...

Bautzen schreibt seit rund 1.000 Jahren Geschichte, im Jahr 2002 wurde die urkundliche Ersterwähnung vor 1.000 Jahren gefeiert. Die Stadt ist die historische Hauptstadt der Oberlausitz und sie ist zweisprachig. Bautzen/Budysin gilt als politisches Zentrum der Sorben. Im sorbischen Museum auf der Ortenburg – nur wenige Schritte vom Dom St. Petri entfernt – können sich die Besucher über die Geschichte und Kultur der Sorben informieren. Die sorbische Kultur wird zudem im Deutsch-Sorbischen Volkstheater an der Seminarstraße gepflegt. Die Ortenburg selbst, nach der Eroberung des einst slawischen Landes durch die Deutschen auf einem der höchsten Punkte der heutigen Altstadt errichtet, ist heute Sitz des Oberverwaltungsgerichtes des Freistaates Sachsen. Im Bereich der Burg wird erlebbar, dass Bautzen und das Bautzener Land mehrfach den Landesherren wechselten.

Anfangs war die Stadt kurz unter polnischer Herrschaft, später Reichslehen der böhmischen Herzöge. Mitte des 13. Jahrhunderts kam die Stadt in den Besitz der Askanier und wurde Reichslehen. Um 1320 starb die brandenburgische Linie der Askanier aus und damit kam Bautzen dann wieder an Böhmen. 1346 wurde unter Bautzener Führung der sogenannte Sechsstädtebund gegründet, der in der Oberlausitz eine maßgebliche Rolle spielte. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gehörte Bautzen für kurze Zeit zum Königreich Ungarn – daran erinnert nahe der Ortenburg noch heute am Matthiasturm ein Relief mit Wappen für den ungarischen König Matthias Corvinus. Später kamen dann die Sachsen, dann die Preußen.
Sie alle haben Spuren in der Stadt hinterlassen. Getilgt sind dagegen Spuren, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat. So erscheint Bautzen heute als ein architektonisches Kleinod voller Leben. Mittelalterlich muten manche Gassen an, manche anderen dagegen versetzen den Gast nach Böhmen.
Spektakulär ist der Blick von der Ruine der Nicolaikirche hinab ins Tal der Spree, die hier den Bautzener Burgberg umfließt. Fast könnte der Besucher angesichts des wundervollen Ausblicks meinen, in den Alpen zu sein. Aber nein, er ist in der Oberlausitz. Und deren alte Hauptstadt hat sehr viel Überraschendes zu bieten. Die Ruine von St. Nicolai übrigens ist heute Friedhof, zwischen den geweihten Mauern wird bestattet.
Protestanten und Katholiken kommen in dieser alten Stadt mittlerweile gut miteinander aus. Der Dom St. Petri gehört zu den wenigen (und zu den größten) Kirchen in Deutschland, die sowohl von Protestanten als auch von Katholiken genutzt werden.
Der gotische Bau beeindruckt mit seinen schlanken Säulen und dem hohen Gewölbe. Und er beeindruckt mit einem „Knick" – das Kirchenschiff ist nicht wie sonst üblich gerade gebaut, sondern macht etwa in der Mitte einen leichten Versatz in südöstliche Richtung. Noch so ein Punkt, der Staunen beim Stadtrundgang hervorruft.
Ein Bautzener Wahrzeichen ist die sogenannte Alte Wasserkunst, ein im 16. Jahrhundert errichteter Turm, in den ein Schöpfwerk eingebaut wurde, das die Wasserversorgung der höher gelegenen Stadt aus der Spree sicherstellen sollte.
Das aufgestaute Spreewasser trieb ein Wasserrad an – und das wiederum eine Pumpenanlage. Die förderte Wasser in den Turm und von dort floss das kostbare Nass in die Brunnen und Tröge der Stadt.
Alte Wasserkunst, Michaeliskirche, Dom, Rathausturm – Bautzens Schokoladenseite lässt sich am besten von der Friedensbrücke aus fotografieren. Und wer hier steht, der steht auf historischem Terrain. Durch Bautzen führte schließlich auch die wichtige Via Regia aus dem Fränkischen weiter nach Schlesien und Polen.
Wer Bautzen besucht, sollte aber nicht nur die historische Altstadt erkunden. Untrennbar mit der Stadt verbunden ist Bautzen auch mit Unrechts-Justiz. Das 1904 errichtete Gefängnis, damals das modernste in Sachsen, wurde von den Nazis genutzt, um politische Gegner einzusperren Nach dem Kriegsende richtete die sowjetische Militär-Administration hier ein Speziallager ein. Zuerst wurden Nazis inhaftiert, dann unter unmenschlichen Bedingungen Gegner des Stalinismus. Viele von ihnen starben während der Haft. Nach der Übergabe an die DDR gab es im Gefängnis Bautzen wegen der unmenschlichen Haftbedingungen den einzigen Häftlingsaufstand in der DDR, der von der Volkspolizei brutal niedergeschlagen wurde.
Damals tauchte erstmals die Bezeichnung „Gelbes Elend" für die Haftanstalt auf – wegen der gelben Klinkersteine. Bis zum Ende der DDR wurden hier Menschen aus politischen Gründen eingesperrt. Heute ist im Gebäude der Anstalt Bautzen II, dem früheren Stasi-Gefängnis, eine Gedenkstätte untergebracht. Für die hatten sich ehemalige Häftlinge engagiert. Auch das ist Teil der 1.000-jährigen Stadt.
INFORMATION
Gut zu wissen
Anreise
Bautzen ist über die Autobahn 4 (Dresden-Görlitz) sowie über Bundesstraßen erreichbar. Von Dresden aus ist die Anreise mit der Bahn recht schnell.
Informationen
Infos zu Übernachtungsmöglichkeiten oder Veranstaltungen gibt es auf den Seiten der Stadt unter www.bautzen.de.
Wer in der Stadt ist, kann sich auch direkt bei der Tourist-Information kundig machen. Sie ist direkt im alten Rathaus untergebracht – und hilft auch mit Infos, wenn es um den Bautzner Senf und dessen viele Varianten geht.
Ansehen
Weitere Informationen zur Gedenkstätte Bautzen gibt die Stiftung Sächsischer Gedenkstätten auch im Netz unter www.stsg.de