
Bielefeld. "FIFA" ist tot! Lang lebe "EA Sports FC 24"! Nach drei Jahrzehnten trennten sich die Wege von Publisher Electronic Arts und dem Fußballweltverband. Unter anderem waren EA die Lizenzrechte zu teuer geworden. Trotzdem gibt es natürlich auch in diesem Jahr eine neue Fußball-Simulation. Doch handelt es sich bei "EA FC 24" tatsächlich um einen Neuanfang oder nur um ein weiteres teures Update, mit denen sich Fans der Reihe in den vergangenen Jahren zufriedengeben mussten?
Beim Start von "EA FC 24" fällt direkt das neue designte Menü ins Auge. Hier verzichten die Macher auf die Kacheloptik der Vergangenheit und setzten stattdessen auf Minimalismus. Der Spieler findet sich schnell zurecht und hat sofort Zugriff auf die jeweiligen Modi. Die setzen sich aus dem klassischen Anstoß-Modus, der Spieler- und Trainer-Karriere, dem Dauerbrenner Ultimate Team sowie Volta und Clubs zusammen.
Technisch basiert das Spiel in diesem Jahr auf dem "magischen Dreieck" aus "Frostbite", "Play Styles" und "Hypermotion V". Der Reihe nach: Mithilfe von "Hypermotion V" hat EA die Spielerbewegungen in 180 Live-Partien durch 3D-Kameras erfasst und aus den Daten Animationen für sein Spiel kreiert. In Kombination mit der überarbeiteten Frostbite-Engine sieht das ziemlich gut aus. Die Bewegungen wirken im neuesten Ableger noch ein bisschen realistischer. Auf dem Platz sieht "EA FC 24" auch sonst gut aus. Die Präsentation samt vollem Lizenzpaket lassen den Spieler tief in den virtuellen Fußball eintauchen. Auch das Publikum wirkt in diesem Jahr noch einmal lebendiger. Gut fügen sich auch die statistischen Einblendungen während der Begegnungen ein. Daten zum Spiel werden in transparenten Grafiken direkt auf dem Feld eingeblendet.
Positive Anpassungen beim Gameplay
Für seine neuen "Play Styles" hat sich EA mit dem Datenunternehmen Opta zusammengetan. Die aus den Daten resultierenden 34 Spezialfähigkeiten wie etwa der "Powerkopfball", "entscheidender Pass" und "Flair" sollen den Realismus und die Individualität jedes einzelnen Profis noch weiter steigern. Für Weltklassespieler à la Kylian Mbappé und Erling Haaland gibt es mit den "Play Styles+" sogar noch ein Upgrade. Bei den Skills fehlt es allerdings an Balance. Der "Powerkopfball" scheint für einen Torwart praktisch nicht haltbar. Dagegen haben andere "Play Styles" kaum Auswirkungen auf das Spiel.
Das Gameplay fühlt sich in diesem Jahr spürbar langsamer an. Hier hat EA an den richtigen Stellschrauben gedreht und einen guten Schritt in Richtung Realismus gemacht. Man merkt, dass die Spieler auf dem virtuellen Rasen den Ball erst annehmen und verarbeiten müssen, ehe sie weiterlaufen können. Auch das Passspiel ist herausfordernder. Das Zuspiel zum Mitspieler will gut durchdacht und präzise ausgeführt sein, soll der Ball nicht beim Gegner landen oder auf halber Strecke verhungern.

Das verringerte Spieltempo erschwert es zudem, mit einem schnellen Spieler einfach durch die Abwehr zu brechen. Hier muss der Spieler nun nach anderen Lösungen suchen. Geschraubt wurde auch an den Dribblings. In diesem Jahr haben Eins-gegen-Eins Duelle mit dem richtigen Ballartisten eine deutlich höhere Erfolgschance als noch beim Vorgänger. Gleiches gilt für Standardsituationen. Hier hat sich an der Mechanik zwar nicht viel geändert, doch die Quote erfolgreicher Ecken und Freistöße hat sich erhöht. Grundsätzlich sind Flanken in diesem Jahr einfacher zu verwerten.
Am Defensivspiel hat sich – abgesehen von überarbeiteten Elfmetern – dagegen kaum etwas verändert. Positiv fällt jedoch auf, dass der Spielerwechsel deutlich reibungsloser funktioniert. Dass ein missglückter Wechsel zu eklatanten Abwehrlücken führte, die dem gegnerischen Angriff Tür und Tor öffneten, gehört glücklicherweise der Vergangenheit an. Ein unverändertes Frustpotenzial bieten dagegen die Torhüter. Auch in "EA FC 24" schwanken die Leistungen der Keeper zwischen Welt- und Kreisklasse. Grundsätzlich fällt es in diesem Jahr auch auf den höheren Schwierigkeitsgraden deutlich leichter, zum Torerfolg zu kommen.
Veränderungen im Manager-Modus marginal
Bei den Spielmodi gilt es, gleich zwei Enttäuschungen zu verkraften. "Volta" wird von Jahr zu Jahr schlechter und hat mit der Grundidee, einen Modus à la "FIFA Street" in das Spiel zu integrieren, wenig bis gar nichts mehr zu tun. Der Offline-Modus – zwei weitere können online gespielt werden – ist zu einem reinen Minispiel verkommen. Auch vom Clubs Modus gibt es wenig Positives zu berichten. Der ist exakt so aufgebaut wie im vergangenen Jahr.

Große Veränderungen hatte EA dafür im Vorfeld für den Manager-Modus versprochen. Und tatsächlich hat sich etwas getan. Zu Beginn der Karriere kann der Spieler eine taktische Grundausrichtung wählen. Hier fällt die Entscheidung unter anderem zwischen Tiki-Taka, Flügelspiel, Konterfußball, Bus parken und Kick-and-Rush. Je nach gewählter Taktik werden im nächsten Schritt die passenden Co-Trainer verpflichtet und auf die einzelnen Mannschaftsteile verteilt. Sowohl Trainer als auch Spieler entwickeln sich dann im Laufe der Saison.
Ansonsten bleibt vieles beim Alten. Die monotonen Einspieler bei Interviews und Verhandlungen sind auch in diesem Jahr unfassbar nervig. Eine schöne Anpassung ist dagegen, dass sich die Taktik des Gegners vor dem Aufeinandertreffen einsehen lässt und man seine Mannschaft entsprechend einstellen kann. Ansonsten verpasst es EA erneut, Manager-Liebhabern eine echte Herausforderung zu bieten. Dass trotz sieben Ligen erneut kein Frauenteam gewählt werden kann, ist ebenfalls eine vertane Chance. Mit Blick auf die Profikarriere, bei der ein eigener Spieler erstellt wird, kann man es kurz halten: Auch hier hat sich nicht viel getan.
Ultimate Team bleibt die Cashcow von EA
Das Hauptaugenmerk haben die Entwickler bei "EA FC 24" auf den Ultimate Team Modus gelegt. Kein Wunder, ist er doch die Gelddruckmaschine des Spiels. Das Grundprinzip hat sich dabei auch in diesem Jahr nicht verändert. Der Spieler muss sein Traumteam mit Stars aus der Gegenwart und Helden der Vergangenheit zusammenbauen, um damit offline und vorzugsweise online gegen andere Mannschaften anzutreten. Die Spielerkarten ergattert man entweder, wenn Aufgaben gelöst werden oder aber, wenn man seine reale Kohle in sogenannte "FC Points" investiert. Mit dieser In-Game-Währung lassen sich nach dem Lootbox-Prinzip auf gut Glück Pakete ("Packs") mit Fußballerkarten erwerben. Ein problematisches Prinzip, bei dem nicht zuletzt junge Spieler viel Geld in ihr Traumteam pumpen, um in der virtuellen Welt erfolgreich zu sein. Darauf hat nun auch die USK reagiert und das Spiel erstmalig in der Geschichte mit einer Altersfreigabe von zwölf Jahren versehen.

Angepasst wurde der Modus mit dem Evolutions-Feature. Schwächere Spieler-Karten können durch das Erfüllen von Aufgaben oder mit "FC Points" aufgelevelt werden. Die wohl aufgeregtesten Debatten gab es im Vorfeld der Veröffentlichung wegen der Integration des Frauenfußballs in Ultimate Team. Letztlich ist es schlicht zeitgemäß, dass im beliebtesten Modus auch die Kickerinnen ihren Platz finden.
Unter dem Strich ist "EA FC 24" bei weitem keine Revolution. Die Entwickler machen da weiter, wo sie mit "FIFA 23" aufgehört haben. Warum auch nicht? Zumal man nach dem Niedergang der "PES"-Reihe, die jetzt unter dem Namen "efootball" verbreitet wird, nahezu konkurrenzlos ist. Immerhin am Gameplay wurde ein wenig geschraubt, was das Spiel realistischer wirken lässt. Punkten kann das Spiel zudem wie jedes Jahr mit seinem umfangreichen Lizenzpaket. Die Änderungen an den Spielmodi bleiben entweder ganz aus oder sind nur marginal. So ist "EA FC 24" immer noch ein gutes Fußballspiel, mehr als ein Update des Vorgängers mit neuem Etikett aber auch nicht.
"EA Sports FC 24" ist erhältlich für PlayStation 5, Xbox Series X|S, PC, PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch, kostet je nach Version zwischen 60 und 80 Euro und ist freigegeben ab 12 Jahren.