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FIFA 22 im Test: Sinnvolle Änderungen beim Gameplay, zu starke Torhüter

Seit etlichen Jahren gehört die FIFA-Reihe zu den beliebtesten Konsolen-Games. Für wie viel Freude und wie viel Frust sorgt FIFA 22? Wir haben es ausprobiert.

Mit seiner Geschwindigkeit ist Kylian Mbappe natürlich wieder einer der beliebtesten Spieler bei FIFA 22. | © EA Sports

07.10.2021 | 07.10.2021, 17:54

Bielefeld. Gerade noch rechtzeitig vor dem Release von "FIFA 22" haben unsere beiden Sportredakteure auf die neueste Konsolengeneration aufgerüstet. Ein neues Spielerlebnis, so ist das Versprechen von Hersteller EA Sports, der den insgesamt 37. Fußball-Ableger der FIFA-Reihe am 1. Oktober in die Läden und digitalen Stores gebracht hat. Kann die seit jeher geliebte wie verdammte Sportsimulation in diesem Jahr für eine positive Überraschung sorgen? nw.de hat das Spiel getestet.

Meist gleicht es einer Momentaufnahme, die Spielmechanik von FIFA zu bewerten. Im Regelfall verändert sich das Game durch mehrere, im Jahresverlauf erscheinende Patches zwar nie grundlegend, aber doch in entscheidenden Feinheiten. Wer wie der Autor pandemiebedingt intensiv die Lebenskurve des Vorgängers FIFA 21 verfolgte, sah dort durchaus Verschlimmbesserungen: So verschwanden zwar kuriose Volley-Lupfertore aus großer Distanz schnell, kaum zu verteidigende Tricks wie die "Bridge" - ein abruptes Tempodribbling - sowie der "Elastico", der Gegner in die falsche Richtung schickt, blieben aber unverändert stark. Und beliebt.

Mehr Fokus auf das Passspiel

So wurden die Online-Modi zum Eldorado für Trickser, die ihre Kabinettstückchen teils wild aneinanderreihten. Und manch klassischen Spieler damit vergraulten: Mit sauberen Spielzügen und halbwegs realitätsnahem Fußball hatte das nicht mehr viel zu tun. FIFA 22 macht hier große Schritte in die richtige Richtung, das Spiel kommt angenehm unkontrollierbar daher. Nicht alleine das Drehen am Skillstick, sondern allen voran Pässe sind - neben dem seit Jahren unabdingbaren Tempowert - nun die neue "Meta", also die stärkste Waffe. Gerade hohe Bälle in den Lauf, aber auch Seitenverlagerungen gelingen mit erstaunlicher Schärfe und Genauigkeit. Auch Flanken sind wieder zu einer wahren Waffe geworden, was vorher eher selten der Fall war. Bei FIFA 21 noch waren flache, halbhohe oder auch normale Hereingaben quasi nutzlos, nun aber total gefährlich.

Notwendig ist das wohl bei den Torhüterleistungen: Die sind zwar (zum Glück) stärker als im Vorjahr. Vielleicht aber hat es der Hersteller zu gut gemeint mit seinen Keepern, die wie mit Sprungfedern verstärkt nach Bällen aus kurzer Distanz hechten. Gerade im Spielmodus Squad Battles parieren die Torhüter nahezu jeden Schuss aus kürzester Distanz. Wirken dafür aber bei Fernschüssen tapsig und unsicher. Insgesamt aber legt FIFA 22 im Punkt Realismus auf dem Spielfeld klar zu: Es passiert manch Unvorhersehbares, das Verteidigen ist anspruchsvoller geworden, Taktik und Strategie wirken sich stärker aus.

Einen eigenen Klub gründen im Karrieremodus

Kurzum: Das Spiel bereitet Spaß, und das auch im Karrieremodus gegen die CPU. Denn auch die lässt sich mehr einfallen als früher - und macht selbst auf starkem Level mal einen Fehler, der ein verlorengeglaubtes Spiel in ein Remis biegt. Dass der Modus weiterhin schnell durchschaubar ist und keine großen Fähigkeiten benötigt werden, um junge Talente zu finden und diese zu Weltstars zu machen, ändert sich allerdings nicht: Wer dieses Spielerlebnis sucht, ist bei einem klassischen Fußballmanager besser aufgehoben. Immerhin gibt es nun auch in FIFA die Möglichkeit, einen eigenen Klub für die Karriere zu gründen. Warum nicht einmal den VfL Schildesche in die Champions League führen?

Das Spiel mit dem eigenen Verein ist auch Herzstück des "FIFA Ultimate Team"-Modus, des umstrittenen Goldesels diverser EA-Sports-Simulationen. Das Prinzip "Pay-to-win" gibt es nach wie vor, denn wer sich schnell die stärksten Spieler sichern will, kommt um das Kaufen kostenpflichtiger "FIFA-Points" kaum herum. Immerhin einmal pro Tag dürfen Spieler nun ein kostenfreies Vorschaupaket öffnen und können dann entscheiden, ob sie die enthaltenen Spieler und Items kaufen wollen.

Überarbeitet wurden auch die wichtigsten Ligen von Ultimate Team, "FUT Champions" und "Division Rivals". Das Credo dahinter: Ähnlich starke Spieler sollen öfter aufeinandertreffen, die wenigen Profi-Zocker nicht ständig auf die zahlreichen Casual Player losgelassen werden. Zumindest zu Beginn klappt das nicht: Selbst in der untersten der zehn Rivals-Ligen treffen wir auf Weltklasse-Gegner, die Aufstiege sind langsam, die Belohnungen kleiner als im Vorjahr. Gut möglich, dass dieser Modus, in dem sich auch fast alle E-Sportler Woche für Woche messen, für Durchschnittsspieler diesmal weniger lange fesselt.

Etwas mehr Abwechslung wünschenswert

Ohne Fehler und Tücken ist das Spiel in seinen ersten Tagen noch nicht. Mal verdeckt ein Bundesliga-Logo die Spielzeit, mal wird mitten in der ersten Arminia-Saison - die Heimspiele finden erstmals in der nahezu originalgetreu nachgebauten Schüco-Arena statt - beim Auswärtsspiel bei Union Berlin plötzlich Hoffenheim als Gegner eingeblendet. Das Kommentatorenduo Frank Buschmann und Wolff-Christoph Fuß muss man mögen, um es auch in diesem Jahr ertragen zu können. Immerhin: Verstärkt werden sie durch Esther Sedlaczek, die an Spieltagen die Tore der Konkurrenz durchgibt. Schnell ermüdet aber, dass offenbar fast alle Treffer auf anderen Plätzen durch abgefälschte Bälle oder schlimme Torwartpatzer entstehen, die Ansagen kommen einmal mehr wie vom Fließband. Hätte es da nicht etwas mehr Abwechslung sein können?