
Parkland. Seit dem schrecklichen Attentat eines 19-jährigen Schülers an einer Highschool in Parkland mit 17 Toten zieht eine riesige Protestwelle durch die USA. Ausgelöst ausgerechnet von Teenagern: Die Überlebenden des Attentats, darunter die 18-jährige Emma González und der 17-jährige Schüler David Hogg, fesseln mit ihren Reden Millionen und nehmen die Waffenlobby in den USA hart in die Mangel.

Doch je größer die Proteste für schärfere Waffengesetze und je entschlossener die Aktivisten, desto härter wird der Ton bei ihren Gegnern. Schon kurz nach dem Attentat Ende Februar machten die ersten Verschwörungstheorien die Runde. Minderjährige, die wenige Stunden zuvor noch viele Mitschüler verloren hatten, wurden in den sozialen Netzwerken verunglimpft und als Lügner dargestellt.
Initiiert werden die Verschwörungstheorien und Hass-Postings wohl gleich von mehreren Seiten: Da wäre zum einen die Waffenlobby, die mit allen Mitteln versucht, die Schüler mundtot zu machen. Zum anderen Trump-nahe Politiker und Medien, die sich gehässig über die Teenager lustig machen. Auch wird vermutet, dass Putins Trollfabriken mit dem Parkland-Massaker ein neues Thema entdeckt haben, mit dessen Hilfe sich die Amerikaner hervorragend entzweien lassen.
Die Aktivisten selbst reagieren auf die Unterstellungen und Hass-Posts erstaunlich lässig. Und ein aktueller Fall zeigt: Sie haben auch allen Grund dazu. Denn sie sind Teenager - und sie verstehen die Mechanismen der sozialen Netzwerke deutlich besser als ihre Gegner.
Ein Tweet genügt: Moderatorin verliert Werbe-Deals
Die konservative Talkshow-Moderatorin Laura Ingraham hielt es für eine gute Idee, sich über den Parkland-Überlebenden David Hogg lustig zumachen. Der Aktivist hatte zuvor in einem Interview gesagt, dass vier Colleges ihm die Aufnahme verweigert hätten. Ingraham schrieb daraufhin einen bitterbösen Tweet und unterstellte Hogg darin "Jammerei".
Die Moderatorin ist beim amerikanischen Nachrichtenkanal Fox News angestellt, der als sehr Trump-nah gilt. Der Sender hatte den heutigen US-Präsidenten auch offensichtlich im Wahlkampf unterstützt und gilt als Sprachrohr der Konservativen.
Doch Laura Ingraham hatte die Rechnung ohne David Hogg gemacht - und ihr Spruch stellte sich später als großer Fehler heraus. Nur ein Tweet von David Hogg (inzwischen 600.000 Follower) genügte, um der Moderatorin ungemütliche Tage zu bereiten: Hogg listete alle 12 Firmen auf, die während der Sendung der Moderatorin TV-Werbungen schalten - und rief seine Follower zum Boykott der Unternehmen auf.
Der Tweet zeigte umgehend Wirkung: Eine Firma nach der anderen zog ihre Spots zurück, darunter TripAdvisor, Wayfair und Hulu.
"Wir werden länger leben als ihr"
Ingraham entschuldigte sich später auf Twitter für ihre Aussage - David Hogg ließ das kalt: Er nehme ihre Entschuldigung nicht an, sagte er in einem Interview mit CNN. Sie habe sich schließlich nur deshalb entschuldigt, weil nun ihre Sponsoren abspringen.
Attacken gegen die Teenager sind nach dem Parkland-Attentat nichts Neues. Sie kommen vor allem aus dem konservativen Lager oder von rechten Verschwörungstheoretikern. Zuletzt hatte sich etwa Steve King, republikanischer Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus, auf seiner offiziellen Facebook-Kampagnenseite über Emma González lustig gemacht. Für Aufsehen sorgte auch der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat Rick Santorum. Statt zu demonstrieren, sollten die Schüler lieber Erste-Hilfe-Kurse belegen, sagte der 55-Jährige in einer CNN-Sendung.
Gegner in den USA empfinden den Aktivismus von David Hogg und seinen Mitstreitern als politisch motiviert und inszeniert. Hogg selbst hatte in mehreren Interviews und auf Twitter dazu Stellung bezogen: Waffengewalt in den USA sei kein politisches Thema, sondern ein amerikanisches. Das Hick-Hack zwischen Demokraten und Republikanern sei ihm egal.
Über die Verschwörungstheorien im Netz hatte sich Hogg zuletzt äußerst entspannt geäußert: "Das ist großartig. Das ist großartige Werbung, ernsthaft." Die Menschen leisteten tolle Arbeit darin, zu zeigen, wie abstoßend sie seien. Hogg fühle mit diesen Leuten, die ihn nicht als Opfer, sondern als Schauspieler darstellen, denn sie hätten den Glauben an Amerika verloren. "Aber wir haben das nicht. Und das ist okay. Denn wir werden länger leben als sie."