
"Monster Hunter World" ist ein Spiel, dessen Titel so beliebig erscheint, dass der auch "Role Playing World" lauten könnte. Wem dieses Spiel gefällt? Das kann ich nur im Konjunktiv beschreiben - meinem persönlichen Spielstil entspricht es nämlich überhaupt nicht. Aber von vorn.
Woran der Titel keinen Zweifel lässt: Was wir im Spiel tun. Die Jagd auf immer buntere, gefährlichere und vor allem größere Monster in der "Neuen Welt" machen einen Großteil der Spielzeit, aber auch der Faszination von "Monster Hunter" aus. Denn die Viecher, vor allem die großen, verlangen ein deutlich anderes Jagen als in den meisten Rollenspielen, wo mächtige Helden ihre Gegner oft einfach totklicken können.
"Monster Hunter" zwingt uns zur Vorbereitung - und zur Geduld. Schon die ersten größeren Gegner verlangen, dass wir unser breites Waffenarsenal von lahmen Großschwertern bis zu flinken Bögen genauso gut kennen, wie die Stärken und Schwächen unserer Beute. Mit einfach totklicken ist hier nämlich nix.
Kämpfen, craften, wieder kämpfen

Stattdessen müssen wir Fallen stellen und unsere Umgebung nutzen, also betäubende Pflanzen schütteln oder kleine Tümpel mit Blitzfallen bewehren. Und dennoch kann die Jagd schon in den ersten Gebieten locker mal eine halbe Stunde dauern. Einen Lebensbalken der Monster zeigt das Spiel nämlich nicht. Das muss man als Spieler wissen - und mögen.
Nebenbei sammeln wir alles, was uns Flora und Fauna der sich im Spielverlauf öffnenden und abwechslungsreicher werdenden Spielwelt so anbieten - und das ist eine Menge. Ständig finden wir sowie bis zu drei Online-Mitstreiter neue Zutaten, die wertvollsten Ressourcen liefern allerdings erlegte Monster. Womit wir beim zweiten großen (potenziellen) Spaßfaktor wären: dem Crafting.
Mit allem, was wir finden, können wir in unserer Basis (die übrigens einer der Augenöffner des Spiels ist) nach und nach unsere Waffen verbessern oder neue schmieden, unseren Begleiter, den katzenartigen Palico, aufwerten, Essen für temporäre Boni kochen, stärkere Tränke brauen, haufenweise unterschiedliche Munition für Fernwaffen basteln - und so nach und nach immer mächtiger werden. Das motiviert. Zumindest alle, die Lust haben, ständig dieselben Monster in denselben Gebieten zu bekämpfen.
Spaß hat nur, wer Zeit mitbringt

Denn als Tester muss ich feststellen: Ich gehöre ganz offensichtlich nicht dazu. Zu sehr erinnert mich die Spielmechanik an das sich wiederholende Prinzip so vieler ungeliebter Mobile Games. Zu wenig packt mich die Geschichte um die sogenannten Drachenältesten, deren mysteriöse Migration in die "Neue Welt" der Grund für die Expedition meiner Spielfigur ist.
Das soll mitnichten bedeuten, dass man mit "Monster Hunter World" keinen Spaß haben kann. Denn es nimmt sich gerade für Anfänger Zeit, sämtliche Monster mit eigenen Quests einzuführen. Sogar bei jedem (!) neuen Item, das wir aufsammeln, wird uns per Einblendung erklärt, wofür es gut ist.
Das muss man den Entwicklern hoch anrechnen. Die Lernkurve ist absolut zu bewältigen, man muss sich aber dafür Zeit nehmen - und nicht zu früh zu viel wollen. Denn auch das kann frustrieren.
Der vorherrschende Eindruck: Überforderung
Ein Beispiel: Zu Beginn des Spiels ärgerten wir uns, dass wir aus unserer Basis immer nur für eine Quest in die Wildnis aufbrechen durften - und nach deren Abschluss umgehend zurückteleportiert wurden, ohne die wichtigen Ressourcen der besiegten Gegner einsammeln zu können. Bis das Spiel wenig später den Expeditionsmodus freischaltete, in dem wir machen können, was wir wollen. Zu früh geärgert.
Dennoch muss ich persönlich sagen: Das Spiel nervt mich häufiger, als es mir wirklich Spaß macht. Die langen Kämpfe ermüden mich stärker, als die Siege süß schmecken. Das mangelnde Feedback in Kämpfen, die schiere Flut an Möglichkeiten, die mich oft ratlos zurücklässt, welche Waffe, welche Strategie der richtige nächste Schritt ist. Mir fehlt ein wenig das übergeordnete Ziel, die Spielmechanik ist oft reiner Selbstzweck: Besser werden, um besser zu werden.
Ach ja: Und die Story, die durchaus cool inszeniert beginnt, verkommt mit zunehmender Spieldauer vom Gerüst des Spiels zum Rahmen. Denn was müssen wir am Ende eines Spiels, das Monster Hunter heißt, wohl mit dem anfangs erwähnten Drachenältesten machen? Richtig, ihn jagen. Überraschend geht anders.
Fazit
Als Spieler muss man sehr genau wissen, was "Monster Hunter" bietet. Eine offene Spielwelt, mit schier endlosen Möglichkeiten, den eigenen Helden zu verbessern und die brandgefährlichen Monster zu bekämpfen. Man muss diese Möglichkeiten aber sehr bewusst nutzen, sonst werden die Kämpfe zur langwierigen Fleißarbeit, die irgendwann keinen Spaß mehr macht.
Wer aber auf eine ausgeklügelte Story pfeift und sich zwischen Pflanzen pflücken, Monsterspuren suchen und den anspruchsvollen Kämpfen mit dem richtig gut animierten Gekröse der abwechslungsreich designten "Neuen Welt" verlieren kann, für den ist Monster Hunter World ein Fest, das problemlos bis zu 100 Stunden fesseln kann.
Monster Hunter World ist erhältlich für Playstation 4 und Xbox One, ab Herbst auch für PC.