Sieh an!

In diesen Küchen geht's rund

In der Kolumne "Sieh an!" blicken wechselnde Autoren auf die Streaming-Welt – und liefern Anregungen für den nächsten Abend ohne Plan, was man einschalten soll.

Ralph Fiennes (Mitte) als Chef Slowik in einer Szene des Films "The Menu". | © (c) 20th Century Studios

Anke Groenewold
07.05.2023 | 07.05.2023, 15:00

Nein, es soll hier nicht um Kochshows gehen. Vielmehr um einen Film und eine Serie, die beide in Küchen spielen. Die allerdings könnten unterschiedlicher nicht sein. Beide Beispiele zeigen jedoch hart schuftende Küchenteams. Wer mit ihnen gefiebert hat, wird das Restaurant oder den Imbiss um die Ecke vielleicht mit anderen Augen sehen.

In "The Bear: King of the Kitchen" (Disney+) tritt der junge Koch Carmen "Carmy " Berzatto in Chicago das Erbe seines gestorbenen Bruders an und übernimmt dessen Sandwich-Bude. Klingt nach Karriereknick, hatte Carmy doch zuvor in einem Edel-Restaurant in New York gezaubert. Er ist entschlossen, den runtergerockten Laden wieder auf Vordermann zu bringen und das Sandwich auf ein neues Niveau zu heben. Klingt nicht originell. Aber wer jetzt wegzappt, verpasst eine der tollsten Serien seit langem.

"The Bear" ist hektisch, ruppig, laut und dynamisch. Es brodelt nicht nur in Töpfen, hier kochen auch die Emotionen hoch. Der Koch und sein eigenwilliges Team brüllen, streiten, ackern. Wie virtuos die Kamera durch die enge Küche flitzt, grenzt an einer Wunder. Und als Zuschauer ist man mittendrin.

Das hinreißende Ensemble besteht aus exzellenten, unbekannten Darstellern. Alle reiben sich an Chef Carmy, den Jeremy Allen White mit müdem Blick und nervöser Energie spielt. Nach acht Folgen ist gefühlt viel zu schnell Schluss. Staffel zwei soll im Juni erscheinen.

Von der Sandwichbude zum Gourmettempel in "The Menu": Zwölf reiche und vermeintlich wichtige Menschen kommen im "The Hawthorne" in den Genuss der erlesenen Kreationen des Star-Kochs Slowik (Ralph Fiennes). Slowiks Team bereitet es in einem bunkerartigen Raum vor den Augen der Gäste zu.

Von Gang zu Gang wird es monströser, das Servierte abstruser und persönlicher. Nur Margot (Anya Taylor-Joy), die weder reich, wichtig noch berühmt ist und eher zufällig auf der Insel gelandet ist, erstarrt nicht in Ehrfurcht. Sie blickt mit zunehmend entsetztem Blick auf die militärisch choreografierte Inszenierung des Koch-Diktators.

Unerbittlich steuert die schwarzhumorige Satire auf ihr böses Ende zu. Sonderlich tiefschürfend ist der Film des britischen Regisseurs Mark Mylod nicht. Aber er ist ein makabres Horror-Erlebnis: perfekt in Szene gesetzt und auf den Punkt. Die Schauspieler sind erste Sahne - von Fiennes und Taylor-Joy, die sich ein spannungsgeladenes Duell liefern, bis hin zu Janet McTeer als Restaurantkritikerin und Hong Chau als gnadenlose Maître d' Elsa.

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