Kommentar

Warum wir "Germanys Next Topmodel" gerade jetzt brauchen

Ab dem 3. Februar sucht Heidi Klum wieder eine Gewinnerin ihres Formats. Unsere Autorin findet, dass es in der Pandemie genau so etwas zum Festhalten braucht.

Heidi Klum im Jahr 2020 in Los Angeles. | © VALERIE MACON / AFP

Jemima Wittig
20.01.2022 | 20.01.2022, 19:48

Heidis Mädchen laufen wieder. Ab dem 3. Februar sucht Modelmama Heidi Klum bis Ende Mai an jedem Donnerstag ab 20.15 Uhr bei Pro7 zum 17. Mal "Germany's Next Topmodel". Endlich. Und das ist ganz unironisch gemeint. Mit der 18-jährigen Sophie kommt sogar wieder eine Teilnehmerin aus Ostwestfalen-Lippe.

Ja, das Format ist ausgelutscht - trotz der viel gepriesenen Diversität. Ja, es ist ein oberflächliches Business, auch wenn im vergangenen Jahr mit Alex zum ersten Mal eine Transfrau gewonnen hat und die Zweitplatzierte Dasha als Curvymodel bezeichet wird. Ja, bis dahin unbekannte Menschen werden der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen, ohne dass sie am Ende wirklich erfolgreich werden. Man könnte noch viel mehr Kritikpunkte finden.

Aber: Zum einen wird keiner gezwungen, an dem Format teilzunehmen oder es zu gucken, und zum anderen sind ausgelutschte Formate derzeit in. Immerhin kramt nun auch das ZDF nicht nur die eigentlich längst abgesetzte Show "Wetten dass,...?" aus der Mottenkiste, sondern noch dazu den inzwischen 71-jährigen Moderator Thomas Gottschalk. Und warum?

Vielleicht weil man gerade jetzt in der Pandemie einen Halt braucht. Ein Rückbesinnen auf Abende im Schlafanzug mit den Eltern auf dem Sofa oder eben bei den Anfängen von "Germany's Next Topmodel" mit den besten Freundinnen. Es sind Formate ohne große Überraschungen. Es wird Zickenkriege geben, es wird Ausstiegsdrohungen in der Folge mit dem Nacktshooting geben und es wird viele Tränen beim Umsytling geben. Und anders soll es auch nicht sein. Es soll ein gemütlicher Abend mit Freunden werden - denn das ist zumindest auf digitalem Weg auch in der aktuellen Zeit möglich. Ein fester Termin, der unabhängig von der echten Welt da draußen stattfindet und bei dem man das Gehirn ausschalten kann. Der Menschen verbindet, wie früher auf dem Schulhof, wenn am Freitag die komplette Sendung durchgesprochen wurde. Heute geht das übrigens ganz wunderbar live bei Twitter.

Denn in der aktuellen Zeit brauchen wir einen Halt. Das kann "Germany's Next Topmodel" sein, "Wetten dass, ..?.", ein Abo für einen Streaminganbieter für Sportveranstaltungen oder auch ein digitaler Buchklub. Hauptsache, es bietet eine Regelmäßigkeit, eine Alltagsflucht und verbindet einen mit anderen Menschen. Und sei es nur, um sich über die Existenz des Formats zu beschweren.