TV&Film

Polizeiruf aus Rostock: Lohnt sich heute das Einschalten?

Der Fall "Einer für alle und alle für Rostock" spielt im knallharten Ultra-Milieu

Knallharter Fall: Die Kriminalkommissare Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Sascha Bukow (Charly Hübner) ermitteln in der Ultra-Szene - auch wenn diese hübsche Vorgartenszene nach was anderem aussieht. | © NDR/Christine Schroeder

Anneke Quasdorf
28.05.2017 | 28.05.2017, 20:34

Rostock. Der vergangene Polizeiruf aus Rostock hatte es in sich: Kriminalkommissarin Katrin König wurde beinahe von Sexualstraftäter Kukulies vergewaltigt. Und Kriminalkommissar Sascha Bukow machte seiner Kollegin beinahe eine Liebeserklärung. Vor diesem Hintergrund ist die Frage "Einschalten oder nicht" irrelevant, weil sowieso alle wissen wollen, wie es weitergeht.

Die Frage ist vielmehr: Schafft es dieser Polizeiruf, seine emotional schwer angeschlagenen Protagonisten überzeugend in einem Fall zu verankern, der in der brutalen und knallharten Rostocker Ultraszene spielt?

Die Story

Neues Leben: Die Ex-Ultra Doreen (Lana Cooper) und ihr Sohn haben sich mit Patrick Timmermann (Frederic Linkemann) eine neue Existenz aufgebaut. - © NDR/Christine Schroeder
Neues Leben: Die Ex-Ultra Doreen (Lana Cooper) und ihr Sohn haben sich mit Patrick Timmermann (Frederic Linkemann) eine neue Existenz aufgebaut. | © NDR/Christine Schroeder

Olaf Potensen, Mitglied der Rostocker Ultra-Gruppierung "Red Rostocks" wird von einem Unbekannten vor einen Lkw gestoßen. Schnell ist klar: Potensen ist der Polizei kein Unbekannter, hat er doch ausgesagt gegen seinen Kompagnon Stefan Momke und ihn beschuldigt, bei einem Fußballspiel einen Polizisten schwerst verletzt zu haben. Momke war deshalb jahrelang in Haft und ist just eine Woche vor dem Mord entlassen worden. Bukow und König sorgen sich nun um die zweite Zeugin, die gegen Momke ausgesagt hat: Seine Ex Doreen Timmermann, die mittlerweile aus der Szene ausgestiegen ist und mit Mann und Sohn ein bürgerliches Leben führt. Warum es am Ende einen zweiten Toten gibt und wer wirklich hinter allem steckt, ist gut geschrieben und spannend in Szene gesetzt.

Die Szene

Wer diesen Polizeiruf guckt, muss Brutalität aushalten können, das bringt schon das Milieu mit sich, in dem er spielt. Testosteron hat hier die Hauptrolle, zeigt gleich die erste Szene, als bei einer Schlacht zweier Ultra-Gruppen das Blut spritzt. Diese abstoßende, sinnlose Gewalt, die sich nicht nur durch Schläge, sondern auch durch Schlachtgebrüll, kahle Schädel und eine extrem harte Sprache manifestiert, wabert durch alle Szenen. Es ist die typische Rostock-Qualität, die dafür sorgt, dass es trotz aller Zuspitzungen immer authentisch bleibt.

Das Team

Sie haben es nicht leicht, die Kollegen Bukow und König. Sowieso schon nicht und in dieser Folge ganz besonders nicht. Katrin König kommt sechs Wochen nach dem brutalen Überfall auf sie zurück in den Dienst und ist noch längst nicht durch mit der Sache. Nun muss sie einen Bericht über die Angelegenheit schreiben. Das Problem: Schreibt sie die Wahrheit - die da wäre, dass sie Kukulies über das Maß hinaus zusammengeschlagen hat, als dass es noch als Notwehr durchginge - droht ihr ein Verfahren. Bukow, ohnehin immer noch nicht über den Zerfall seiner Familie hinweg, hat sich in Königs Abwesenheit etwas gehen lassen, was nicht nur die Tiefe seiner Tränensäcke zeigt, sondern auch die Stärke seiner Fahne. Und dann ist da ja noch die beinahe geäußerte Liebeserklärung von Bukow an König. Die steht etwas zwischen den beiden, die es mit Emotionen jetzt ja eh nicht so haben. Sagen wir mal so: Es könnte entspannter sein. Das macht es aber sehr spannend - auch in dieser Folge.

Fazit

Wie gesagt: Gucken wird sowieso jeder, der das Rostocker Team kennt. Aber auch ohne Vorschußlorbeer-Spannung ist dieser Polizeiruf einfach gut. Dicht. Spannend. Authentisch. Und auf eine seltsame Weise passt es ganz besonders gut, dass Bukow und König das zarte Pflänzchen ihrer Zuneigung ausgerechnet zwischen pöbelnden Hooligans päppeln müssen. Also: Wer nicht guckt - ist selber schuld.