Präventions-Tipps

Zeichen, Codes, Hilfe – Strategien bei Gewalt gegen Frauen

Stärkt das Selbstbewusstsein: Kampfsport und Verteidigungskurse fördern sicheres Auftreten. | © Elisa Schu/dpa/dpa-tmn

21.11.2025 | 21.11.2025, 12:02

Gewalt gegen Frauen ist «eine tägliche Bedrohung für die Hälfte der Bevölkerung», sagt Ulrich Warncke, Anwalt und Präventionsbeauftragter der Opferschutzorganisation Weißer Ring. Obwohl es nicht allein ihre Verantwortung sein sollte, müssen sich Frauen oft so weit wie möglich selbst schützen, so das Fazit des Experten. Er empfiehlt folgende Strategien:

  • Gefahren früh erkennen und vermeiden: Ein sicheres Auftreten, das Beachten des Bauchgefühls und die Wahl sicherer Wege können das Risiko von Übergriffen reduzieren
  • Aktiver Selbstschutz: Selbstverteidigungskurse und Kampfsportarten können Frauen und Mädchen zum einen darin unterstützen, selbstbewusst und sicher aufzutreten, und zum anderen befähigen sie sie dazu, sich besser selbst zu schützen
  • Aufmerksam machen: Wer sich bedrängt fühlt oder einem Gewaltrisiko ausgesetzt ist, sollte andere Passanten lautstark auf die Situation aufmerksam machen und Blickkontakt zu Umstehenden aufnehmen. Auch ein «Schrill-Alarm» kann helfen - gemeint sind Taschenalarmgeräte.
  • Gesundes Misstrauen gegenüber Fremden, insbesondere bei Internetbekanntschaften: Zunächst an einem neutralen Ort treffen, jemanden mitnehmen.
  • In der Gruppe bleiben: «Mit Freundinnen ausgehen, heißt auch, gemeinsam wieder nach Hause fahren», so Warncke.
  • Zu viel Alkohol vermeiden: Er erhöht die Risikobereitschaft und macht wehrlos.
  • Vorsicht vor K.-o.-Tropfen: Keine Getränke von Fremden annehmen. Selbst bestellte Getränke sogleich austrinken, und sie nicht zwischendurch abstellen, um zu tanzen oder auf die Toilette zu gehen. Warncke warnt: Oft werden K.-o.-Tropfen auch nicht von Fremden verabreicht, sondern «vom Partner, der auf diese Weise sexuelle Bedürfnisse durchsetzen möchte».

Was tun, wenn etwas passiert ist?

Unbedingt aktiv werden, so Warncke: Bei Straftaten oder auch beim Verdacht auf Straftaten Anzeige bei der Polizei erstatten. Und: «Wer Opfer akuter oder langfristiger Gewalttatsituationen ist – auch im häuslichen Bereich – sollte sich an Beratungsstellen, Notrufzentralen und Frauenhäuser wenden.»

  • Hilfetelefon «Gewalt gegen Frauen»: 116 016, anonym und kostenlos rund um die Uhr erreichbar, auch online unter www.hilfetelefon.de
  • Weißer Ring: Die Opferschutzorganisation bietet telefonische (116 006; 7-22 Uhr), Vor-Ort- und Mail-Beratung, online unter www.weisser-ring.de
  • Frauenhäuser und Beratungsstellen unterstützen und bieten Schutz, eine regionale Suche gibt es etwa beim Verein Frauenhauskoordinierung (www.frauenhauskoordinierung.de)

Die meisten Gewalttaten werden im sozialen Nahraum verübt: Intimpartner und Familienangehörige sind häufig die Täter. - © Leonie Asendorpf/dpa/dpa-tmn
Die meisten Gewalttaten werden im sozialen Nahraum verübt: Intimpartner und Familienangehörige sind häufig die Täter. | © Leonie Asendorpf/dpa/dpa-tmn

Alle Menschen sollten mehr über rechtliche Rahmenbedingungen wissen, so Ulrich Warncke. Etwa über das Recht auf Schutzmaßnahmen wie Kontaktverbote oder den Straftatbestand öffentlicher Übergriffe. Auch Catcalling sei strafbar - also sexuell anzügliche Rufe, Pfiffe oder Gesten.

Beratungsstellen, Notrufnummern und Frauenhäuser bieten Schutz und Beratung rund um die Uhr. - © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa-tmn
Beratungsstellen, Notrufnummern und Frauenhäuser bieten Schutz und Beratung rund um die Uhr. | © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Was können alle für mehr Sicherheit tun?

Gewalt gegen Frauen ist kein «Frauenthema», im Gegenteil. Daher sei es wichtig, über Gewalt gegen Frauen zu sprechen und jeglicher Form der Übergriffe und Grenzüberschreitungen gezielt entgegenzutreten, so Warncke. Dass Frauen sich sicherer fühlen und sicher sind, dafür sollten alle Verantwortung übernehmen, also auch Männer.

Wer die offene Hand zeigt und dann den Daumen in die Handfläche legt, signalisiert lautlos, dass er Unterstützung braucht. - © Bernd Diekjobst/dpa-tmn
Wer die offene Hand zeigt und dann den Daumen in die Handfläche legt, signalisiert lautlos, dass er Unterstützung braucht. | © Bernd Diekjobst/dpa-tmn

Der Fachmann plädiert dafür, schon bei den Denkmustern anzusetzen: «Gewalt gegen Frauen ist kein Zeichen von Männlichkeit, sondern ein Zeichen von Schwäche. Starke Männer schützen Frauen.» Etwa, wenn sie erleben, wie andere übergriffig oder gewalttätig gegen Frauen werden.

Wer Zeuge von Gewalt wird, sollte:

  • Laut auf die Situation aufmerksam machen und versuchen, andere mit zur Unterstützung heranzuziehen. «Bringen Sie die Frau aus der Gefahrensituation heraus, aber sprechen und greifen Sie den Täter selbst nicht an.»
  • Notruf 112 wählen
  • Merken Sie sich Aussehen und Kleidung des Täters für spätere Zeugenaussagen

Was ist bei digitalen Übergriffen ratsam?

Laut Warncke ist digitale Gewalt genauso ernst zu nehmen wie physische Übergriffe. Er empfiehlt:

  • Kommentar dalassen: «Wer in Social Media sieht, dass Frauen beleidigt oder belästigt werden, sollte sich solidarisch zeigen. Einfache Kommentare wie "Das geht gar nicht!" oder "Lass sie in Ruhe!" setzen ein Zeichen.»
  • Melden: Plattformen wie Instagram, TikTok & Co. haben Meldefunktionen für digitale Gewalt. «Wer so etwas sieht, sollte es melden, damit der Account des Täters gesperrt wird.»
  • Bescheid sagen: «Wenn intime Bilder ohne Zustimmung verbreitet werden, sollte man nicht nur die Plattform informieren, sondern auch die Betroffene - oft wissen Frauen gar nicht, dass sie Opfer digitaler Gewalt geworden sind.»

Die Frage «Ist Luisa hier?» gilt als Code, mit dem Frauen in Bars und Clubs sofortige und diskrete Hilfe vom Personal erhalten. - © Hannes P Albert/dpa/dpa-tmn
Die Frage «Ist Luisa hier?» gilt als Code, mit dem Frauen in Bars und Clubs sofortige und diskrete Hilfe vom Personal erhalten. | © Hannes P Albert/dpa/dpa-tmn

Diese Handzeichen sollten alle kennen

Es gibt einen internationalen Hilferuf per Handzeichen - und der geht so:

Hand hoch, den Daumen in die Handinnenfläche klappen und anschließend mit den anderen vier Fingern umfassen. Dieses Handzeichen dient dazu, auf eine Notsituation aufmerksam zu machen, ohne ein Wort zu sagen.

Ins Leben gerufen wurde das Handzeichen («Signal for Help») von einer kanadischen Frauenrechtsbewegung, ursprünglich für Frauen, die häusliche Gewalt erleben und Hilfe brauchen. Die einfache Handbewegung verbreitete sich vor allem während der Corona-Pandemie schnell, da sie sich gut eignet, um etwa in Videocalls stumm um Hilfe zu bitten.

Die Geste bedeutet nicht immer automatisch, dass Außenstehende direkt den Notruf wählen müssen. Zunächst sollte die betroffene Person, wenn möglich, in sicherer Umgebung angesprochen werden. Gemeinsam können dann die nächsten Schritte entschieden werden, etwa ein Notruf, erklären die kanadischen Erfinder der Geste auf ihrer Webseite.

Notfall-Code: Die Frage nach «Luisa»

Neben diesem non-verbalen Hilfezeichen haben sich auch Codewörter für Notsituationen etabliert. So fungiert die Frage «Ist Luisa hier?» als Code, um ohne weitere Erklärung Hilfe zu bekommen. Die Kampagne wurde 2016 vom Münsteraner Frauen-Notruf gestartet und wird mittlerweile in vielen Bars und Clubs deutschlandweit umgesetzt.

Wenn sich Personen beim Ausgehen belästigt, bedrängt oder bedroht fühlen, können sie sich mit der Frage nach «Luisa» an das Personal der Lokalitäten wenden. Dieses soll die betroffene Person daraufhin an einen sicheren Ort bringen, von dem aus zum Beispiel ein Taxi oder die Polizei gerufen werden kann.