Unsicherheiten bei Anwendung

„Für viele eine Blackbox“: Gesundheits-Apps kommen schlechter an als gedacht

Seit 2020 kann die Nutzung von Gesundheits-Apps als Kassenleistung verschrieben werden. Dennoch werden die Angebote deutlich seltener genutzt als geplant. Das führt zu sinnlosen Kosten.

Oftmals liegt das Mindestalter für die Verordnung bei 18 Jahren, was viele „digital natives“ von der Nutzung ausschließt. | © (c) Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

28.02.2024 | 28.02.2024, 07:54

Digitale Gesundheits-Apps (DiGA) werden deutlich weniger genutzt als ursprünglich in der Gesundheitsbranche erwartet. Das geht aus dem diesjährigen Arztbericht der Barmer Krankenkasse hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Daten und Befragungen von 1.700 Patientinnen und Patienten sowie 1.000 Ärztinnen und Ärzten zeigen demnach, dass es noch immer viele Unsicherheiten bei der Anwendung der Apps gibt.

Zwar ist die Verschreibung seit einigen Jahren auf Kosten der Kasse möglich, trotzdem hätten die Apps noch keinen guten Stand im Gesundheitssystem, heißt es im Bericht.

Das läge auch daran, dass viele Ärztinnen und Ärzte sie selbst noch nicht als Alternative betrachten. Laut Bericht hat fast die Hälfte von ihnen noch keine digitale Anwendung verschrieben, ein Drittel sieht sich hierfür zu wenig in Kenntnis.

Jeder Dritte bricht die Anwendung vorzeitig ab

„Digitale Gesundheitsanwendungen sind für viele Menschen immer noch eine Blackbox“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub. So würden DiGA auf der einen Seite zu selten verschrieben und auf der anderen Seite zu wenig genutzt. Laut Bericht bricht mehr als jeder Dritte die Nutzung der App vorzeitig ab.

Das verursache laut Barmer jedoch Kosten ohne Nutzen. „Die Inhalte der digitalen Anwendungen müssen unbedingt einheitlich und verständlicher als bislang dargestellt werden“, fordert Straub. Das würde das Angebot niedrigschwelliger machen und eine Win-win-Situation für Kassen und Nutzende bedeuten.

Auf längere Sicht könnten digitale Anwendungen aber ein wertvoller Bestandteil in der Versorgung der Patientinnen und Patienten werden, sagt Joachim Szecsenyi, Autor des Arztreports: „Das Fundament hierfür ist mehr Transparenz.“

Viele Digital Natives sind von der Nutzung ausgeschlossen

Die unterschiedliche Nutzung in bestimmten Altersgruppen führt laut Bericht ebenfalls dazu, dass die Gesundheits-Apps noch nicht flächendeckend genutzt werden: Oftmals liegt das Mindestalter für die Verordnung von DiGA bei 18 Jahren, was viele sogenannte „digital natives“ von der Nutzung ausschließt.

Ältere Menschen nutzen die Apps aus anderen Gründen wenig: „Niedrige Verordnungsraten bei Menschen jenseits des 70. Lebensjahres deuten auf eine bislang geringere Affinität zu digitalen Anwendungen hin“, so Szecsenyi. Da immer mehr junge Menschen nachrücken, werde die Zahl an DiGA-Verordnungen aber langfristig zunehmen, prognostiziert Straub. Daher sei es wichtig, jetzt die richtigen Bedingungen zu schaffen, um eine breite Versorgung zu ermöglichen, so der Barmer-Chef.

Gesundheits-Apps nur für wenige Erkrankungen verfügbar

Digitale Anwendungen stehen laut Barmer bislang nur für wenige Erkrankungen zur Verfügung, darunter Depression, Adipositas, Tinnitus und Krankheiten des Bewegungsapparats.

Trotz der noch eingeschränkten Nutzung bewerten laut Arztbericht knapp die Hälfte der Behandelnden, die DiGA schon verschrieben haben, das Angebot als sinnvolle Unterstützung zur regulären Behandlung.