Drei Jahre bis zur Schwangerschaft

Erstmals Baby eines Transgender-Paares in Frankreich geboren

Vater und Mutter von "Avah" sind überglücklich und möchten Paaren in ähnlicher Situation Mut machen.

Die Klinik in Bourges informiert auf ihrer Facebookseite wie die für das Personal ungewöhnliche Geburt von "Avah" möglich geworden ist. | © Screenshot NW/ Centre Hospitalier Jacques Coeur auf Facebook

Talin Dilsizyan
24.03.2023 | 24.03.2023, 14:04

Bourges. Die kleine "Avah" ist am 19. Februar mit einem Gewicht von 3,6 Kilogramm und einer Größe von 50 Zentimetern zur Welt gekommen - nicht ungewöhnlich. Besonders ist die natürliche Geburt des kleinen Mädchens dennoch, wie die Klinik "Centre Hospitalier Jacques Coeur", die sich im französischen Bourges befindet, auf Facebook darlegt. Denn ihre Mutter und ihr Vater sind Transgender.

Das Team der Geburtsklinik habe das Paar während der gesamten Zeit der spontanen Schwangerschaft begleitet. Hierzu gehörten nicht nur Ärzte und Hebammen sondern auch Psychologen. Im Körper von Mattéo, der laut Personenstandsregister und Sozialversicherung ein Mann ist, ist der Fetus neun Monate lang gewachsen. Seine Partnerin Victoire, die laut Personenstand eine Frau ist, aber über die männlichen Sexualorgane verfügt, hat ihm bei der Geburt zur Seite gestanden. Beide hätten sich bewusst dazu entschieden, ihre Geschichte offen zu erzählen, um Menschen, die sich in ähnlicher Situation befinden und einen so großen Kinderwunsch haben, Mut zu machen: "Ja, es ist möglich, ein Kind zu bekommen und alles kann medizinisch gut verlaufen."

Wie "Le Berry Républicain" berichtet, hat das Ärzteteam für die besondere natürliche Geburt - die erste eines Transgender-Paares in Frankreich - versucht, die Betreuung so zu gestalten, wie sie auch bei anderen Schwangerschaften der Fall gewesen wäre. Für die Eltern sei es aber ein Wunder gewesen, dass sie tatsächlich ein gemeinsames Kind bekommen konnten. Drei Jahre lang hätten sie hierfür die Hormontherapien, die für die Transition notwendig sind, unterbrochen. Solche Hormontherapien zur Geschlechtsanpassung können schwerwiegende Folgen für Körper und Seele haben. So weist die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie etwa auf Leberschäden, hormonempfindliche Tumore, Depressionen hin, die bei Eigentherapien ohne ärztliche Aufsicht drohen. Die Transition sollte daher von Experten begleitet werden.

Identität auf dem Papier

Victoire verzichtete auf die chirurgischen Eingriffe, die notwendig sind, um die Angleichung an das männliche Geschlecht abzuschließen. Mattéo musste einen gynäkologischen Prozess auf sich nehmen, der "sowohl physisch als auch psychisch hart" gewesen sei. Einen Monat nach der Geburt von "Avah" ist die kleine Familie glücklich, allerdings besteht hinsichtlich der Dokumente noch ein Problem. Victoire erreichte im Rathaus von Bourges zwar, dass im Auszug der Geburtsurkunde lediglich angegeben ist, dass sie und Mattéo die Eltern sind. Nur in einer Anmerkung zur vollständigen Geburtsurkunde wird die Änderung des Geschlechts aufgeführt. Aber im Familienbuch wird "Mattéo" als "Mutter" aufgeführt. Dies ist aus Sicht des Paares nicht akzeptabel ist, denn es entspricht nicht der Geschlechtsidentität.