Volkskrankheit Fettleber: Was sie gefährlich macht und wie man rechtzeitig gegensteuert

Berlin/Bielefeld. Rund 20 bis 30 Prozent der Deutschen haben sie und viele wissen es gar nicht: eine nichtalkoholische Fettleber. Nicht immer ist eine Unterscheidung zur alkoholischen Fettleber möglich. Mediziner rechnen mit einer deutlichen Zunahme der Erkrankung in den nächsten Jahren. Auch in OWL sehen Fachärzte immer mehr solcher Fälle. Wie die Krankheit entdeckt wird – und was gegen sie hilft: Wie entsteht eine Fettleber? Auch sehr schlanke oder normalgewichtige Menschen können eine Fettleber haben, zum Beispiel, wenn eine genetische Veranlagung vorliegt. Die Hauptursachen sind aber andere, wie Martin Krüger, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie am Evangelischen Klinikum Bethel zusammenfasst: "Alkohol, Übergewicht, die Störung der Blutfette und Diabetes." Der Kernpunkt sei ein chronischer Energieüberschuss. "Der kann durch zu viel Essen entstehen, aber auch durch zu viel Alkohol. Das Schlimme ist: Die Betroffenen leiden zunächst nicht. Sie haben weder ein erkennbares Suchtproblem, noch bemerken sie den immer schlechter werdenden Zustand ihrer Leber." Bemerken Betroffene eine Fettleber selbst? Eine Fettleber kann sehr lange unbemerkt bleiben. In der Regel entstehen keine Schmerzen. Unspezifische Symptome können ein Druckgefühl im rechten Oberbauch oder ein Schwächegefühl sein. Markus Ertmer ist Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Pneumologie im Brüderkrankenhaus St. Josef in Paderborn. Er sagt: "In unserem klinischen Alltag sehen wir sehr häufig Patienten mit einer Fettleber. Diese suchen uns jedoch meistens aufgrund anderer Beschwerden oder Erkrankungen auf, und die Fettleber wird als Zufall im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung entdeckt." Wann wird eine Fettleber gefährlich? Wenn sie weitere Stufen erreicht. "Etwa 20 bis 30 Prozent der Deutschen haben eine nicht alkoholische Fettlebererkrankung, das entspricht in etwa 18 Millionen Menschen", erklärt Ertmer und macht deutlich, wo das Problem liegt: Vier bis fünf Prozent der Betroffenen, circa zwei Millionen, entwickeln eine Entzündung ihrer Fettleber, die sogenannte nichtalkoholische Steatohepatitis. Davon wiederum entwickeln sich 0,5 bis 1,5 Prozent in eine Leberzirrhose fort. 0,1 Prozent bis 0,5 Prozent entwickeln eine Leberkrebserkrankung, das sogenannte hepatozelluläre Karzinom. Laut der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten etabliert sich die "Volkskrankheit" Fettleber zunehmend als Herausforderung für das deutsche Gesundheitswesen. Wie bekommen Betroffene eine Fettleber selbst in den Griff? Viele Patienten können sie selbst abbauen und so ein Fortschreiten in schwerwiegendere Stadien der Erkrankung verhindern. Mediziner Krüger fasst zusammen: "Die Umstellung von Lebensstil und Ernährung ist wesentlich: Energieverbrauch erhöhen durch mindestens 30 Minuten Bewegung am Tag, möglichst regelmäßiger Schlaf von mindestens sieben Stunden, gleichzeitig die Energiezufuhr senken, Alkohol reduzieren sowie Gewichtsreduktion anstreben.“ Welche Lebensmittel helfen gegen Fettleber? "Betroffene müssen sich bewusst machen, welche Lebensmittel für sie gefährlich sein können", rät Krüger. Kohlenhydrate stünden dabei ganz vorn, vor allem in Form von Zucker und Fruchtzucker in Süßem, in Säften, aber auch in zu viel Obst. "Auch Kartoffeln, Nudeln und Reis sollten mit Vorsicht genossen werden." Ein guter Energieträger dagegen sei Eiweiß, das ein Schwerpunkt in der Ernährung sein sollte. "Zu den Top-Eiweißquellen gehören Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Nüsse und Samen, also pflanzliche Proteine", betont Krüger. Ballaststoffe in Form von Gemüse, Rohkost und Körnern seien ebenfalls wichtig. Menschen mit Fettleber sollten keine Angst vor Fett haben, erklärt der Mediziner und rät zu ungesättigten Fettsäuren, die zum Beispiel in Olivenöl, Avocados, Nüssen und Lein- und Chiasamen enthalten sind. "Auch fetter Fisch ist durchaus in Ordnung, weil er Omega-3-Fettsäuren enthält. Ganz schlecht sind aber Transfette, die in Fastfood, Chips, Gebäck und Fertigprodukten stecken." Sogar längere essensfreie Zeiten, sogenanntes Intervallfasten, könne hilfreich sein, wenn es im Alltag umsetzbar ist. "Also mal 12 bis 16 Stunden nichts essen, damit der Körper gespeichertes Fett mobilisieren kann." Gibt es Medikamente? In Deutschland gibt es derzeit keine für die Behandlung von Fettleber zugelassenen Medikamente. Es laufen aber Studien mit aussichtsreichen Kandidaten, sagt Ertmer. Haben die Patienten Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder Adipositas, wirken sich bestimmte für diese Krankheiten zugelassene Medikamente auch positiv auf die Fettleber aus.

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