Weiteres Gesundheitsamt droht mit bei Quarantäne-Verstößen mit Kindesentzug

Ludwigslust. Die Nachricht sorgte Anfang August für Entsetzen: Gesundheitsämter in Hessen und Baden-Württemberg ordneten Eltern an, ihre Kinder in Corona-Verdachtsfällen in häuslicher Quarantäne getrennt von der Familie zu isolieren. Bei Zuwiderhandlung drohten die Behörden sogar mit Kindesentzug. Nach Informationen von nw.de haben Quarantäne-Anordnungen dieser Art auch Eltern in weiteren Bundesländern erhalten, wie der Fall einer Schulschließung in Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Bis Montag mussten 205 Schüler des Goethe-Gymnasiums Ludwigslust aufgrund drei positiver Corona-Tests innerhalb der Lehrerschaft in häusliche Quarantäne. Nach der vorsorglichen Schließung des Gymnasiums informierte das Gesundheitsamt des zuständigen Landkreises Ludwigslust-Parchim betroffene Schüler und Eltern, erklärt Landkreissprecher Andreas Bonin auf Anfrage. Danach erhielten die Eltern der betroffenen Schüler schriftliche Quarantäne-Anordnungen, die ähnlich wie in Hessen und Baden-Württemberg Eltern verunsichern. Hinweis auf mögliche Freiheitsstrafe Das Schreiben der Behörde liegt nw.de vor. Neben einer Erklärung der häuslichen Quarantäne sowie der damit verbundenen Hygieneregeln, heißt es in dem Schreiben wörtlich: &bdquo;Für den Fall, dass Sie den Aufforderungen der Anordnung nicht ausreichend nachkommen, können Sie zwangsweise in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung abgesondert werden." Zum Abschluss des Schreibens folgt der Hinweis, dass diejenigen, die der Anordnung zuwiderhandeln mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldbuße bestraft werden. Die Anordnung sorgt für Kritik: &bdquo;Ich war fassungslos, als ich das Schreiben in den Händen hielt", sagt die Mutter eines betroffenen Schülers, die ihren Namen nicht öffentlich nennen möchte. &bdquo;Zum einen ist die Isolation von Kindern getrennt vom Rest der Familie nicht möglich, zum anderen verunsichert mich die Drohung einer Inobhutnahme nachhaltig in meinem Glauben an den Staat." Zudem kritisiert die Mutter das Vorgehen der Behörde auch deshalb, &bdquo;weil Populisten die Schreiben aktuell in unserer Heimatstadt nutzen, um Stimmung gegen die Einschränkungen zum Schutz vor dem Coronavirus zu machen". &bdquo;Dieses Problem hätten wir nicht, wenn die Behörde ihren Ermessensspielraum genutzt hätte, indem sie mit einer lebensnahen Anordnung auf das Infektionsschutzgesetz hingewiesen hätte. Stattdessen verschicket die Behörde massenhaft Drohungen." Dieses Vorgehen kritisiert auch der Kinderschutzbund, und zwar bereits seit Ende Juli. &bdquo;Inobhutnahme eines Kindes ist immer die Ultima Ratio" Landkreissprecher Andreas Bonin erklärt, dass die Inobhutnahme eines Kindes immer die Ultima Ratio sei. &bdquo;Die Herausnahme eines Kindes aus seiner Familie liegt nicht im Interesse des Kreises und ist im Zusammenhang mit der Pandemie auch noch nicht umgesetzt worden. Wir müssen Eltern aber nicht nur über das Verhalten in der häuslichen Quarantäne informieren, sondern sie auch über die rechtliche Grundlage belehren, damit das Vorgehen rechtssicher ist." Laut Bonin habe die Kritik einer Mutter an der Anordnung zu einer Überprüfung des Schreibens geführt. &bdquo;Wir sind jedoch nicht zu dem Schluss gelangt, dass es zu einem Fehler gekommen ist, da wir die Anordnung nicht als Drohung verstehen." Alle Familien werden laut Bonin im Fall einer Quarantäne-Anordnung für ihr Kind vorher vom Gesundheitsamt angerufen. &bdquo;Ihnen wird alles freundlich erklärt und der Bescheid angekündigt." Ein Elternteil könne sich auch in freiwillige Quarantäne begeben, um beim Kind sein zu können. In einem solchen Fall sei eine Entschädigung für einen eventuellen Lohnausfall möglich. Die betroffene Mutter fragt sich jedoch, warum diese Informationen nicht Teil der Anordnung sind. &bdquo;Die Behörde verbreitet ohne Not Verunsicherung. Das erschwert das ohnehin schon stark belastete Familienleben durch die Krise noch einmal deutlich."