Druck auf Mediziner

Krankenkassen fordern flexiblere Öffnungszeiten von Arztpraxen

"Leider haben die Akteure oft nur ihre eigenen Interessen im Blick und vergessen dabei die Patienten", sagt Vorstand des Kassen-Spitzenverbandes, Stefanie Stoff-Ahnis.

Im Wartezimmer: Ob im Krankenhaus oder in der Notfall-Ambulanz - bis ein Patient behandelt wird, dauert es. | © picture alliance

Tim Szent-Ivanyi
07.10.2019 | 07.10.2019, 05:00

Berlin. In der Debatte um längere Öffnungszeiten von Arztpraxen erhöhen die Krankenkassen den Druck auf die Mediziner. "Die niedergelassenen Ärzte verdienen mit den Versicherten gutes Geld – und sie sind wahrscheinlich die einzige Berufsgruppe, die aufgrund gesetzlicher Regelungen faktisch jedes Jahr steigende Honorare­ bekommt", sagte Stefanie Stoff-Ahnis vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). "Die Versicherten dürfen zu Recht erwarten, dass sich die Öffnungszeiten der Praxen nach ihren Bedürfnissen richten."

Der Vorstoß findet in der niedersächsischen Politik viel Zustimmung. Erst im Mai dieses Jahres war das Terminservicegesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Kraft getreten. Darin wird unter anderem geregelt, dass die Ärzte ihre Sprechstundenzeiten von mindestens 20 auf 25 Stunden pro Woche ausweiten müssen.

Stefanie Stoff-Ahnis. - © picture-alliance
Stefanie Stoff-Ahnis. | © picture-alliance

Mehr Flexibilität und Koordination untereinander

Die Kassenärztliche Vereinigung in Niedersachsen (KVN) hatte das Gesetz als Beleidigung­ für die "Würde eines ganzen Berufsstandes" abgelehnt. Ein solcher staatlicher Eingriff in die Praxisorganisation führe nicht zu mehr Arztterminen. Tatsächlich hält sich der Erfolg bisher offenbar in Grenzen.

"Die Praxen sind Mittwoch- und Freitagnachmittag oder am frühen Abend fast alle gleichzeitig geschlossen, am Samstag sowieso", kritisierte Stoff-Ahnis. Die Ärzteschaft sei dringend gefordert, mit der Zeit zu gehen und über mehr Flexibilität und Koordination untereinander die Versorgung der Patienten zu verbessern. "Im Zeitalter der Onlinekommunikation erwarten die Versicherten, dass ihnen auch online­ per Videosprechstunde geholfen wird", sagte das GKV-Vorstandsmitglied. Die Videosprechstunde dürfe kein Sonderservice sein, sondern müsse Alltag werden.

Videosprechstunden im ländlichen Raum

Ähnliche Stimmen kommen aus Niedersachsen. "In Zeiten voller Notaufnahmen lohnt es sich, über die Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Arztpraxen zu sprechen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag in Hannover, Volker Meyer. "Flexiblere Öffnungszeiten könnten gerade Arbeitnehmern den Arztbesuch erleichtern, wenn sie keinen akuten Notfall haben." Im ländlichen Raum könnten Videosprechstunden zudem eine Möglichkeit sein, den Menschen ohne lange Wege einen Arzttermin zu ermöglichen.

Ähnlich äußerte sich die Gesundheitspolitikerin Sylvia Bruns von der FDP. Flexiblere Öffnungszeiten würden allerdings nur dann zu mehr Terminvergaben führen, wenn die Budgetierung aufgehoben werde, sagte sie. Die Grünen-Abgeordnete Meta Janssen-Kucz regte an, Privatpatienten außerhalb der regulären Sprechstunden zu behandeln. "Das könnte Entlastung bringen." Die Videosprechstunden seien eine gute Ergänzung. Wichtig sei aber immer: "Die Qualität darf nicht auf der Strecke bleiben."