Gleich drei Experten hatte das Evangelische Krankenhaus Bielefeld (EvKB) zum Vortragsabend aufgeboten – und das aus gutem Grund. Die Ursachen für das Ziehen und Kribbeln in den Beinen sind vielfältig. Die Schaufensterkrankheit selbst ist eher ein Symptom als eine echte Krankheit. Der Auslöser für die Symptome kann dagegen sehr ernst sein.
Die Durchblutungsstörung
Die häufigste Ursache für die Schaufensterkrankheit sind Durchblutungsstörungen in den Beinen. Der Klassiker ist dabei die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). „Allerdings gilt das nur im zweiten Stadium der pAVK“, erklärt Dr. Burkhard Feidicker, Chefarzt der Gefäßklinik. Werden erst einmal bestimmte Abschnitte der Schlagadern im Bein nicht mehr richtig durchblutet, tritt Sauerstoffmangel auf, der Schmerzen in den Muskeln verursacht. Ursache sind Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose), die oft erst im Alter ein spürbares Ausmaß erreichen. Risikofaktoren dafür sind das Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, genetische Faktoren und Stoffwechselstörungen.Anzeichen für eine pAVK können neben Beinschmerzen auch schlecht heilende Wunden an Füßen und kalte Füße sein. Ein erster Hinweis für den Arzt ist, wenn er den Fußpuls am Knöchel eines Patienten schlecht oder gar nicht spürt. Zur Abklärung macht der Arzt ein Angiogramm. Günstig wirkt sich viel Bewegung aus, denn „sie kräftigt die Nebengefäße der verschlossenen Stelle und das Blut kann sich möglicherweise einen Umweg suchen“. Auch Medikamente helfen, allerdings ist die Auswahl eher gering. Bei schweren Verschlüssen muss der Arzt operieren und einen Bypass legen oder den Verschluss (Gerinnsel) mit einem Ballonkatheter entfernen. In manchen Fällen werden auch Abschnitte der verstopften Arterie ersetzt oder mit einem Stent verstärkt.
In jedem Fall empfiehlt Burkhard Feidicker, die Ursache der Schaufensterkrankheit abklären zu lassen. „Die pAVK kann in späteren Stadien lebensbedrohlich sein und muss behandelt werden.“
Betroffenen rät Feidicker, die persönliche Schmerzgrenze beim Gehen zu akzeptieren und nicht um jeden Preis weiterzulaufen. „Das schadet eher, als dass es nützt.“
Der enge Wirbelkanal
Schätzungen zufolge leiden fast eine Million Menschen in Deutschland unter solchen Gehstörungen. Doch nicht bei allen werde diese von Durchblutungsstörungen verursacht. Dr. Andreas Rogalewski, leitender Oberarzt in der Klinik für Neurologie, kennt ein weiteres Übel, dass vielen Älteren das Gehen zur Qual macht: „Wenn der Spinalkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule verengt ist, treten ähnliche Symptome auf.“Im Gegensatz zum Klassiker, der Claudicatio intermittens, wird hier von der Claudicatio Spinalis gesprochen. Der verengte Wirbelkanal (Spinalstenose), ist bei vielen eine Verschleißerscheinung des Alters. „21 Prozent der älteren Patienten leiden darunter.“ Ursache können verschobene Bandscheiben, knöcherne Veränderungen an den Wirbeln und Arthrosen der Wirbelgelenke sein. Bei Belastung spüren Patienten einen Rückenschmerz, der in die Beine ausstrahlt. „Gefühlsstörungen, Kribbeln, Taubheit oder Brennen sind häufige Symptome.“
Bei Verdacht auf eine Wirbelkanalstenose kann eine Untersuchung im CT oder MRT Klarheit bringen. Die Therapie richtet sich nach dem Ausmaß der Beschwerden. „Manchmal reichen Physiotherapie und Medikamente, andere benötigen Cortisonspritzen und im Ernstfall müssen wir operieren und den Kanal weiten“, so Andreas Rogalewski. Der Nutzen von Stützkorsetts sei dagegen umstritten.
Im Gegensatz zur pAVK kann bei der Wirbelkanalstenose der Arzt den Fußpuls gut spüren, denn hier ist kein Gefäß verengt oder gar verstopft. „Das kann also ein wichtiger erster Hinweis bei der Suche nach der Ursache sein“, so Rogalewski.
Der Gelenkverschleiß
Für Dr. Thomas Vordemvenne, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, gehört die Schaufensterkrankheit zwar nicht zum Kerngebiet, doch „sie weist ähnliche Symptome auf wie Gelenkprobleme, die in unseren Bereich fallen“. Gelenkverschleiß kann genauso Ursache für Beinschmerzen sein wie Gefäßverengungen oder Wirbelkanalstenose.Die Probleme werden dann oft durch Rücken, Hüfte oder Knie ausgelöst. „Klassisch sind Knie- und Hüftverschleiß, worunter sehr viele Patienten im Alter leiden“, sagt Vordemvenne. „Helfen können wir da in erster Linie mit dem Austausch des Gelenks gegen eine Prothese“, so der Chefarzt.
Auch die Osteoporose muss er bei der Suche nach dem Auslöser von Beinschmerzen mit einbeziehen. Ein Anzeichen für eine orthopädische Ursache können Rückenschmerzen sein, die zusätzlich zum Ziehen in den Beinen auftreten.