TV & Film

Tatort aus Dresden: "Blut ist dicker als Geld"

Mit ihrem zweiten Auftritt können die Ermittlerinnen Sieland und Gorniak überzeugen

Angela Wiese
02.10.2016 | 03.10.2016, 13:27

Bielefeld. Endlich ist sie da. Die verdiente Chance für den Dresdner Tatort. Hat die erste, im März ausgestrahlte Folge mit dem neuen Team noch schwer enttäuscht, konnte der am Sonntag ausgestrahlte Film mit dem Titel "Der König der Gosse" überzeugen. Das liegt ohne Zweifel an der Besetzung. Aber auch daran, dass der Film ohne billige Klischees und Herrenwitze auskommt. Fast jedenfalls.

Ganz ohne (Alt-)Herrenwitz vom "Büchsenmilch" trinkenden Kommissariatsleiter Peter Michael geht es nämlich nicht. Wenn die Kommissarinnen nicht so wollen, wie er, fallen dann auch schon mal Sätze wie "So was hätte es ja früher nicht gegeben, als nur Männer hier waren". Und ein Flirt mit einer Kollegin wird schon mal angereichert mit "Wenn Frauen und Männer nur noch gleich sind, kann ich ja gleich schwul werden".

Ja, Peter Michael ist immer noch ein Arschloch. Doch im Gegensatz zur ersten Folge dreht sich nicht alles nur darum, den Ermittlerinnen einen Spruch nach dem anderen mitzugeben. Der Chef steht als rückwärtsgewandter Typ da, den ohnehin niemand so richtig ernst nimmt. Das wirkt vor allem im Zusammenspiel mit den von Alwara Höfels (Henni Sieland) und Karin Hanczewski (Karin Gorniak) gespielten Ermittlerinnen witzig.

Witzig ist gut. Auch im Tatort. Ernste, festgefahrene und ziemlich öde Tatort-Kommissare gibt es schon genug. Wer so etwas möchte, kann ja auf die nächsten Folgen aus Köln und Ludwigshafen warten.

Dass der Dresdner Tatort die Kurve gekriegt hat, ist eine Erleichterung. Denn dessen ständige Besetzung kann sich wirklich sehen lassen und es wäre schade gewesen, wenn das platte Drehbuch dies weiter zu kaschieren gewusst hätte. Martin Brambach in der Rolle des Chefs ist brillant. Alwara Höfels passt toll in die Rolle der kühlen und ernsten Kommissarin Henni Sieland, Karin Hanczewski sehr gut in die Rolle der forschen Ermittlerin Karin Gorniak. Auch wenn die gerne mal übers Ziel hinaus schießt.

Der Ausraster gleich zu Beginn des Films ist ein Beispiel. Da bricht die Kommissarin mal eben vor lauter Wut die Vernehmung mit scheinbar betrunkenen Obdachlosen ab, die eine Gewalttat beobachtet haben. Ihr Vater habe nämlich auch immer zu tief ins Glas geschaut, offenbart sie den völlig Fremden spontan. Dennoch: Die Charaktere harmonieren und das Team gehört zu jenen, an die man sich gerne gewöhnen möchte.

Auch die Story dieses Tatorts kann überzeugen und ist durchaus spannend. Bei der Suche nach dem Mörder eines Sozialunternehmers streift die Geschichte mehrere aktuelle Themen. Dazu zählen Profitgier, die Privatisierung staatlicher Sozialaufgaben und der scheinbar chancenlose Kampf der Schwachen gegen die Starken in der Gesellschaft. Das haben wir alle in anderen Tatorten schon gesehen, ist in diesem aber noch mal sehr gut umgesetzt.

Dass am Ende nicht die Gerechtigkeit siegt, macht die Folge auch nicht schlecht. Zumal während der Ermittlungen so erinnerungswürdige Zitate wie "Blut ist dicker als Geld", "Hast du dir 'ne Leiche mit ins Bett gebracht?" und "Man darf das Schöne nicht den Arschlöchern überlassen" fallen.

"Der König der Gosse" ist ein guter Tatort mit viel Witz und einer guten, wenn auch nicht überragenden Story. Trotzdem: Mehr davon!