Der Titel des Musicals „& Julia“ erinnert an die Liebesgeschichte zwischen Romeo und Julia, die für die Liebenden nicht wirklich gut ausgeht. Sollten die Musicalbesucher auf jeden Fall ganz viele Taschentücher mitnehmen, wenn sie zur Vorstellung gehen?
CHIARA FUHRMANN: Es gibt schon Momente, in denen ein Tränchen fließen könnte. Aber die Show unterscheidet sich sehr vom Stück „Romeo & Julia“, das so tragisch endet. Unsere Geschichte beginnt dort, wo das Original aufhört. Bei uns gibt es sehr viele Wendungen, lustige Momente und es wird sehr viel gelacht. Es gibt aber auch Szenen, die ans Herz gehen.
Im „Original“ sind ja am Ende alle tot. Die Idee eurer Show ist aber, dass Julia sich nicht umbringt und ihr Leben lebt. Julia ohne Romeo – heißt das, es wird gar keine Romantik geben?
Das heißt es nicht! (lacht) Es gibt sogar ganz viel Romantik. Nicht nur für Julia, denn neben den bekannten Charakteren wie Julias Amme, bei der eine alte Liebe neu entfacht, kommen auch neue dazu. Zum Beispiel Shakespeare und seine Frau Anne, in deren Ehe nicht immer alles rosig ist. Es gibt auf jeden Fall viel, viel Romantik.
Die Handlung darf auch als „Female Empowerment“ verstanden werden. Wie lautet die ermutigende Botschaft an die Frauen?
Die Botschaft der Show geht nicht nur an die Frauen. Sie lautet: Sei, wie du bist, lieb, wen du willst und steh dazu. Female Empowerment wird dabei schon groß geschrieben, weil es gerade bei Julia um die Selbstverwirklichung und die eigenen Träume geht. Ihre Welt ist stark von äußeren Umständen und Erwartungen geprägt. Sie schafft es aber, sich davon zu lösen. Das ist gerade auch für junge Frauen eine sehr wichtige Geschichte.
An wen geht die Botschaft noch?
Es gibt zum Beispiel auch die Rolle von Julias „Bestie“ May. Das ist ein nonbinärer Charakter, der die Liebe sucht und findet. Ich finde es wichtig, dass diese Rolle ein selbstverständlicher Teil der Geschichte ist.
Wenn du dich mal unter den Zuschauern umschaust – trauen sich auch Männer ohne spezielles „Male Empowerment“ in die Vorstellungen?
Ja! Es trauen sich auch Männer rein, auf jeden Fall (lacht)!
Musikalisch dürfen sich die Besucher auf Hits der 1990er und 2000er Jahre freuen – gibt es für die Songs aus dieser Zeit einen gemeinsamen Nenner oder sowas wie einen eigenen Geist?
Die Geschichte des Musicals wird mit den berühmtesten Liedern von Stars wie Britney Spears, Katy Perry, den Backstreet Boys, Bon Jovi und weiteren erzählt. Es ist kaum zu glauben, aber sie haben alle tatsächlich einen gemeinsamen Nenner: Denn sie alle wurden vom Songwriter Max Martin geschrieben, der auch das Musical produziert hat. Jeder verbindet die Lieder mit etwas – und das verbindet das Publikum.
Welches Lied ist dein Favorit?
Es gibt so viele schöne Lieder und so schöne Arrangements, wodurch die Songs auch noch mal anders klingen als im Radio. Ich finde zum Beispiel „I Kissed a Girl“ von Katy Perry großartig und „Since U Been Gone“ von Kelly Clarkson lief schon in meinem Kinderzimmer rauf und runter.
Viele kennen dich vielleicht noch in der Rolle der „Anna“ aus dem Musical „Die Eiskönigin“. Fühlt es sich anders an, nun die Titelrolle in einem Musical zu verkörpern?
Jedes Engagement fühlt sich anders an, weil es immer eine andere Rolle und eine andere Show ist. In „& Julia“ spiele ich zum ersten Mal eine Titelrolle – und bin gleichzeitig zum ersten Mal auch die Hauptbesetzung.
„Sei, wie du bist, lieb, wen du willst und steh dazu.“
Was macht den Unterschied?
Es ist schon eine andere Verantwortung, wenn die Show „& Julia“ heißt und man spielt die Julia. Da gehören dann auch Interviews wie dieses mit zum Job (lacht). Aber vor allen Dingen macht es mir unglaublich viel Spaß – und das ist es, was ich immer wollte.
Es war zu lesen, dass es auf deine Rolle einen noch nie dagewesenen Ansturm an Bewerberinnen gab. Wie hart ist die Konkurrenz im Musical-Business?
Ich habe gehört, dass es viele Bewerberinnen für die Rolle gab. Allerdings habe ich gar nicht so viel davon mitbekommen. Wir sind insgesamt vier Julias. Von ihnen wusste ich schon, dass sie sich beworben haben. Eine davon ist meine beste Freundin und wir haben gemeinsam daraufhin gefiebert und gehofft, dass es was werden könnte. Umso schöner ist es, dass es für uns beide geklappt hat.
Wie kann man sich die Arbeitsteilung der vier Julias vorstellen?
Ich spiele sechs von acht Shows in der Woche, zwei spielt eine „alternierende“ Julia. Darüber hinaus gib es noch ein Julia „in Bereitschaft“ und eine, die im Ensemble mitspielt und auch einspringen kann.
Du lebst und arbeitest schon seit einigen Jahren in Hamburg, geboren und aufgewachsen bist du in Osnabrück – vermisst du manchmal etwas aus deiner alten Heimat?
Meine Familie lebt dort und inzwischen auch wieder viele Schulfreunde, die nach dem Studium zurückgekommen sind. Ich liebe Hamburg, mag aber auch sehr die Atmosphäre einer kleineren Stadt. Für mich hat Osnabrück auch etwas Nostalgisches, weil ich dort aufgewachsen bin. Ich vermisse schon die Menschen – aber zum Glück kann ich immer wieder dahin zurückkehren.
Das Musical „& Julia“ läuft auch am Broadway in New York. Hättest du Lust, dort mal auszuhelfen?
Oh, das könnte ich mir vorstellen. Ich fände es total interessant, das mal mitzuerleben, weil es da etwas anders läuft als in Deutschland. Ich frage mich, ob ich das dann so könnte, wenn alle Szenen auf Englisch wären. Doch, ich glaube schon! Wenn du mir das Skript gibst und zwei, drei Tage Zeit, vielleicht. Das wäre crazy!
Kennst du denn die Julia-Darstellerin vom Broadway auch persönlich?
Ja, ich kenne sie, weil ich nach New York fliegen und mir die Show ansehen durfte. Da haben wir uns getroffen.
Warum sollte man das Musical „& Julia“ nicht verpassen?
Es ist eine Show, die unfassbar gute Laune macht und die Geschichte von Romeo und Julia in ein anderes Licht rückt. Es geht nicht nur der Charakter der Julia auf eine Reise und gibt ihr so viel Kraft und Stärke als Frau. Es gibt viele Charaktere, in denen sich jeder wiederfinden kann. Es ist schön, nicht nur diese eine junge Liebesgeschichte zu haben. Es gibt die, die sich nach Jahren wiedertreffen und neu lieben lernen. Und das Ehepaar, das Probleme hat und wieder zu sich findet. Die queere Komponente, die dazu kommt, ist so besonders. Die Geschichte hat viel Herz und macht viel Spaß.
Nimmst du das auch auf der Bühne wahr?
Das merke ich jeden Abend auf der Bühne und am Feedback, das ich bekomme. Ich habe die Show auch vor kurzem das erste Mal selbst gesehen, weil ich ja nicht immer auf der Bühne stehe. Ich bin natürlich voreingenommen, aber die Show ist so rund, es fehlt mir nichts und es stimmt einfach alles. Und das ist so was Besonderes, weil man das nicht oft hat. Das Herz ist bei dieser Show einfach zu 100 Prozent da.
Über das Musical
Mit Songs des Grammy-preisgekrönten Songwriters und Produzenten Max Martin, einem Buch des Emmy-preisgekrönten Autors von „Schitt’s Creek“, David West Read, der Regie von Luke Sheppard und Choreografie von der Emmy-Gewinnerin Jennifer Weber dreht „& Julia“ die Handlung der größten Liebesgeschichte aller Zeiten um und fragt: Was würde passieren, wenn sich Julia nach Romeos Tod für das Leben entscheidet? Und so beginnt eine fabelhafte Reise, auf der Julia ihr berühmtes Ende für einen frischen Anfang nutzt – und eine zweite Chance auf das Leben und die Liebe erhält. Mehr Infos und Karten (ab 56,99 Euro) gibt es unter www.musicals.de