Artenvielfalt Rückgang der Population: Pestizide machen Bienenmännchen unattraktiver

Bielefeld. Was als attraktiv angesehen wird, ist total unterschiedlich. Ist es für den einen das Lachen, ist es für den anderen die Haarfarbe. Doch nicht nur bei Menschen spielen äußere Merkmale bei der Partnerwahl eine Rolle, sondern auch bei Bienen - und das wird unter dem Einfluss von Pestiziden in der Landwirtschaft zum Problem. Wissenschaftler der Uni Würzburg haben untersucht, inwiefern Pestizide für den Rückgang der Bienenpopulation in Deutschland verantwortlich sind. Im Zentrum der Untersuchung stand die Fortpflanzung der Bienen. Anders als beim Menschen werden weibliche und männliche Bienen unterschiedlich gezeugt. Entstehen männliche Bienen, die sogenannten Drohnen, aus unbefruchteten Eiern, braucht es für das Schlüpfen weiblicher Bienen die Paarung von Männchen und Weibchen. Für die Studie wurden Mauerbienen hinsichtlich ihres Paarungsverhaltens untersucht. Weibliche Mauerbienen bewerten bei der Wahl eines Paarungspartners männliche Qualitätssignale – allen voran ihren Geruch und Vibrationen der Brust, erklären die Forschenden. Doch wie wirken sich Pestizide aus der Landwirtschaft auf die Paarung der Bienen aus? Um das zu testen, wurden die Mauerbienen einer geringen, nicht-tödlichen Dosis eines Fungizids ausgesetzt, welches zur Bekämpfung von Pilzen und Sporen verwendet wird. &bdquo;Wenn das Fungizid eine Auswirkung auf die Qualitätssignale der Männchen hat, sollte das die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass pestizidbelastete Männchen von den Weibchen abgelehnt werden“, erklärt der Insektenforscher und Hauptautor der Studie, Samuel Boff. Auswirkungen auf die Paarung Und tatsächlich: Bienen-Männchen, die dem Fungizid ausgesetzt waren, wurden häufiger von den Weibchen zurückgewiesen. &bdquo;Wir haben auch festgestellt, dass die pestizidbelasteten Männchen weniger mit ihrem Brustmuskel vibrierten und auch eine andere Geruchszusammensetzung hatten als die unbelasteten Männchen“, so Boff. Sein Fazit: &bdquo;Der Rückgang der Bienenpopulationen in Agrarlandschaften könnte daher durch die Wirkung von Pestiziden auf das Paarungsverhalten der Insekten erklärt werden.“ Biologe Thomas Schmitt war ebenfalls an der Studie beteiligt. Er fordert vor dem Hintergrund der Ergebnisse, dass die Risikobewertung von Pestiziden dahingehend angepasst werden müsse. Auch Boff hofft auf eine breitere Prüfung verschiedener Pestizidklassen auf das Verhalten und die chemischen Signale von Bienen: &bdquo;Damit ein wirksamer Bienenschutz wirklich stattfinden kann.“Schutz von Wildbienen ist nötig Und der ist nötig: Denn nach Angaben des Deutschen Imkerbundes sind 80 Prozent aller Blühpflanzen darauf angewiesen, dass Bienen und andere Insekten sie bestäuben. Und obwohl die Anzahl der (Hobby-)Imker und damit auch die der Honigbienen steigt, ist damit das Problem nicht gelöst. Denn Wildbienen bestäuben auch die Pflanzen, die von Honigbienen nicht angeflogen werden. Doch fast die Hälfte der mehr als 560 Wildbienen-Arten in Deutschland sei gefährdet oder gelte als verschollen, sagt Swantje Grabener vom Thünen-Institut für Biodiversität in Braunschweig. Die Wissenschaftler planen, die Untersuchung auch mit anderen Wildbienenarten und verschiedenen Pestizidklassen durchzuführen. Sie empfehlen zudem Bienenüberwachungsprogramme, um Populationen von Wildbienen in Gebieten mit Pestizidbelastung und in ökologischen Gebieten zu vergleichen. Ergänzende Programme gibt es unter anderem vom Thünen-Institut für Biodiversität in Braunschweig. Sie bauen ein bundesweites Monitoring für Wildbienen in Agrarlandschaften auf, um herauszufinden, welche Arten in welcher Anzahl wo verbreitet sind und welche Effekte beispielsweise Blühstreifen haben. Doch auch Gartenbesitzer können etwas für Wildbienen und andere Insekten tun, indem sie ihren Garten insektenfreundlicher gestalten.

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