Im Rechtsstreit zwischen SCP und Przondziono gehen beide Seiten aufs Ganze

Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Die mündliche Verhandlung, die am Mittwoch vor dem Paderborner Landgericht im Rechtsstreit zwischen dem SC Paderborn und dessen Ex-Sportchef Martin Przondziono stattfand, nahm unterdessen fast drei Stunden in Anspruch und brachte zunächst kein Ergebnis. So muss die 4. Zivilkammer unter dem Vorsitz von Richterin Birgit Hammerschmidt nun entscheiden, ob bereits ein Urteil gefällt wird oder ein weiterer Verhandlungstermin her muss. Sollte es ein Urteil geben, geht der Rechtsstreit wohl trotzdem in die nächste Runde, denn die unterlegene Seite dürfte Berufung einlegen. Dabei hatte Richterin Birgit Hammerschmidt am Mittwoch versucht, beiden Parteien eine Goldene Brücke zu bauen. So hatte die Kammer vorgeschlagen, dass der SCP seinem ehemaligen Sport-Geschäftsführer, der am 20. April 2020 beurlaubt worden war und am 4. Mai die fristlose Kündigung erhalten hatte, eine Abfindung in Höhe von 225.800 Euro zahlt. Darin enthalten war Przondzionos Erstliga-Gehalt für den Mai 2020 (30.000 Euro), das Gehalt für die Zweitliga-Saison 2020/21 (18.000 Euro pro Monat) sowie die Prämien für die in dieser Saison bislang erreichten 31 Punkte (1.000 Euro pro Zähler). Davon abgezogen wurden als eine Art &bdquo;Corona-Gehaltsverzicht" insgesamt 20 Prozent der Gesamtsumme. Przondziono verlangt mindestens 365.000 Euro &bdquo;Beide Seiten dürften ein Interesse an Planungssicherheit haben. Und der SCP will sicher Ruhe im Verein und keine Nebenkriegsschauplätze haben", erklärte die Richterin und wies noch einmal auf das Risiko hin, dass eine der beiden Seiten sonst in den ganz sauren Apfel beißen müsse. Der SC Paderborn wäre wohl auch bereit gewesen, eine Summe in dieser Größenordnung zu zahlen. "Wir haben grundsätzlich das Interesse, diesen Rechtsstreit schnell zu beenden. Und uns würde interessieren, ob die Gegenseite in die Nähe dieses Betrages kommen könnte", erklärte Rechtsanwalt Thomas Himmer, der den SCP am Mittwoch vertrat. Doch die Gegenseite war dazu offenbar nicht bereit. Nach einer Beratungspause erklärte Przondzionos Rechtsbeistand André Soldner, dass sein Mandant mindestens 365.000 Euro haben möchte. Schließlich würde sich der Vertrag des Ex-Sportchefs bei einem Zweitliga-Klassenerhalt des SCP um ein weiteres Jahr bis Juli 2022 verlängern. In diesen zwölf Monaten hätte Przondziono inklusive Punkteprämien rund 280.000 Euro verdient, denn das Monatsgehalt wäre von 18.000 auf 20.000 Euro gestiegen. Zumindest die Hälfte der 280.000 Euro sollten laut Soldner gezahlt werden, so dass er zusammen mit der vom Gericht vorgeschlagenen Summe auf die besagten 365.000 Euro kam. Sechs Spieler werden als Zeugen gehört Sollten die Gerichte Przondziono Recht geben, könnte es für den SCP noch sehr viel teurer werden. Die Gesamtsumme, die ihm bei einer Vertragsverlängerung bis Sommer 2022 noch an Gehältern zusteht, würde sich inklusive aller Punkte- und Erfolgsprämien sogar auf rund 560.000 Euro belaufen. Im Vorfeld der Verhandlung hatte Soldner dem SCP beim Versuch einer außergerichtichen Einigung den Vorschlag gemacht, seinem Mandanten rund 480.000 Euro zu zahlen. Doch das lehnte der Verein ab. Das neue Angebot in Höhe von 365.000 Euro war dem SCP ebenfalls deutlich zu hoch. Und so scheiterte auch dieser Versuch einer Einigung, nachdem bereits ein Gütetermin vor dem Paderborner Arbeitsgericht (28. Juli) und eine Mediation vor dem Landgericht (15. Dezember) ergebnislos verlaufen war. Und so ging es in die Beweisaufnahme, bei der die SCP-Spieler Sebastian Schonlau und Sven Michel, die ehemaligen Paderborner Klaus Gjasula (HSV), Christian Strohdiek (Würzburg), Luca Kilian (Mainz) und Gerrit Holtmann (Bochum), Ex-Teammanager Ole Siegel sowie SCP-Aufsichtsrats-Mitglied Orhan Dag als Zeugen gehört wurden. Im Kern ging es um die Frage, was Martin Przondziono am 21. April einen Tag nach seiner Freistellung als Sport-Geschäftsführer bei seiner Verabschiedung von der Mannschaft gesagt hatte. Laut SCP habe er erklärt: &bdquo;Ihr müsst jetzt auf Gehalt verzichten, damit ein neuer Geschäftsführer Sport bezahlt werden kann." Damit habe sich Przondziono vereinsschädigend verhalten, da der SCP zu diesem Zeitpunkt mit den Spielern über einen Corona-Gehaltsverzicht verhandelt hatte. Aus Sicht des Vereins rechtfertige dies eine fristlose Kündigung. In der Mannschaft kam Unruhe auf Przondziono bestritt, dass dieser Satz gefallen sei. "Ich habe vielleicht gesagt, dass ich es nicht verstehen kann, dass nun ein neuer Manager eingestellt wird", erklärte der ehemalige Sportchef, der am 21. April gleich zwei Abschiedsreden gehalten hatte. Denn Corona-bedingt war die Mannschaft in zwei Blöcke aufgeteilt worden. Von den sechs Spielern, die am Mittwoch vor dem Landgericht aussagten, konnte sich keiner an den genauen Wortlaut des Przondziono-Statements erinnern. Abgesehen von Gerrit Holtmann erklärten aber alle unisono, dass ein solcher Satz sinngemäß gefallen sein könnte. Jedenfalls kam in der Mannschaft Unruhe auf. So wurde noch einmal ausgiebig über den Gehaltsverzicht diskutiert, auf den man sich eigentlich schon am 16. April bei einem Treffen zwischen Wirtschaftsrat, Mannschaftsrat und Martin Przondziono geeinigt hatte. "Es sind in der gesamten Mannschaft Diskussionen aufgeflammt", berichtete Kapitän Christian Strohdiek. Ein Grund dafür: Martin Przondziono habe bei seiner Verabschiedung erklärt, dass er nach seiner Freistellung nicht mehr zu einem Corona-Gehaltsverzicht bereit sei. "Da haben sich einige Spieler auch gefragt, warum sie jetzt noch verzichten sollen", so Strohdiek. SCP-Verantwortliche mussten Wogen glätten "Die Entlassung war für uns Spieler genauso unverständlich wie für ihn", sagte Klaus Gjasula mit Blick auf Martin Przondziono. "Viele haben sich gefragt: Warum soll ich auf Geld verzichten, wenn ein neuer Geschäftsführer geholt wird", ergänzte der Ex-Paderborner, der nun für den Hamburger SV kickt. Kapitän Christian "Tucker" Strohdiek bat die Vereinsführung angesichts der aufgekommenen Unruhe um Hilfe. Noch am Abend des 21. April telefonierte er mit Aufsichtsrats-Mitglied Orhan Dag. "Tucker war ziemlich aufgelöst. Die Mannschaft sei aufgebracht. Und so haben wir einen Gesprächstermin vereinbart, um die Mannschaft wieder einzufangen", erklärte Dag. Daher kamen Mitglieder aus dem Wirtschafts- und Aufsichtsrat am 22. April zum Trainingszentrum, um die Mannschaft über den Wechsel auf dem Sportchef-Posten zu informieren und um offene Fragen in Sachen Gehaltsverzicht zu beantworten. "Es war uns wichtig, dass unser Gehaltsverzicht bei den SCP-Mitarbeitern ankommt und keiner entlassen wird. Wir wollten damit nicht den neuen Geschäftsführer Sport bezahlen", betonte Sven Michel. Dies wurde dann auch in der schriftlichen Einigung, die der damalige Teammanager Ole Siegel mit den Spielern aushandelte, festgehalten. Am 29. April war der Gehaltsverzicht endgültig beschlossene Sache. Ob die Personalentscheidung an sich oder der angeblich gefallene Przondziono-Satz für die Unruhe im Team gesorgt hatte, wurde aber am Mittwoch vor dem Landgericht nicht wirklich klar. Und so muss sich zeigen, ob die Verhandlung noch in die Verlängerung geht. Oder ob vielleicht demnächst vor dem Oberlandesgericht verhandelt wird.

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