Aus einer Baustelle des SC Paderborn wird ein Luxusproblem

Paderborn. Die Rechtsverteidiger-Position galt beim SC Paderborn vor Saisonbeginn als Baustelle. Doch aus der Baustelle ist für Cheftrainer Steffen Baumgart ein Luxusproblem geworden. Der etatmäßige Flügelstürmer Johannes "Jojo" Dörfler, der im Sommer schon fast aussortiert worden war, zeigte auf der für ihn ungewohnten Position ab dem vierten Spieltag starke Leistungen, hat nun aber erst mal seinen Stammplatz verloren. Denn in den vergangenen beiden Partien in Hamburg und Dortmund sollte Frederic "Freddy" Ananou als Rechtsverteidiger vollauf überzeugen, so dass er auch an diesem Sonntag, 7. Februar, im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim (13.30 Uhr, Benteler-Arena) in der Startelf stehen dürfte. "Wir bilden aus und entwickeln Spieler weiter. Das kann man an Freddy und Jojo sehr gut sehen", sagt Steffen Baumgart nicht ohne Stolz. "Freddy" hatte hierbei im vergangenen Sommer im Duell gegen "Jojo" zunächst die Nase vorn. Der Neuzugang vom FC Ingolstadt absolvierte eine gute Vorbereitung und spielte in den ersten drei Zweitliga-Saisonpartien stets von Beginn an. Ananou leistete sich in der Defensive allerdings einige Wackler. Und im Spiel nach vorne schien er mit angezogener Handbremse zu agieren. Beim Hinspiel in Heidenheim (0:0) wurde der 23-Jährige in der 57. Minute ausgewechselt. Dörfler kam ins Spiel, nutzte seine Chance und war plötzlich Rechtsverteidiger Nummer eins. Mit mehr Mut zum Erfolg Ananou aber schmorte 13 Spiele komplett auf der Bank und kam nur noch zu Kurzeinsätzen in den Partien in Darmstadt, Karlsruhe und bei Union Berlin. "Es ist immer schwierig, mit so einer Situation umzugehen. Als Fußballer willst du auf dem Platz stehen. Aber in diesem Geschäft ist auch Geduld gefragt. Du musst in jedem Training bereit sein, alles zu geben, und dann die Chance nutzen, wenn du sie bekommst", erklärt Ananou. Der gebürtige Münchener, der im Rheinland aufwuchs, arbeitete dabei in den vergangenen Monaten gezielt an seinen Schwächen. "Ich habe die Zeit genutzt, um mich noch besser an die Paderborner Spielweise anzupassen", sagt Ananou und präzisiert: "Es geht vor allem darum, mit mehr Mut zu agieren, was spielerische Lösungen und Vorstöße in die Offensive betrifft. Wenn du den Mut hast, dann kann es funktionieren." Das Resultat dieses Prozesses zeigte sich in den vergangenen beiden Spielen. Gerade im DFB-Pokal-Achtelfinale beim BVB legte Ananou am Dienstag immer wieder den Vorwärtsgang ein, ohne seine Defensivaufgaben zu vernachlässigen. So düpierte er gerade den Dortmunder Nationalspieler Nico Schulz ein ums andere Mal. "Es war sicher meine bislang beste Leistung im SCP-Trikot", urteilt Ananou, der in Paderborn einen Vertrag bis Juli 2022 erhalten hat. Eine quälend lange Leidenszeit "Ich bin dem Verein sehr dankbar. Nicht jeder Zweitligist hätte gesagt: Den holen wir", sagt der 23-Jährige angesichts seiner Vorgeschichte. Denn Ananou lernte auch schon die Schattenseiten des Profi-Daseins kennen. Ende 2018 kugelte er sich erstmals die rechte Schulter aus. Es folgte eine Operation, bei der allerdings nicht alle Schäden behoben wurden. Folge: Der Comeback-Versuch scheiterte, eine weitere OP folgte. Und aus vier Monaten Pause, die zunächst veranschlagt worden waren, wurde eine quälend lange Leidenszeit, die 400 Tage andauerte. So stand er erst am 25. Januar 2020 beim Drittligaspiel in Duisburg wieder für Ingolstadt auf dem grünen Rasen. "Es war ein nervenaufreibender Prozess, bei dem viel Geduld gefragt war. Zum Glück haben mir meine Freundin, meine Familie und mein gesamtes Umfeld sehr geholfen", sagt der Sohn eines aus Togo stammenden Diplomaten, der eine gewisse Zeit brauchte, um auch mental wieder bei 100 Prozent zu sein. Denn der Kopf musste erst einmal wieder mitspielen. Die Angst, sich erneut an der Schulter zu verletzten, ist aber längst verschwunden. Doch Ananou hat gelernt, wie schnell es im Fußball gehen kann. Und ihm ist klar, dass er seinen Startelfplatz auch fix wieder verlieren kann. "Es wird auch in Zukunft immer wieder Wechsel geben. Das gilt übrigens auch für die Linksverteidigerposition mit Jamilu Collins und Chima Okoroji", betont SCP-Coach Baumgart. Damit kommt Ananou auch gut klar. "Jojo und ich verstehen uns privat sehr gut. Es ist ein ein gesunder Konkurrenzkampf. Wir pushen uns gegenseitig und wissen beide, wie es im Fußball läuft", sagt der 23-Jährige mit Blick auf seinen direkten Konkurrenten, der eigentlich schon beim Pokalspiel in Dortmund wieder in der Startelf stehen sollte. Wiedersehen mit einem Kölner Kumpel Baumgarts Plan sah nämlich ursprünglich vor, Dörfler beim Zweitligaspiel in Hamburg nur eine Verschnaufpause zu gönnen, damit er gegen den BVB wieder Vollgas geben kann. Doch Ersatzmann Ananou machte seine Sache am vergangenen Samstag beim HSV so gut, dass er auch am Dienstag die vollen 120 Minuten absolvieren durfte. Und so kam der Ex-Ingolstädter innerhalb von vier Tagen auf mehr Einsatzzeit als zuvor in der gesamten Saison. Doch trotz dieser hohen Belastung fühlt sich Ananou topfit fürs Heidenheim-Spiel, in dem er sich auf das Wiedersehen mit einem alten Kumpel freut. Mit Heidenheims Stürmer Christian Kühlwetter kickte er einst in der Jugend des 1. FC Köln. "Der hat natürlich einen Lauf", sagt Ananou mit Blick auf seinen Ex-Teamkollegen, der schon zwölf Saisontreffer auf dem Konto hat. "Das wird ein schwieriges Spiel", ergänzt der SCP-Rechtsverteidiger. Doch am mangelnden Selbstbewusstsein sollte das Unternehmen Heimsieg nicht scheitern. "Ganz Fußball-Deutschland hat am Dienstag gesehen, dass wir uns vor keinem Gegner verstecken müssen", betont Frederic Ananou.

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