Der SC Paderborn zwischen Stolz, Ärger und Enttäuschung

Paderborn. Auch am Tag danach blickte Steffen Baumgart mit gemischten Gefühlen auf das DFB-Pokal-Achtelfinale seines Teams bei Borussia Dortmund. Zum einen waren da die Enttäuschung über die bittere 2:3-Niederlage nach Verlängerung sowie der Ärger über umstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen. Zum anderen war und ist der Cheftrainer des SC Paderborn mächtig stolz auf die grandiose Leistung, die seine Schützlinge an diesem denkwürdigen Dienstagabend gezeigt hatten. Und fast ganz Fußball-Deutschland diskutierte am Mittwoch über das schon jetzt legendäre ARD-Interview, in dem Baumgart kurz nach Spielschluss seinen Frust und sein Unverständnis über Referee Tobias Stieler zum Ausdruck gebracht hatte. Stieler hatte in der fünften Minute der Verlängerung den 3:2-Siegtreffer von BVB-Stürmerstar Erling Haaland gegeben, ohne sich die Szene noch einmal auf dem TV-Monitor anzuschauen. Eigentlich hatte Haaland beim Pass von Thomas Delaney im Abseits gestanden. Doch aus Stielers Sicht hatte SCP-Akteur Svante Ingelsson den Ball beim Versuch, den Pass zu unterbinden, berührt und somit das Abseits aufgehoben. Und der Video-Assistant-Referee konnte die Szene auch nach fast fünfminütiger Untersuchung nicht aufklären. Ein fälliger Elfmeterpfiff bleibt aus "Ich bleibe dabei: Svante hat den Ball nicht berührt", betont Baumgart, der die Diskussionen, dass Stieler letztlich regelkonform gehandelt habe, ein Stück weit amüsiert zur Kenntnis nimmt. "Ich habe bei solchen Sachen immer das Gefühl, dass man stets eine Erklärung findet, obwohl es keine Erklärung gibt", sagt der SCP-Coach, der sich nach Sichtung der TV-Bilder auch über eine Szene aus der 106. Minute aufregte. Da nämlich hatte BVB-Verteidiger Emre Can dem Paderborner Julian Justvan im Strafraum das Standbein weggetreten. Eigentlich ein klarer Foulelfmeter, doch Stielers Pfiff blieb aus. Und der Video-Assistant-Referee griff nicht ein. "Da stelle ich mir die Frage warum", so Baumgart. Bei all den Diskussionen über den Referee und Videobeweise ging die exzellente Leistung, die der krasse Außenseiter beim haushohen Favoriten gezeigt hatte, ein wenig unter. "Unsere Mannschaft hat einmal mehr beste Eigenwerbung betrieben und gegen einen im europäischen Maßstab großen Klub ihre fußballerischen und charakterlichen Qualitäten gezeigt", lobt SCP-Sportchef Fabian Wohlgemuth. "Das war halt SCP-like. Mit Vollgas und allem, was wir haben", kommentiert Steffen Baumgart die Darbietungen seiner Schützlinge, die dem BVB in diesem denkwürdigen Westfalenderby alles abverlangt hatten. Die Fitness scheint zu stimmen Dabei war es erstaunlich, dass der SCP in der Verlängerung noch mehr Sprit im Tank zu haben schien als der Erstligist. Dabei waren es die Paderborner, die bereits eine Englische Woche in den Beinen hatten. "Wenn man dann sieht, welches Tempo die Jungs gegangen sind, ist das ein Zeichen dafür, dass sie topfit sind", freut sich Baumgart. "Wir waren gefühlt fitter als die Dortmunder", sagt auch SCP-Kapitän Sebastian Schonlau. Trotz der strapaziösen 120 Pokalminuten ist der Innenverteidiger daher guter Dinge, dass sein Team an diesem Sonntag, 7. Februar, im Zweitliga-Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim (13.30 Uhr, Benteler-Arena) wieder Vollgas geben kann. "Wir sollten keine Probleme bekommen. Da liegen ja auch noch ein paar Tage zwischen", so Schonlau. Über die bewundernswerte Moral des SCP-Teams müssen ohnehin nicht mehr viele Worte verloren werden. "Es ist beeindruckend, wie wir nach dem frühen 0:2-Rückstand zurückgekommen sind. Wir haben schließlich gegen den BVB gespielt und nicht gegen irgendeine Humpeltruppe. Aber das zeichnet uns halt aus", sagt Paderborns Trainer. Der missglückte Start in die Partie ist letztlich aber auch das, was er seinen Schützlingen vorwerfen muss. "Wir sind in den ersten 20 Minuten nicht gut ins Spiel gekommen. Das ist uns nicht zum ersten Mal passiert", ärgert sich Baumgart. Die Anfangsphasen werden zum Problem Zunächst patzte sein Team bei einer Ecke, die Emre Can zum 1:0 (6.) nutzte. Dann legte Jadon Sancho gegen weit aufgerückte Gäste das 2:0 (16.) nach. Der SCP scheint zu oft eine gewisse Zeit zu brauchen, um auf Betriebstemperatur zu kommen. So haben die Paderborner in dieser Zweitliga-Saison in den jeweils ersten 15 Minuten der ersten und zweiten Hälfte satte 14 ihrer insgesamt 23 Gegentreffer kassiert. In den Schlussviertelstunden der beiden Halbzeiten waren es lediglich drei Gegentore, obwohl in diesen Phasen eigentlich mehr Treffer fallen. "Woran das genau liegt, kann ich auch nicht sagen, sonst hätte ich die passenden Lösungen. Aber das muss sich natürlich ändern", sagt Sebastian Schonlau mit Blick auf die wiederholt verschlafenen Anfangsphasen. "Dortmund hat allerdings auch eine ungeheure Qualität. Wenn die mit ihren Stürmern hinter die Kette kommen, sind sie nur schwer zu verteidigen", erklärt der SCP-Kapitän, der es am Dienstag mit Weltklasse-Stürmern wie Erling Haaland und Jadon Sancho zu tun bekam. "Gerade Haaland kommt mit einer ungeheuren Wucht auf dich zu. Er ist riesig und extrem schnell. Aber es hat trotzdem unheimlich viel Spaß gemacht. Wer will sich nicht mit den Besten messen", sagt Schonlau. Ein Joker beweist Eier "Haaland ist schon beeindruckend und absolute Extraklasse", schwärmt Steffen Baumgart. Paderborns Trainer hat aber auch ein Sonderlob für einige seiner Schützlinge parat. Beispielsweise für Christopher Antwi-Adjei. Der SCP-Flügelstürmer bot unweit seiner Heimatstadt Hagen seine mit Abstand beste Saisonleistung und scheint sein Formtief endgültig überwunden zu haben. Auch Rechtsverteidiger Frederic Ananou, der erneut den Vorzug gegenüber Johannes Dörfler erhalten hatte, trumpfte auf und ließ den Dortmunder Nico Schulz das ein ums andere Mal ziemlich schlecht aussehen. Und dann war da noch SCP-Stürmer Prince Owusu. Paderborns Joker vom Dienst kam in der 88. Minute in die Partie und schnappte sich in der Nachspielzeit den Ball, um in buchstäblich letzter Sekunde den Foulelfmeter zum 2:2 zu verwandeln. Und dies tat der 24-Jährige, der von vielen SCP-Fans schon als Chancentod verunglimpft wurde, in eiskalter Manier. "Prince hat gezeigt, dass er Eier hat. Er ist ein richtig guter Junge. Ich bin froh, dass er das Tor gemacht hat", betont SCP-Coach Baumgart. Owusu hätte durchaus einen Doppelpack schnüren können, wenn es in der 106. Minute den fälligen Elfmeter gegeben hätte. Doch Schiedsrichter Tobias Stieler und der Video-Assistant-Referee hatten etwas dagegen. Sehr zum Ärger von Steffen Baumgart.

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