Paderborns Sportchef erwartet ein Geduldsspiel auf dem Transfermarkt

Paderborn. Seit dem 20. April ist Fabian Wohlgemuth der neue Sport-Geschäftsführer des SC Paderborn. Auf den gebürtigen Berliner wartet nun eine schwierige Aufgabe. Es gilt, in Corona-Krisenzeiten einen schlagkräftigen Zweitliga-Kader auf die Beine zu stellen. NW-Redakteur Frank Beineke sprach mit dem 41-jährigen SCP-Sportchef über die aktuellen Personalplanungen, die Lage auf dem Transfermarkt, Corona-Klauseln sowie über Chancen und Risiken für den SC Paderborn. Herr Wohlgemuth, das Transferfenster schließt diesmal erst am 5. Oktober. Wie bewerten Sie die derzeitige Lage auf dem Transfermarkt und welche Entwicklung erwarten Sie?Fabian Wohlgemuth: Soviel lässt sich jetzt schon sagen. Wir werden Geduld und einen langen Atem benötigen. Der Markt unterliegt derzeit einer deutlich spürbaren Trägheit. Fast überall wird sondiert, ohne letztlich aktiv ins Transfergeschehen einzugreifen. Jeder ist im Moment eher zuerst bei sich selbst. Niemand geht derzeit ins Risiko. Insofern sind Leihgeschäfte momentan die gefragteste Option. Zum Ende hin ist jedoch zu erwarten, dass noch einmal deutlich Dynamik in den Markt kommt, wenngleich davon ausgegangen werden kann, dass im Grunde alle Klubs ihre Kader numerisch reduzieren werden. Wo könnten Chancen und Risiken für den SC Paderborn liegen?Wohlgemuth: Wir müssen klar sein in unserer Strategie und dafür intern die wesentlichen Voraussetzungen schaffen. Ausgehend von einer von allen Beteiligten verstandenen Spielidee, müssen wir konsequent die passenden Spieler in den Fokus nehmen, früh dran sein. Paderborn stand in den vergangenen Jahren für Glaubwürdigkeit. Ein konsequenter Spielstil, die individuelle Weiterentwicklung vieler Spieler auch aus unteren Spielkassen sind hier nur zwei Aspekte. Dies könnte zum Vorteil werden, wenn es nicht allein nur um Geld, sondern auch um Inhalte geht. Intern benötigen wir kurze Entscheidungswege, um im Zweifelsfall unmittelbar handlungsfähig zu sein. Andererseits geht es auch um Geduld. Torschlusspanik darf uns nicht leiten. Manche sehr wichtige Verträge werden ganz am Ende der Transferperiode geschlossen. Wenn wir hier die richtige Mischung finden, kann das durchaus zu unserer Chance werden. "Alle Klubs müssen Abstriche machen" Wie ist es derzeit um die Handlungsspielräume des SCP bestellt? Sollten oder müssen erst Spieler abgegeben werden, um Neuzugänge zu verpflichten? Und wie schwierig ist der Spagat zwischen Sparen und der Sicherstellung der notwendigen sportlichen Qualität?Wohlgemuth: Dieser Spagat ist sicherlich die größte Herausforderung und gleichzeitig der anspruchsvollste Teil der Arbeit. Durch Corona sind unsere Handlungsmöglichkeiten schon deutlich eingeschränkt und es ist ein ständiges Abwägen zwischen Investieren und Konsolidieren. Allerdings befinden wir uns in dieser Gemengelage in bester Gesellschaft. Fast alle Klubs sind gezwungen, Abstriche zu machen. Aber natürlich haben wir das Ziel, einen qualitativ hochwertigen Kader aufzubauen. Dabei werden wir immer den Einzelfall betrachten und dann zu einer Entscheidung kommen. Kann auch Abwarten diesmal eine vielversprechende Devise sein? Erwarten Sie beispielsweise, dass viele Spieler vor Saisonbeginn noch ohne Vertrag dastehen werden?Wohlgemuth: Wie schon erwähnt, es wird diesmal noch wichtiger sein, den Dingen Zeit zu geben und auch darauf zu setzen, dass zum Ende der Transferperiode einige Bewegung in den Markt kommt. Wir rechnen eher mit einer zum Ende der Transferperiode aufkommenden Geschäftstätigkeit, als mit der Möglichkeit, dass sich Vereine frühzeitig klar positionieren und ihren finalen Kader binnen kurzer Frist beisammenhaben. Auch vor dem Hintergrund, dass die Vereine versuchen, ihre Kader zu verkleinern, ist davon auszugehen, dass Spieler auf der Strecke bleiben und den Markt zum Ende hin bereichern. "Wir haben nichts zu verschenken" Stand jetzt stehen 28 Spieler im Paderborner Profikader. Allerdings sind einzelne Positionen ausgesprochen dünn besetzt, gerade in der Außenverteidigung. Haben diese Positionen somit erst einmal oberste Priorität? Und welche Kadergröße wird in etwa angestrebt?Wohlgemuth: Wir gehen selbstverständlich prioritär vor und haben zunächst diejenigen Positionen im Auge, die entweder numerisch oder aber qualitativ schwach besetzt sind. Die Außenverteidiger-Position fällt darunter. Allerdings ist die Marktbeobachtung keine Angelegenheit der Transferperiode allein, sondern findet ununterbrochen statt. Dabei schauen wir stets nach Spielern mit Entwicklungspotenzial. Grundsätzlich ist es unsere Strategie, unseren Kader kompakter aufzustellen, ohne uns dabei final auf eine Spielerstärke festlegen zu wollen. Gab beziehungsweise gibt es konkrete Angebote für Leistungsträger wie Vasiliadis, Collins, Antwi-Adjei oder Pröger? Zu welchen Bedingungen würden Sie diese Spieler abgeben?Wohlgemuth: Wie gesagt, der Markt ist aktuell noch sehr ruhig. Natürlich merken wir, dass sich andere Vereine mit unseren Spielern beschäftigen. Derzeit jedoch liegen uns für die Genannten keine konkreten Anfragen vor. Wir wollen den Kader weiterentwickeln. Unter Umständen kann das auch heißen, dass wir manchmal einen Schritt zurück müssen, um künftig zwei nach vorn machen zu können. Am Ende muss es für alle Seiten akzeptabel sein. Wir haben nichts zu verschenken und sind immer zuerst dem Wohl des SC Paderborn verpflichtet. Niemand ist jedoch unverkäuflich. Die Abwägung zwischen sportlicher Bedeutung und wirtschaftlichem Gegenwert gibt den Ausschlag. "Wir respektieren bestehende Verträge" Marcel Hilßner, der zuletzt an Halle ausgeliehen war, ist nach Coventry gewechselt. Was ist mit Johannes Dörfler, Felix Drinkuth und Sergio Gucciardo, die als Leihspieler eine durchwachsene Saison gespielt haben und nun ebenfalls zum SCP zurückgekehrt sind? Wurde ihnen signalisiert, dass sie sich einen neuen Klub suchen sollen? Oder werden sie beim Trainingsstart am 3. August dabei sein, falls sie bis dahin keinen anderen Verein gefunden haben?Wohlgemuth: Wir werden bestehende Verträge respektieren. Da, wo sportliche Entwicklungsmöglichkeiten für den einzelnen Spieler infrage stehen, versuchen wir natürlich schon, ins Gespräch zu kommen. Unabhängig davon, dass genannte Spieler zunächst keinen einfachen Stand haben werden, suchen wir gemeinsam nach Lösungen und sind optimistisch, diese auch zu finden. Im Übrigen kenne ich keinen Spieler, der sich auf seinem Vertrag ausruhen möchte. Alle wollen Spielpraxis und die Chance zur persönlichen Weiterentwicklung. Was uns in jedem Einzelfall gelingt, müssen wir natürlich abwarten. Ist das Kapitel SCP für die Leihspieler, die zuletzt für Paderborn gespielt haben, endgültig beendet? Oder gibt es beispielsweise bei Laurent Jans doch noch die Option auf einen Verbleib?Wohlgemuth: Kein Fall ist ganz abgeschlossen. Natürlich müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Die ursprünglichen Kaufoptionen waren für uns nicht umsetzbar. Wird es für Neuzugänge und für Spieler, die bereits beim SCP unter Vertrag stehen, &bdquo;Corona-Klauseln" mit Gehaltsreduzierungen geben, für den Fall, dass es wieder zu einer Zwangspause im Ligabetrieb kommen sollte?Wohlgemuth: Wir haben uns intensiv und kreativ mit diesen Fragen beschäftigt und in der Vertragsgestaltung diverse Lösungen erarbeitet. Da hier jedoch stets zwei Parteien zu Tische sitzen, ist Überzeugungsarbeit gefragt. Wir merken jedoch, dass dieses Thema bei den Spielern und Beratern sehr präsent und großes Verständnis dafür vorhanden ist.

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