Arminia Bielefeld gegen Preußen Münster – das erste Fußballspiel mit Radio-Übertragung

Bielefeld. Zum ersten Mal seit 1980 treffen Arminia Bielefeld und Preußen Münster am Sonntag, 30. November 2025 (13.30 Uhr, Schüco-Arena), in einem Zweitligaduell aufeinander. Wie inzwischen üblich wird über das Spiel in Bild und Ton live und im Nachhinein berichtet. Die Historie des Duells reicht aber in eine Zeit zurück, in der dies außergewöhnlich war. Die Vereine spielten vor 100 Jahren bei einem historischen Ereignis gegeneinander. Historiker Joachim Wibbing blickt zurück. Dieser Text ist im Januar 2024 erstmals erschienen. Die Redaktion hat sich angesichts des 100-jährigen Jubiläums der Übertragung und dem anstehenden Zweitligaduell zwischen Arminia Bielefeld und Preußen Münster entschieden, die Geschichte erneut zu veröffentlichen. Am Allerheiligentag des Jahres 1925, dem 1. November, trafen um &bdquo;2.45 Uhr“ die westfälischen Fußballvereine Preußen Münster und Arminia Bielefeld auf dem &bdquo;Preußen-Platz“ an der Hammer Straße aufeinander – im Rahmen der deutschen Fußballmeisterschaft. Diese Begegnung, auch als das &bdquo;Rundfunkspiel“ bezeichnet, sollte in die Geschichte eingehen: nicht weil ein spezieller Titel zu vergeben war oder weil es eine herausragende Spielszene gab, sondern weil erstmals ein Fußballspiel im Radio live übertragen wurde. Nur wenige Empfangsgeräte in Bielefeld Der Rundfunk in Deutschland hatte am 29. Oktober 1923 die regelmäßigen Sendungen aufgenommen. Gab es damals nur einige wenige Hundert Empfangsgeräte, wurden zwei Jahre später bereits gut eine halbe Million Radioempfänger in Deutschland registriert. Nach Angaben des WDR waren 1924 in Westfalen erst 14.000 Empfangsgeräte angemeldet. Insofern war der Hörerkreis für das &bdquo;Rundfunkspiel“ überschaubar. In Bielefeld konnte man allerdings einer Rundfunksendung auch in einem &bdquo;Radio-Café“ lauschen. Direkt vor Ort in der Provinzialhauptstadt konnten die Spielausrichter gut 3.000 Zuschauer begrüßen. OWL-Crime – mit Podcast: Wie Arminia Bielefeld zum Hauptakteur im Bundesliga-Skandal wurde Kabel von der Kuhwiese bis zum Funkhaus Die Übertragung des Oberliga-Spiels zwischen Preußen Münster und Arminia Bielefeld wurde von dem damals 26-jährigen promovierten Staatswissenschaftler Bernhard Ernst (1899-1957) akribisch vorbereitet: Im Vorfeld wurden zusätzliche Kabel vom Stadion – einer früheren Kuhwiese an der Hammer Straße – heraus in Richtung Funkhaus verlegt, das seinen Standort auf dem Gelände eines Elektrizitätswerkes am Albersloher Weg hatte. Das Funkhaus Münster sendete auf der &bdquo;Mittelwelle 410“. Eine Generalprobe ließ der Kommentator durchführen. Reporterkabinen kannte man damals noch nicht. Zur technischen Ausrüstung kündigte die &bdquo;Westfälische Zeitung“ am 26. Oktober 1925 an: &bdquo;Man wird vermittels zweier Mikrophons (eins hinter einem Tor, eins vor der Hauptzuschauerseite) das Meisterschaftsspiel Preußen – Arminia Bielefeld auf dem Preußen-Platz in Münster auffangen.“ Bernhard Ernst hatte ein Mikrofon in einem Hockey-Tor positioniert, das sich wiederum hinter dem einen Fußball-Tor befand. Postbeamter lässt Übertragung fast ins Wasser fallen Um ein Haar wäre aber alles ins Wasser gefallen: Als das Spiel angepfiffen worden war und die ersten Sätze über den Äther gehen sollten, blieb alles stumm. Ein &bdquo;wohl übereifriger Postbeamter“ hatte kurz zuvor die gerade erst aufwendig verlegten Kabel durcheinandergebracht. Bernhard Ernst improvisierte und kommentierte über ein Telefon. Dadurch war die Tonqualität schlechter als geplant. Diese Anfangsprobleme sprach die &bdquo;Westfälische Zeitung“ in ihrem Bericht vom 2. November ungeschminkt an: &bdquo;Es war nur ein Schwirren und Aechzen zu hören.“ Weiter hieß es: &bdquo;Die technische Sensation ist, wenn auch nicht als gelungener, so doch als ermunternder Versuch anzusprechen“. Ernst erinnerte sich später an diesen Tag so: &bdquo;Also begann ich mit einiger Verspätung, dazu mit einem sehr merkwürdigen Gefühl und mit aus technischen Gründen gebotener, ungewohnter Stimmstärke meinen ersten Fußballbericht.“ Die &bdquo;Allgemeine Zeitung für Westfalen“ kam in ihrer Berichterstattung vom 2. November zu einer eigentlich positiven Bewertung: &bdquo;Der Rundfunk in Münster machte den Versuch, ein Fußballspiel direkt vom Sportplatz aus zu übertragen. Da es sich lediglich um einen Versuch handelt, kann man natürlich nichts Vollkommenes verlangen.“ Der Bericht schließt versöhnlich: &bdquo;Man kann nur hoffen, daß es nicht beim ersten Versuch bleibt.“ Erst Münster, dann Bielefeld: &bdquo;Jonny“ Grodowski vor einem doppelt besonderen Spiel Arminia-Sturm erntet Lob in der Presse Die &bdquo;Westfälische Zeitung“ kommentierte am folgenden Tag: &bdquo;Die Spieler selbst machten aus diesem amtlichen Punktetreffen eine sportliche Propaganda. Nicht allein, daß man hüben wie drüben zu achtbaren Leistungen auflief, sondern auch jeder einzelne Spieler bot alle Vorsicht auf, um den Kampf in dem ansprechenden Rahmen strenger Ritterlichkeit zu halten.“ Der Redakteur zeigte sich jedoch von der Leistungsstärke der Arminen beeindruckt: &bdquo;Das Resultat stellt eine spielerische Ueberraschung dar. Wer hätte dem Arminensturm mit zwei Ersatzleuten auf seinem linken Flügel eine derartige Forsche zugetraut, zumal die einheimische Verteidigung einen guten Namen hat?“ Die Sturmstärke der Ostwestfalen hielt auch nach dem &bdquo;Halbzeittee“ an: &bdquo;Die Angriffe der Arminen waren von längerer Dauer und größerer Forschheit als die ihres Partners, die zusammen meist an dem Bielefelder Mitteltrio ein vorzeitiges Ende fanden. Zwei Treffer waren, gemessen an der Zahl günstiger Gelegenheiten, ein minimaler Niederschlag einer offensichtlichen Ueberlegenheit. Auch die Preußen kamen des Öfteren in die Gefahrzone ihres Gegners, doch erreichten sie gegen Schultes Fangkunst und Höners verblüffender Ruhe nichts.“ Die OWL-Fußballer erhielten durchweg gute Noten: &bdquo;Die Arminen in der Abwehr äußerst sicher, in der Läuferreihe zäh und vielseitig, im Sturm flüssig und forsch.“ Die Preußen hatten keinen guten Tag erwischt: &bdquo;Münster in der Verteidigung nicht auf gewohnter Höhe, in der Läuferreihe zu defensiv, im Sturm müde und unentschlossen.“ Wegen &bdquo;strenger Ritterlichkeit“ hatte der Schiedsrichter &bdquo;leichte Arbeit, derer er sich mit Umsicht und Geschick entledigte.“ Arminia steht an der Tabellenspitze Nach dem &bdquo;Rundfunkspiel“ verzeichnete die Tabelle Arminia Bielefeld als Spitzenreiter mit 71:14 Toren und 35 Punkten. Preußen Münster rangierte auf dem siebten Platz mit 54:57 Toren und 23 Punkten. Immer noch verbreitet Fußball im Radio eine Faszination – manche Fans schauen ein Spiel im Fernsehen an, schalten dort den Ton ab und den vom Rundfunk dazu an. Der Reporter Bernhard Ernst, der &bdquo;Rundfunkspiel-Sportkommentator“, war 1922 an der Universität Münster zum Thema &bdquo;Sportpresse und Sportberichterstattung mit besonderer Berücksichtigung Westdeutschlands“ promoviert worden. Münster war aufgrund der Besetzung des Rheinlandes nach dem Ersten Weltkrieg als provisorischer Standort für einen Radiosender ausgewählt worden, der am 10. Oktober 1924 auf Sendung ging. Reporter kommentierte auch das &bdquo;Wunder von Bern“ Ernst hatte sich im Frühjahr 1925 diesem, der &bdquo;Westdeutschen Funkstunde“ angeschlossen. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war er zudem für das Fernsehen tätig und kommentierte unter anderem die Fernsehübertragung des Fußball-WM-Finalspiels 1954 zwischen Deutschland und Ungarn, das sogenannte &bdquo;Wunder von Bern“. Diese Sendung wurde nicht archiviert. Heute ist lediglich der Live-Kommentar des Rundfunkreporters Herbert Zimmermann in Erinnerung, weil es damals weit mehr Radio- als Fernsehempfänger gab. Nach dem &bdquo;Rundfunkspiel“ verzeichnete die Tabelle Arminia Bielefeld als Spitzenreiter mit 71:14 Toren und 35 Punkten. Preußen Münster rangierte auf dem siebten Platz mit 54:57 Toren und 23 Punkten. Immer noch verbreitet Fußball im Radio eine Faszination – manche Fans schauen ein Spiel im Fernsehen an, schalten dort den Ton ab und den vom Rundfunk dazu an.

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