Protest in Leipzig

„Der Fußball ist sicher“: Ultras von Arminia und Paderborn nehmen an Großdemo teil

Die Politik plant härtere Regeln für Fußballfans. Fanszenen aus ganz Deutschland kritisieren das und organisieren eine Demonstration. Das sind die Streitpunkte.

Fans von Arminia Bielefeld stehen im Gästeblock in Hannover. | © picture alliance/dpa

Jan Dresing
14.11.2025 | 14.11.2025, 17:00

Bielefeld. Es ist ihre Antwort auf die Forderungen aus der Politik: Das Netzwerk „Fanszenen Deutschland“ ruft unter dem Motto „Der Fußball ist sicher! Schluss mit Populismus – Ja zur Fankultur!“ zu einer großen Demonstration in Leipzig auf.

Es ist ein gemeinsamer Protest von Fans und Ultras verschiedener Fußballvereine aus dem gesamten Bundesgebiet. Damit wollen die Anhänger gegen die aus ihrer Sicht überzogenen Sicherheitsmaßnahmen protestieren, die im Vorfeld der anstehenden Innenministerkonferenz (3. bis 5. Dezember in Bremen) öffentlich wurden.

Inzwischen haben mehr als 50 Ultragruppen einen Aufruf verbreitet, am Sonntag nach Leipzig zu fahren. Auch Fangruppen von Arminia Bielefeld und dem SC Paderborn beteiligen sich auf ihren Internetauftritten. Wie die Stadt Leipzig berichtet, haben die Organisatoren 1.500 Personen angemeldet. Die tatsächliche Zahl dürfte am Ende deutlich höher liegen. Die „Leipziger Volkszeitung“ geht sogar von mehr als 10.000 Teilnehmern aus.

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Warum die Fans in Leipzig demonstrieren

Die Demo ist der nächste Schritt der Proteste, die schon am vergangenen Spieltag mittels Spruchbändern in den Fankurven begannen. Ein Jahr nach dem Sicherheitsgipfel von Innenpolitik, DFB und DFL nimmt die Diskussion um strengere Maßnahmen in deutschen Fußballstadien Fahrt auf. Hintergrund ist der Druck der Politik, „konsequente und wirkungsvolle“ Sicherheitsvorkehrungen umzusetzen.

Mehr zum Thema: Weniger Verletzte in deutschen Stadien – trotzdem härtere Regeln für Fußballfans gefordert

Während staatliche Stellen härtere Maßnahmen fordern, mahnen Faninitiativen zur Mäßigung – und verweisen auf den jüngst veröffentlichten Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der nordrhein-westfälischen Polizei. So gab es bei den wichtigsten Parametern – verletzte Personen, Strafverfahren und Polizei-Arbeitsstunden – jeweils einen Rückgang der Zahlen, obwohl mehr Zuschauer in die Stadien geströmt waren als in der Saison davor.

Dennoch diskutierten Vertreter von Politik, Polizei, DFB, Deutscher Fußball Liga (DFL) und der Koordinationsstelle Fanprojekte infolge des Sicherheitsgipfels in den vergangenen Monaten in einer Arbeitsgruppe das Thema Stadionsicherheit. Nun sind erste Ergebnisse der sogenannten „Bund-Länder-offene-Arbeitsgruppe (BLoAG)“ bekannt geworden.

Um diese Streitpunktepunkte geht es

Stadionverbote

Zentraler Streitpunkt ist die Verschärfung von Stadionverboten. Künftig soll ein Stadionverbot automatisch verhängt werden, sobald ein Ermittlungsverfahren gegen eine Person eingeleitet wird – unabhängig vom weiteren Ausgang des Verfahrens. Damit würde der bisherige Ermessensspielraum der Vereine entfallen. Der Dachverband der Fanhilfen warnt vor einem „Gießkannenprinzip“, bei dem auch Unschuldige betroffen wären. Politik und Polizei versprechen sich davon mehr Konsequenz.

Parallel soll eine neue, übergeordnete Stadionverbotskommission beim DFB entstehen, die eingreifen kann, wenn Klubs zu milde vorgehen. Gleichzeitig sollen die lokalen Kommissionen erhalten bleiben – ein Kompromiss, der auf Forderungen der Fanvertreter zurückgeht.

Die Fanszene von Arminia Bielefeld zeigt ein Spruchband zum Thema Stadionverbote. - © Friso Gentsch/dpa
Die Fanszene von Arminia Bielefeld zeigt ein Spruchband zum Thema Stadionverbote. | © Friso Gentsch/dpa

Personalisierte Tickets

Ein weiterer Konfliktpunkt betrifft personalisierte Tickets. Die Politik, insbesondere Niedersachsen, drängt auf eine flächendeckende Einführung, um Gewalttäter leichter identifizieren zu können. Fanvertreter sehen darin reine Symbolpolitik ohne Sicherheitsgewinn.

In der BLoAG wurde nach Angaben des DFB zudem das Reduzieren beziehungsweise Streichen von Kartenkontingenten für Gästefans gefordert. Auch sei thematisiert worden, dass von den Behörden Sicherheitskonzepte der Vereine nicht mehr genehmigt werden. Spiele könnten dann nicht stattfinden.

Pyrotechnik

Auch das Thema Pyrotechnik bleibt umstritten: Die Politik erwartet ein strikteres Vorgehen und eine „Null-Toleranz-Strategie“. DFB und DFL betonen dagegen den Vorrang individueller Sanktionen statt kollektiver Strafen wie Blocksperren.

So reagieren die Fans auf die Maßnahmen

Die Maßnahmen treffen auf breite Ablehnung bei den deutschen Fanszenen. „Mit großer Sorge betrachten wir, die bundesweiten Fan-Netzwerke, den von Ihnen eingeleiteten Arbeitsprozess ‚Bund-Länder-offene-Arbeitsgruppe (BLoAG)‘, der zu neuen, weitreichenden Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf Fußballspiele führen soll. Die bisher bekannten Vorschläge und Maßnahmen lehnen wir entschieden ab“, heißt es in einem Brief, der an die Innenministerinnen, Innenminister, Senatorinnen und Senatoren der Länder adressiert ist.

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Die Anhänger kritisierten, dass sie in die Diskussionen nicht eingebunden gewesen seien. Zudem forderten sie mehr Transparenz, einen offenen Dialog zur Sicherheitslage, und von weiteren Beschlüssen auf der kommenden Innenministerkonferenz Anfang Dezember abzusehen.

Der Dachverband der Fanhilfen warnte jüngst vor der Umsetzung drastischer Schritte. „Die im Raum stehenden Maßnahmen sind so weitreichend, dass sie der Sargnagel für die Fankultur in den Stadien wären“, sagte Vorstandsmitglied Lisa Röttig in einer Pressemitteilung. Seit den Beschlüssen auf dem „Sicherheitsgipfel“ von Politik und Verbänden im Vorjahr habe man „kein einziges stichhaltiges Argument gehört, warum es notwendig sein soll, personalisierte Eintrittskarten, eine zentrale Stadionverbotsvergabe samt neuer Stadionverbotsrichtlinie oder Gesichtsscanner an den Stadiontoren einzuführen.“

Bereits 2010 bundesweite Fandemo in Berlin

Fast genau vor 15 Jahren gab es bereits eine bundesweite Fandemonstration. Damals, im Oktober 2010, kamen in Berlin rund 50 Gruppen aus allen Teilen des Landes in der Hauptstadt zusammen, um „Für den Erhalt der Fankultur“ zu demonstrieren.

Mehrere Tausend Menschen protestierten unter anderem für mehr Mitspracherecht von Fans, für fanfreundlichere Anstoßzeiten und gegen polizeiliche Willkür. Die Demonstration im Oktober 2010 verlief trotz der Rivalitäten friedlich.