2. Bundesliga Arminia Bielefeld: Die Lehren eines problematischen Halbjahres

Bielefeld. Die Adventszeit ist seit jeher eine Zeit der Rückbesinnung. Bei Arminia Bielefeld dürfte sie in diesem Jahr deutlich ungemütlicher ausfallen. Die Verantwortlichen beim DSC müssen eine komplizierte und in vielen Bereichen nicht zufriedenstellende Halbserie aufarbeiten. "Dass Arminia Bielefeld sich etwas anderes vorstellt als 17 Punkte, ist klar. Jeder, der es mit dem Verein hält, hat andere Erwartungen", resümierte Trainer Daniel Scherning. Nach einem "sehr, sehr schlechten Start" sei es wichtig gewesen, zum Ende der Halbserie dennoch in Schlagdistanz zu Platz neun zu sein. Trotz des starken Schlussspurts seiner Mannschaft stellte Scherning aber klar: "Wir haben eine sehr intensive Rückrunde vor uns, in der wir um den Klassenerhalt kämpfen werden – nur darum geht es im nächsten Jahr." Bis dahin gelte es an den verbleibenden Trainingstagen dieses Jahres sowie während der im Januar anstehenden Vorbereitung hart zu arbeiten. "Ich bin froh, dass ich Zeit mit der Mannschaft habe, weil ich im Sommer keine Vorbereitung hatte", erklärte Scherning. Die lange Pause wolle man zudem nutzen, um die zurückliegenden Monate ausführlich zu analysieren. Baustellen waren bei den Ostwestfalen in dieser Zeit mehr als genug erkennbar. Zu wenig zweite Liga im Arminia-Kader "Das ist nicht mein Fußball", sagte Gonzalo Castro kürzlich in einem Interview zur Frage, warum er lieber die Karriere beendete, als etwa mit Arminia in die 2. Bundesliga zu gehen. Damit umschrieb er unfreiwillig passend ein Problem des DSC: Legten die Gegner höchste Zweitliga-Intensität an den Tag, wackelten die Bielefelder bedenklich. Sandhausen, Rostock, Nürnberg, Karlsruhe: Die Konkurrenz aus der Abstiegszone tat mit Arminia, was im Duden unter "den Schneid abkaufen" definiert ist. Viel zu oft zeigte sich so schon in der Startphase, welchen Verlauf das Spiel nimmt – meistens zum Nachteil der Blauen. Jene, die die Tücken der zweiten Liga kennen sollten, konnten an diesen Tagen aus verschiedensten Gründen vielfach nicht dagegenhalten. Die Achse von potenziellen Führungsspielern war schwach, die Individualisten defensiv überfordert und am Ball so selten in Aktion, dass sie jegliches Selbstverständnis verloren. Fehlende "Basics" wurden zum geflügelten Begriff, und es stimmte ja: Erreichte Arminia nicht ein bestimmtes Basislevel, blieben die Stärken des Kaders gleich ganz unsichtbar. In Paderborn, Hannover, gegen Kaiserslautern sowie abschnittsweise gegen Braunschweig und Kiel zeigte der DSC, dass er doch dominieren kann. Das war aber viel zu selten für eine so ambitionierte Mannschaft. Wo der Zusammenhalt endet Die Beziehung zwischen Arminia Bielefelds Mannschaft und ihren Fans wurde in den vergangenen Monaten mehrfach intensiv auf die Probe gestellt. Um dies zu erklären, muss weiter ausgeholt werden: Für kaum einen anderen deutschen Verein kam die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 mit ihren Zuschauereinschränkungen zu einem derart ungünstigen Zeitpunkt. Die DSC-Fans wurden mitten im Aufstiegsjahr aus dem Stadion verbannt, erlebten auch den Erstliga-Klassenerhalt nur vor dem Bildschirm – und just als sie in voller Stärke zurückkommen durften, begann die schlimme Talfahrt. Zur aktuellen Saison: Nach vier Niederlagen gab es erste "Forte raus"-Rufe und Pfiffe. Als es unter Daniel Scherning nicht nachhaltig besser wurde, folgten erst Diskussionen am Zaun und vehemente Unmutsbekundungen (Nürnberg, Düsseldorf, Karlsruhe), beim 0:6-Pokaldebakel in Stuttgart verließen die Fans dann als nächste visuelle Ohrfeige kommentarlos den Gästeblock. Was die aktive Szene in der Folge auch bei besseren Auftritten (Hannover, Kaiserslautern) beibehielt und in der Mannschaft sehr wohl wahrgenommen wurde. Selbst nach dem Doppelerfolg zum Jahresende verlief das gegenseitige Feiern deshalb verhalten – die Spieler blieben sichtbar auf Abstand zur Südtribüne. Was ebenso erwähnt werden sollte: Klar vernehmbare Rufe gegen Scherning als auch gegen den oft kritisierten Sport-Geschäftsführer Samir Arabi, die in der Regel einem finalen Vertrauensentzug des Publikums gleichkommen, gab es in der gesamten Hinrunde keine. Falscher Mann zur falschen Zeit Es ist nur zu vermuten, dass im Lager des DSC dieser Wochen die eine oder andere hypothetische Frage gestellt wird. Wie wäre die Hinrunde wohl verlaufen, wenn Daniel Scherning – oder ein anderer Trainer – eine gesamte Vorbereitung hätte absolvieren dürfen? Die Verpflichtung von Uli Forte im Juni war ein Wagnis, Forte selbst für ostwestfälische Verhältnisse ein Exot. Ja, eine ähnliche Konstellation funktionierte mit Jeff Saibene vor einigen Jahren mal unter viel größerem Zeitdruck. Doch mit dem sechssprachigen Kommunikator Forte gelang die Wiederholung nicht. Weil er sein Team nach der Vorbereitung weiter in der Entwicklung wähnte und mit einer unausgewogen zusammengestellten Mannschaft an der harten Zweitliga-Realität scheiterte. Weil er harte Trainingsschwerpunkte setzte, unter denen seine Mannschaft zuweilen noch im Pflichtspiel ächzte. Und weil ihm an allen Ecken und Enden Vertrauenspersonen im Klub fehlten. Nach nur vier Spieltagen die Reißleine zu ziehen, war das glasklare Eingeständnis eines Fehlers.

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