Tumorvorsorge: DSC-Arzt rät Profis von Arminia Bielefeld zum Selbstabtasten

Bielefeld. Diese Nachricht hat viele Fußballfans schockiert: BVB-Neuzugang Sébastien Haller ist an Hodenkrebs erkrankt. Im Schweizer Trainingslager der Dortmunder hatte der Stürmer erst über Unwohlsein geklagt, bei anschließenden medizinischen Untersuchungen wurde dann ein Tumor im Testikel entdeckt. Dieser stellte sich als bösartig heraus. Nun muss sich der 28-jährige Ivorer einer Chemotherapie unterziehen. Neben Timo Baumgartl (Union Berlin) und Marco Richter (Hertha BSC) ist Haller bereits der dritte Bundesliga-Profi in diesem Jahr mit der Diagnose Hodenkrebs. Ob Fußballer anfälliger für diese Krebsform sind und was Vereine wie Arminia für die Krebsvorsorge ihrer Spieler tun, haben wir DSC-Mannschaftsarzt Tim Niedergassel gefragt. Rund 4.200 Hodenkrebsfälle pro Jahr "Hodenkrebs ist keine häufigere Erkrankung bei Fußballern", kann der Internist beruhigen, der seit 2015 einer der drei Teamärzte bei Arminia Bielefeld ist. So ist die Erkrankung nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft mit einem Anteil von 1,6 Prozent aller Krebsneuerkrankungen eine eher seltene Tumorform. Rund 4.200 zumeist jüngere Männer (Durchschnittsalter: 38 Jahre) bekommen in Deutschland pro Jahr diese Diagnose mitgeteilt. Die Ursachen sind aber noch weitgehend unbekannt. Da der Krebs häufig in einem relativ frühen Stadium entdeckt wird, sind die Heilungschancen sehr hoch. Dass diese Tumore bei Leistungssportlern statistisch gesehen besonders früh auffallen, liegt an der umfassenden medizinischen Betreuung der Profis. Das bestätigt auch Arminia-Arzt Niedergassel. Keine Krebsvorsorge in Sporttauglichkeitsuntersuchung Allerdings: Eine spezielle Krebsvorsorge, insbesondere eine urologische Untersuchung, sieht der in den Statuten vorgeschriebene jährliche Medizincheck im deutschen Profifußball nicht vor. "Es wird eine allgemeinmedizinisch-internistische Diagnostik, eine orthopädisch-unfallchirurgische sowie eine kardiologische Diagnostik verlangt", erläutert der Facharzt für Innere Medizin. In der Lizenzierungsordnung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) heißt es dazu, dass die Sporttauglichkeit sämtlicher Spieler auf der Spielberechtigungsliste zu Saisonbeginn und bei Transfers innerhalb der Spielzeit "nach einer vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchung auf orthopädischem und kardiologisch-internistischem Gebiet nachzuweisen" ist. Bei Arminia ist dieser Medizincheck für das Innere laut Niedergassel ausgeweitet. "Es ist nicht nur eine rein körperliche Untersuchung, sondern zusätzlich wird eine Ultraschall-Untersuchung des Bauchraums, der Nieren, der ableitenden Harnwege - unter anderem der Prostata - der Schilddrüse sowie der Halsschlagader gemacht. Auch die Lungenfunktion wird getestet", erklärt er. Zudem werde im Bereich Vorsorge ein Hautkrebs-Screening durchgeführt. "Die Haut wird einmal komplett untersucht, da sie ein wichtiges Organ für die Sportler ist", führt der Mediziner aus. Im Allgemeinen wird eine solche Untersuchung ab 35 Jahren empfohlen, gesetzlich Krankenversicherte haben dann alle zwei Jahre einen Anspruch auf einen kostenlosen Hautkrebs-Check. Ex-Profi Russ fordert Ergänzung des Medizinchecks Etwas anders sieht es beim Thema Hodenkrebsvorsorge aus. Deshalb hat der ehemalige Frankfurt-Profi Marco Russ, der im Jahr 2016 selbst an Hodenkrebs erkrankt war und operiert wurde, angeregt, die Spieler im Medizincheck auch auf diese Erkrankung zu untersuchen. "Das ist eine Sache von zwei Minuten", sagte der 36-Jährige jüngst der Deutschen Presse-Agentur. "Es wird ein Blutbild gemacht, auch da kann man den Tumormarker bestimmen. Es ist auf jeden Fall eine Option, die man im Auge behalten muss. Es wäre kein großer Zeitaufwand. Es kann vor schlimmeren Folgen bewahren, das ist gar keine Frage", befand Russ. Laut DSC-Teamarzt Niedergassel macht die Bestimmung von Tumormarkern in der Hodenkrebsvorsorge wenig Sinn. Dies führe häufig zu falsch-positiven Werten. "Für die Hodenkrebsvorsorge raten wir den Spielern, das durch Abtasten der Hoden erst mal selbst zu kontrollieren", berichtet der Mediziner. Das sei auch die Empfehlung der urologischen Fachgesellschaft. Diese rät Männern ab 27 Jahren zweimal jährlich dazu, "selbst Hand anzulegen". "Das darf jeder junge Mann aber auch mehr als zweimal im Jahr machen", meint Niedergassel mit einem Schmunzeln. Fälle sensibilisieren für Krebsvorsorge Denn im Gegensatz zu anderen Krebserkrankungen gebe es für Hodenkrebs keine etablierte Krebsvorsorge wie Haut-Screening, Prostatakrebsvorsorge oder Mammografie (Brust). "Durch Selbstbetasten des Hodens kann man aber sehr schnell feststellen, ob da ein Knubbel oder eine kleine Verhärtung zu fühlen ist", erklärt der Teamarzt. Falls dies bei einem DSC-Spieler der Fall sein sollte, werde dieser Befund in einer intensiven Untersuchung abgeklärt oder der Profi einem Fachurologen vorgestellt. In all der Tragik um die erkrankten Fußballer sieht Niedergassel auch einen Silberstreif: "Die Fälle sensibilisieren die Bevölkerung, zur Krebsvorsorge zu gehen."

Hodenkrebs-Prävention Tumorvorsorge: DSC-Arzt rät Profis von Arminia Bielefeld zum Selbstabtasten

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