Wahl der Klinik beeinflusst Überlebenschance bei Krebs

Berlin/Bielefeld. Trotz Verbesserungen in der Prävention und Behandlung ist Krebs nach wie vor die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Einfluss auf die Sterblichkeit hat dabei auch die Wahl der Klinik. Eine Studie zeigt einen um bis 25 Prozent höheren Überlebensvorteil für Patienten, die in zertifizierten Krebszentren behandelt werden. Doch noch immer werden viele Krebspatienten in nicht zertifizierten Kliniken behandelt, mitunter sogar der Großteil, wie das Beispiel Pankreaskarzinom zeigt. Nur 24 Prozent der davon Betroffenen werden in Krebszentren versorgt. Zum Weltpankreastag macht Marcel Binnebösel als Leiter des Pankreaszentrums im Klinikum Bielefeld auf die Vorteile für Patienten aufmerksam. Die Studie basiert auf Daten der AOK sowie vier regionaler Krebsregister und zeigt, dass bei allen untersuchten Krebserkrankungen die Sterblichkeitsrate bei Patienten, die in von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifizierten Zentren behandelt werden, niedriger ist, als bei Patienten in nicht zertifizierten Kliniken. >>> Pankreaskarzinom: Rentner kämpft erfolgreich gegen sein Todesurteil Besonders groß sind die Überlebensvorteile der Studie zufolge bei Gebärmutterhalskrebs. Werden Patientinnen in zertifizierten Zentren behandelt, sinkt ihre Sterblichkeit um 25,9 Prozent. Bei Hirntumoren liegt der Überlebensvorteil bei 15,8 Prozent, bei Lungenkrebs bei 15 Prozent und bei Brustkrebs bei 11,7 Prozent. &bdquo;Positive Effekte mit statistischer Signifikanz zeigen sich zudem bei Pankreas-, Darm- und Prostatakrebs sowie bei der Gruppe der gynäkologischen Tumore und bei Tumoren im Bereich von Kopf und Hals“, heißt es. Deutlich wird zudem, dass Patienten mit den Tumorstadien I bis III stärker von einer Zentrumsbehandlung profitieren, als Patienten im fortgeschrittenem Stadium IV. Pankreaskrebs: Nur 24 Prozent der Patienten werden in Zentren behandelt Trotz der Vorteile werden viele Krebspatienten nicht in zertifizierten Zentren behandelt. Je nach Krebsart schwankt der Anteil der Zentrumsbehandlungen zwischen 68 Prozent bei Brustkrebs und 24 Prozent bei Pankreaskrebs. &bdquo;Noch immer werden viel zu viele Patienten außerhalb der spezialisierten Zentren behandelt. Gerade in diesem sensiblen Bereich der medizinischen Versorgung brauchen wir noch mehr Spezialisierung und Konzentration von Leistungen“, fordert die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann. Dafür setzt sich auch Marcel Binnebösel , Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Bielefeld, ein. &bdquo;Gemessen an der schlechteren Ergebnisqualität in nicht zertifizierten Zentren, ist es für Patienten nicht akzeptabel, dass noch immer viel zu viele Operationen in Kliniken durchgeführt werden, die nicht ausreichend dafür qualifiziert sind.“ Zentren mit dem Gütesiegel der DKG ermöglichen nach Angaben Binnebösels bessere Behandlungen. &bdquo;Das zeigt die Studie deutlich. Das führt dazu, dass Patienten länger überleben und, dass geringere Kosten im Gesundheitssystem entstehen, obwohl der Aufwand in Krebszentren höher ist.“ &bdquo;Es besteht ein Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Sterblichkeit“ Hintergrund ist nach Angaben Binnebösels, dass es in Kliniken ohne Siegel häufiger zu Komplikationen kommt, unter anderem, weil die Fallzahlen zu gering sind. &bdquo;Es besteht ein Zusammenhang zwischen Fallzahlen, Komplikationsrate und Sterblichkeit.“ Für besonders komplexe Behandlungen wie der operativen Behandlung von Pankreaskrebs sieht der Gesetzgeber deshalb Mindestmengen vor. Gemäß des nationalen Krebsplan des Bundesgesundheitsministeriums sollen alle Menschen, die an Krebs leiden, eine qualitativ hochwertige Versorgung entsprechend evidenzbasierten Behandlungsleitlinien in einheitlich zertifizierten Zentren erhalten. Zertifizierte Zentren werden jedes Jahr überprüft Vor diesem Hintergrund wurde durch die DKG in Zusammenarbeit mit allen onkologischen Fachgesellschaften ein Zertifizierungssystem eingerichtet, das diese Vorgaben sicherstellt. &bdquo;Diese Zentren müssen jährlich nachweisen, dass sie die fachlichen Anforderungen für die Behandlung einer Tumorerkrankung erfüllen und zudem über ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem verfügen“, erklärt ein Sprecher. &bdquo;Zertifizierte Zentren sind Netzwerke aus stationären und ambulanten Einrichtungen, in denen alle an der Behandlung eines Krebspatienten beteiligten Fachrichtungen eng zusammenarbeiten.“ Neben Chirurgen, Radioonkologen, Pathologen, Experten für die medikamentöse Tumortherapie und weiteren Fachdisziplinen gehören dazu unter anderem auch onkologische Pflegekräfte, Psychoonkologen und Sozialarbeiter. Doch obwohl die DKG und auch Krankenkassen Listen der Zentren führen, werden noch immer viele Patienten woanders behandelt. Binnebösel vermutet, dass viele Betroffene nicht wissen, wo sie am besten versorgt werden oder von Ärzten in nicht zertifizierte Kliniken geschickt werden. &bdquo;Da die Auswahl der Klinik bei Krebs so großen Einfluss auf das Überleben hat, müssen wir die Menschen in Deutschland dringend dafür sensibilisieren“, sagt Binnebösel.

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