Selbst pflücken in OWL Benimmregeln fürs Erdbeerfeld - und warum sie so nötig sind

In den kommenden zwei Wochen öffnen vielerorts die Erdbeerfelder in OWL. Viele lieben es, die roten Früchte selbst zu pflücken. Für die Obstbauern geht die Rechnung aber nur auf, wenn alle bestimmte Regeln beachten – und vielleicht sogar mithelfen, das Feld in Ordnung zu halten. Das ist der Ehrenkodex fürs Erdbeerfeld: Naschen ja, vollfuttern nein Versteht sich eigentlich von selbst, klappt in der Realität aber oft nicht. Das weiß auch Obstbauer Andreas Aschentrup aus dem Kreis Gütersloh. "Teilweise kommen hier am Wochenende Kleinbusse mit achtköpfigen Familien an, die dann 500 Gramm vom Feld mitbringen – der Rest ist im Bauch. Was sich bei acht Menschen läppert." Weil dieses Verhalten überhandnahm, muss auf den Feldern der Aschentrups mittlerweile pro Person ein Kilo gepflückt werden. "Das gilt natürlich nicht für Kinder. Und natürlich dürfen die, und auch Erwachsene, immer wieder naschen, das gehört dazu." Weil viele sich über die Regel vehement beschwerten, die Mitarbeiter beschimpften und trotzdem betrogen, schließt Andreas Aschentrup seit einiger Zeit die Felder zu den Hauptstoßzeiten am Samstag- und Sonntagnachmittag. "Das ist schade. Aber für uns geht es nicht mehr anders." In der Reihe bleiben Auf vielen Feldern arbeiten Einweiser, die den Kunden genau sagen, wo sie pflücken sollen. "Das ist keine Schikane", sagt Obstbauer Hans Grimm aus Detmold. "Das hat damit zu tun, dass wir genau wissen, wo zuletzt Menschen abgeerntet haben, wo Früchte reif sind und dringend gepflückt werden müssen, weil sie sonst verfaulen." Für viele Kunden ist die Zuweisung aber scheinbar ein Problem. "Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden beschimpft, teilweise sogar bedroht, wenn sie den Leuten sagen, dass sie bitte in der Reihe bleiben sollen." Hans Grimm geht deshalb nicht mehr aufs Erdbeerfeld. "Ich ärgere mich nur. Das hat keinen Sinn." Auch die kleinen Früchte pflücken Obstbäuerin Irene Eßer vom Uhlenburger Landbau aus Löhne erinnert sich besonders gut an einen Kunden vom vergangenen Jahr. "Der hatte die Körbe vollgepflückt, kam dann zu mir und sagte ganz freundlich: Die Reihe können sie noch nutzen, ich habe nur die großen Erdbeeren gepflückt." Ob aus Gedankenlosigkeit oder aus Rücksichtslosigkeit, für die Obstbauern ist so ein Verhalten wirtschaftlich untragbar. "Wenn keiner die kleinen Früchte nimmt, verfaulen die, obwohl sie genauso gut schmecken", so Eßer. "Und wenn wir die nächsten Kunden deshalb in die Reihe schicken, beschweren die sich, dass es da keine großen Erdbeeren gibt." Achtsam sein Auch hier gibt es eine Anekdote, erlebt hat sie Obstbauer Hans Grimm. "Eine Frau fuhr mit einem dreirädrigen Kinderwagen über das Feld. Linkes Rad in der linken Rinne, rechtes Rad in der rechten Rinne – und mit dem Vorderrad mitten durch die Erdbeerpflanzen." Außerdem hat er immer wieder beobachtet, dass Hundebesitzer die Felder zum Spazierengehen nutzen, obwohl das aufgrund der Hygiene streng verboten ist. "Und natürlich müssen Eltern ihre Kleinkinder im Blick haben, achten, dass die nicht reihenweise die Sträucher zertrampeln." Faule Früchte aussortieren Erdbeeren sind empfindlich und der perfekte Zeitpunkt zum Pflücken schnell vorbei. Ist eine Frucht faul, kann sie die Nachbar-Erdbeere schnell anstecken. "Deshalb freuen wir uns, wenn die Leute aufmerksam sind und zerdetschte oder verfaulte Beeren einfach schnell mitpflücken und ins Stroh werfen", sagt Andreas Aschentrup. In früheren Zeiten war das gang und gäbe. "Aber das hat sich sehr verändert. Heute kommen Kunden und beschweren sich, wenn mal eine überreife Frucht dazwischen hängt." Beim Uhlenburger Landbau in Löhne gehen deshalb Mitarbeiter zum Nachpflücken und Instandhalten des Feldes nochmal nach den Kunden durch die Reihen. "Aber das kostet natürlich viel Zeit und Geld." Schließzeiten beachten Klingt ebenfalls selbstverständlich, ist allen befragten Obstbauern aber einen Hinweis wert. "Weil wir ständig Diskussionen haben", sagt Andreas Aschentrup. "Wer um 18.50 Uhr kommt, kann eben nur zehn Minuten pflücken, weil wir um 19 Uhr schließen und unsere Mitarbeiter auch ein Recht auf Feierabend haben." Auf den Obstplantagen von Hans Grimm in Detmold gibt es wegen des Ärgers jetzt eine Einlassregelung. "Um 18.15 Uhr kommt der letzte Kunde aufs Feld. Sonst kriegen wir bis 19 Uhr nie alle wieder runter."

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