Gewalttätige Schüler Lehrerin in Ibbenbüren getötet: Angst begleitet Lehrerinnen auch in OWL

Bielefeld/Ibbenbüren. Der gewaltsame Tod einer Lehrerin in Ibbenbüren erschüttert Pädagogen bundesweit. Ein Schüler gilt als Tatverdächtiger. Der 17-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, weil er seine Klassenlehrerin mit einem Messer erstochen haben soll. Die Angst vor Eskalationen dieser Art besteht auch in OWL, denn Lehrkräfte fühlen sich durch Schüler zunehmend bedroht, insbesondere von jugendlichen Migranten. &bdquo;Nahezu täglich werden vor allem Frauen und Mädchen in Schulen Opfer von Angriffen“, erklärt die Bielefelder Lehrerin Birgit Ebel, die sich seit Jahren mit Jugendlichen in ihrer Präventionsinitiative &bdquo;Extrem dagegen“ gegen jegliche Formen des Extremismus engagiert. &bdquo;Vor allem Lehrerinnen werden von einigen Schülern nicht als Autoritäten akzeptiert und deshalb unentwegt sexistisch beleidigt und oft auch mit Gewalt bedroht, immer häufiger auch in schon in Grundschulen“, sagt Ebel. &bdquo;In Klassen mit einer Mehrheit solcher Schüler ist Unterricht oft nicht mehr möglich, es ist ein täglicher Kampf um die Einhaltung von Regeln.“ Einige Schüler verfügen laut Ebel, die an einer Herforder Gesamtschule unterrichtet, über keinerlei Impulskontrolle. &bdquo;Sie üben rohe Gewalt gegen andere Schüler und Lehrer aus. Sie haben immer häufiger auch Waffen dabei, vor allem Messer.“ Personalräte kennen solche Fälle laut Ebel von verschiedenen Schulen. &bdquo;Wie können wir uns schützen, wenn mal ein Schüler aus Wut sein Messer zieht?“ Die Angst vor Taten wie in Ibbenbüren sei deshalb immer Teil des Schulalltags. &bdquo;Beim Hinweisen auf Regeln, dem Verhängen von Strafen oder der Vergabe schlechter Noten kommt es besonders häufig zu Entgleisungen“, erklärt Ebel. &bdquo;Im Nachgang kann es zu Racheakten kommen. Dann verbünden sich Schüler gegen einen Lehrer und greifen diesen unentwegt an.“ Zudem würden Fenster eingeworfen, Mobiliar zerstört, obszöne Beleidigungen bis hin zu Todesdrohungen gegen Lehrer an Wände geschmiert oder deren Autos verkratzt. &bdquo;Wie können wir uns schützen, wenn mal ein Schüler aus Wut sein Messer zieht?“, fragt Ebel. Diese Angst begleitet auch andere Lehrerinnen in OWL. Bereits 2020 machten drei Lehrerinnen auf die zunehmende Bedrohungslage an Schulen in der Region im Gespräch mit dieser Redaktion aufmerksam. Seitdem habe sich die Lage in den Klassenzimmern jedoch weiter verschlechtert, monieren sie. Lehrerinnen erleben Gewalt und Todesdrohungen &bdquo;Einige Schüler sind wie entfesselt. Damit machen sie nicht nur Unterricht unmöglich, sondern mir und vielen meiner Kolleginnen auch große Angst, weil es für sie keine Grenzen mehr zu geben scheint“, moniert die Mindener Lehrerin Seda Y., die ihren kompletten Namen aus Angst vor Repressalien nicht öffentlich nennen möchte. &bdquo;Es geht nicht mehr nur um fehlenden Respekt und Sexismus, sondern um Gewalt und Todesdrohungen und es wird schlimmer.“ Überrascht davon ist Seda Y. jedoch nicht. &bdquo;Wer die aktuelle Integrationsdebatte, ausgelöst durch die Silverster-Krawalle, verfolgt, weiß, warum wir die Probleme mit jugendlichen Migranten nicht in den Griff bekommen.“ Diese Probleme werden laut Y. nicht als solche benannt und können deshalb auch nicht gelöst werden. &bdquo;Stattdessen diskutiert das Land darüber, ob CDU-Chef Merz, der in einer Talkshow jugendliche gewaltbereite Migranten als Pascha bezeichnet hat, ein Rassist ist, obwohl er ja explizit nicht verallgemeinert hat.“ Eine Diskussion, die die Probleme in den Schulen nach Angaben von Seda Y. nicht löst. &bdquo;Ich bin selbst Muslimin und fordere, dass die Probleme, die einige jugendliche Migranten verursachen, auch als solche benannt werden. Wir Lehrer brauchen das im Kampf gegen die Gewalt.“ Religiöse Spannungen entladen sich im Klassenraum Das wünscht sich auch die Bielefelder Lehrerin Andrea S. &bdquo;Warum wird gesellschaftlich geduldet, dass immer mehr Schüler und Väter Lehrerinnen herabwürdigen und Kommunikation, Augenkontakt und Hände schütteln ablehnen, weil wir Frauen sind? Hier muss sich dringend etwas ändern.“ Trotz ihrer langjährigen Erfahrung sei sie immer noch darüber erschrocken, wie selbstbewusst Schüler und Väter ihr Fehlverhalten begründen. &bdquo;Dann heißt es trocken: Du bist nichts wert, weil Du eine Frau bist.“ Nötig sind Veränderungen nach Angaben der Herforder Lehrerin Sarah L. auch zum Schutz von Schülerinnen. &bdquo;Der Druck auf Mädchen ist gewaltig. Wenn sie nicht dem Bild ihrer Mitschüler entsprechen, weil sie sich nicht verschleiern, einen andersgläubigen Freund haben oder einfach so leben, wie sie sich das wünschen.“ Angegriffen werden laut L. auch Mitschüler aus liberalen muslimischen Familien oder anderen Glaubensrichtungen. &bdquo;Religiöse Spannungen, die die Weltpolitik bestimmen, entladen sich immer häufiger an Schulen.“ Jüdische Lehrerin erlebt antisemitische Angriffe Auch die Pädagogin erlebt immer wieder antisemitische Angriffe. &bdquo;Ich bin Jüdin und schon von Kindern in der fünften Klasse schlägt mir deshalb Hass entgegen. Und ihre Eltern rechtfertigen dieses Verhalten.“ Immer wieder wird L. sogar Verschwörungstheorien konfrontiert. &bdquo;Dann erklären mir Väter selbstbewusst, warum Juden für das Unheil der Welt verantwortlich sind.“ Nach Einschätzung Ebels fühlen sich viele Schüler deshalb so sicher, wenn sie Regeln brechen. &bdquo;Ihre Eltern stehen hinter ihnen und Schulleitungen und Schulaufsicht verharmlosen Angriffe häufig, indem sie sie als persönliches Problem von einzelnen Lehrern bewerten.“ Wichtig sei offenbar nur die Verhinderung schlechter Presse, moniert Ebel. &bdquo;Wir bekommen keine Unterstützung.“ Umfrage belegt Eindruck der Lehrerinnen Diesen Missstand möchte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) beheben und für das Thema sensibilisieren. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Gewerkschaft unter 1.302 Schulleitern zeigt, dass Gewalt ein zunehmendes Problem ist. Demnach berichten inzwischen zwei Drittel der Schulleiter von direkter psychischer Gewalt - etwa Beleidigungen, Bedrohungen oder Belästigungen - in den vergangenen fünf Jahren. 2018 waren es laut VBE noch 48 Prozent. Ein Drittel der Befragten meldet zudem, dass Lehrer Opfer von Cyber-Mobbing wurden, und ein weiteres Drittel berichtet von körperlichen Angriffen.

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