Nach 150 Regierungstagen Kritiker werfen NRW zögerlichen Windkraft-Ausbau vor

Düsseldorf. Die Landesregierung von CDU und Grünen will mehr Energie aus Windkraft gewinnen. Das haben sich beide Parteien nach der Landtagswahl im Mai vorgenommen. Kritiker bemängeln jetzt aber, dass in diesem Bereich nach knapp 150 Tagen Regierungszeit nichts passiert sei. Von den "vielen angekündigten Initiativen" für einen forcierten Windenergieausbau sei bis heute "keine einzige" umgesetzt worden, kritisiert der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW). Die Landesregierung müsse es nun ermöglichen, dass Windräder auf Kalamitätsflächen errichtet werden können, also Flächen im Wald, die durch Trockenheit und Borkenkäfer zerstört wurden, fordert der LEE. Auch die 1.000-Meter-Abstandsregel von Windrädern zu Wohnsiedlungen müsse endlich aufgehoben werden, vor allem im Bereich des Repowering, so der LEE. Beim Repowering werden alte Windräder durch neue und modernere Anlagen ausgetauscht. Die Rede ist beispielsweise davon, dass drei neue Anlagen leistungstechnisch zehn alte ersetzen können. Die Grünen hatten sich in den Verhandlungen mit der CDU damit durchgesetzt, dass die Abstandsregel abgeschafft wird. An ihr hatte die CDU bislang festgehalten. Laut LEE gingen in NRW in diesem Jahr 59 Windräder ans Netz Der LEE, der vom früheren Grünen-Fraktionschef im Landtag, Reiner Priggen, geleitet wird, wünscht sich auch beim Thema Artenschutz mehr Tempo. Das Land müsse den Leitfaden überarbeiten, da gerade beim Artenschutz Rechtssicherheit oberste Priorität habe – "besonders vor dem Hintergrund, dass immer wieder der Artenschutz vorgeschoben wird, um Projekte zu verhindern", so LEE-Geschäftsführer Christian Mildenberger. NRW und der Bund gingen beim Ausbau der Windkraft zu zögerlich voran, beklagt er. Das NRW-Energieministerium um Vize-Regierungschefin Mona Neubaur (Grüne) habe sich bislang "wenig ehrgeizig" gezeigt, den Fahrplan des Windenergie-an-Land-Gesetzes zu übertreffen. Das sieht vor, dass alle Bundesländer bis Ende 2032 insgesamt zwei Prozent der Fläche Deutschlands für Windkraft zur Verfügung stellen. Das sei aber zu spät, so der LEE. Laut der Lobbyorganisation gingen in NRW in diesem Jahr bislang "gerade einmal" 59 neue Anlagen mit einer Leistung von 315 Megawatt ans Netz. Das reiche nicht aus, um das Ziel von 1.000 neuen Windrädern bis 2027 zu erreichen. Aktuell liefern Windräder in NRW eine Leistung von rund sechs Gigawatt. Diese Anzahl soll mindestens verdoppelt werden. Auch die oppositionelle SPD forderte die Landesregierung zuletzt wiederholt auf, mehr Tempo beim Ausbau der Windkraft zu machen. Kritiker zeigen sich hingegen besorgt. Sie befürchten, dass neue Windräder einseitig auf die Regionen verteilt werden - vor allem im ländlichen Raum. Auch Naturschützer wie der Naturschutzbund Nabu sind besorgt, dass der Ausbau der Windkraft auf Kosten des Umwelt- und Artenschutzes gehen - und dass Einspruchsmöglichkeiten beschnitten werden. Eine Aussage vom Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), ließ kürzlich jedoch aufhorchen. Liminski teilte mit, dass man die geplanten Flächen für Windenergie "gerecht" zwischen den Regionen verteilen werde. "Wir bringen den Schutz der Anwohner einerseits und die Bewahrung der Artenvielfalt andererseits in die richtige Balance", so Liminski. Unklar ist aktuell noch, wie der beschleunigte Ausbau der Windkraft konkret umgesetzt wird. Bislang liefen viele Planungs- und Genehmigungsverfahren über die Kommunen vor Ort. Die Regierung hatte angekündigt, künftig stattdessen die Bezirksregierungen stärker einzubinden, um schneller zu werden. Fraglich ist aber, ob diese über ausreichend geschultes Personal in diesem Bereich verfügen. NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) sagte jetzt, dass die Kreise und kreisfreien Städte zunächst weiter für die Genehmigungen beim Bau von Windrädern zuständig sein sollen.

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