Energieversorger in der Krise OWL-Stadtwerke klagen über unklare Regeln für Gas-Hilfen

Bielefeld. Energieversorger in Ostwestfalen-Lippe haben wegen politischer Fehlgriffe unnötig Geld ausgegeben. "Das Hin und Her um die Gasbeschaffungsumlage hat uns am Ende einen fünfstelligen Betrag gekostet", kritisierte der Geschäftsführer der Stadtwerke Paderborn, Christian Müller. Bislang gebe es noch keine konkreten und belastbaren Regelungen zur Umsetzung der Gas- und Strompreisbremse. Die weitgehend vagen politischen Regelungen der Bundesregierung nerven die Energievertriebe häufig noch mehr als die unbeständigen Gas- und Strommärkte. So seien Zehntausende Briefe wegen der letztlich gekippten Gasumlage sinnlos verschickt worden, beklagten Energieversorger in der Region. Haushalts- und Gewerbekunden addiert, bedienen die Stadtwerke Bielefeld 180.000 Strom- und 62.000 Gasverträge. Wie zahlreiche andere Energieversorger haben sie ihre Kundinnen und Kunden über die Gasumlage per Post informiert. Auf den Kosten bleiben die Stadtwerke nun sitzen. "Auch Software für die Energieabrechnung und IT-Systeme müssen an die neuen Anforderungen angepasst werden", erklärte Müller. "Das geht nicht einfach so von heute auf morgen." Die Fraktionschefin der Grünen im NRW-Landtag, Wibke Brems, zeigte sich verständnisvoll. Die erst geplante, dann gestoppte Gasumlage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei "sicher nicht optimal gelaufen", sagte die Abgeordnete aus Gütersloh. Zugleich warb sie für Nachsicht "in einer Zeit, in der eine Krise die andere überlagert". In dieser "einmaligen Situation können Fehler passieren – wichtig ist nur, dass man sie korrigiert". Einige Energieversorger sind den Anfragen nicht mehr gewachsen Angesichts einer möglichen Gasmangellage sehen sich die Stadtwerke gerüstet. Die Versorgungssicherheit genieße "oberste Priorität", sagte eine Sprecherin der Stadtwerke Gütersloh. "Wir unterziehen unsere Anlagen für Strom, Gas, Wasser und Telekommunikation seit Jahren regelmäßigen Stresstests." Auch in Bielefeld gehen die zuständigen Betriebe von einer weitgehend sicheren Versorgung aus. "Wir arbeiten seit Monaten daran, auf eine Gasmangelsituation und Stromausfälle ad hoc reagieren zu können", sagte ein Sprecher. Ohne ins Detail gehen zu können, "weil es sich um kritische Infrastruktur handelt", habe man "Notfallpläne für mögliche Szenarien ausgearbeitet". In einem solchen Notfall liegt die Entscheidungsgewalt am Ende bei der Bundesnetzagentur. Insgesamt bleibt die Marktsituation äußerst angespannt. In dieser Krise wollen viele Menschen ihren Energieanbieter wechseln, häufig sind die Stadtwerke den Anfragen aber nicht mehr gewachsen. Einige lehnen neue Kunden ab oder gewähren Bestandskunden keine Anschlussverträge mehr. In vielen Kommunen in Ostwestfalen-Lippe sind die Stadtwerke Grundversorger – ob Strom oder Gas, sie müssen grundsätzlich jeden Haushaltskunden aufnehmen. Zu den Aufgaben der Stadtwerke gehört nun auch Seelsorge Die Paderborner Stadtwerke haben bereits im Dezember 2021, zwei Monate vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, einen kompletten Aufnahmestopp für Neukunden verhängt. Grundversorger ist im Stadtgebiet Eon Energie Deutschland. "Wir müssen unsere Bestandskunden schützen", erklärte Müller. "Wir analysieren jetzt weiter den Markt und die weitere Entwicklung, bevor wir wieder Angebote für Neukunden auflegen können." Im Kreis Paderborn zählen die Stadtwerke insgesamt 20.000 Kundinnen und Kunden. "Wir haben noch keinen Vertrag gekündigt und werden dies auch nicht tun", sagte Müller. "Wir gehen auf verunsicherte Kunden ein." Zu den Aufgaben der Stadtwerke gehöre inzwischen auch eine gewisse Seelsorge, "weil die Kunden oft nicht wissen, was sie an Preissteigerungen zu erwarten haben".

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