Klimapolitik in NRW Grüne verteidigen Windkraft im Wald – Naturschützer warnen vor Energielobby

Düsseldorf. Die Grünen-Fraktion im Landtag hat die Windenergiepläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung verteidigt. "Um unsere Klimaziele zu erreichen und schnellstmöglich unabhängig von fossilen Energieimporten zu werden, führt an einem deutlich schnelleren Ausbau der Windenergie kein Weg vorbei", sagte die Grünen-Abgeordnete Norika Creuzmann aus dem Kreis Paderborn. "Um dies zu ermöglichen, werden wir auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch nehmen müssen." Natur- und Artenschützer hatten den schwarz-grünen Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen kritisiert. Die Bezirkskonferenz Naturschutz in Ostwestfalen-Lippe zeigte sich "entsetzt, welche Tabubrüche im Wald geplant sind". CDU und Grüne wollten "den Wald vollständig als Windindustriegebiet öffnen", sagte der Sprecher der Naturschützer, Karsten Otte. Die Koalitionäre haben sich laut ihren ausgehandelten Ergebnissen vorgenommen, "alle Kalamitätsflächen und beschädigte Forstflächen für die Windenergie zu öffnen". Zudem solle dem Landesbetrieb Wald und Holz die Beteiligung an Windenergieprojekten erleichtert werden. Auch der Naturschutzbund Deutschland warnte vor dem geplanten Windkraftausbau in den Wäldern. Aus ökologischer Sicht sei dies "eine fatale Fehlentwicklung", sagte die NRW-Landesvorsitzende Heide Naderer. "Der bereits geschädigte Wald verdient den höchsten Schutz." Kalamitätsflächen mit ihren offenen Stellen, mit ihren Tothölzern und dem Schlagabraum "leisten einen großen Beitrag für den Nährstoffhaushalt und eine lebendige Artenvielfalt". Bevor Wald "in Gewerbegebiete umgewandelt" werde, solle das Land die Möglichkeiten auf ökologisch weniger wichtigen Flächen ausschöpfen. Steigende Temperaturen haben den Wäldern schwer zugesetzt Details zur genauen Flächennutzung sollen noch geregelt werden, heißt es im NRW-Landtag. Es sei "richtig, dass der Koalitionsvertrag den Fokus klar auf vollständig zerstörte und bereits geschädigte Forstflächen legt", betonte die Grünen-Abgeordnete Creuzmann. "Intakte, unberührte und wertvolle Waldökosysteme sind auch zukünftig für die Windenergie tabu." Die Bezirkskonferenz Naturschutz in Ostwestfalen-Lippe hatte den schwarz-grünen "Zukunftsvertrag" für NRW insgesamt heftig kritisiert. CDU und Grüne hätten "die Dimension des Artensterbens nicht erkannt", sagte Otte. "Die Krise der Ökosysteme, die in ihrer Bedeutung genauso bedrohlich zu bewerten ist wie der Klimawandel, scheint in ihrer Tragweite bei den Düsseldorfer Koalitionären noch nicht angekommen zu sein." Der Naturschützer Herbert Dehmel verlangte, es müsse jetzt "Schluss sein mit Standortfestlegungen der Windräder nach Gutsherrenart". Die steigenden Temperaturen und der Borkenkäferbefall haben den Wäldern in Nordrhein-Westfalen schwer zugesetzt. In den vergangenen Jahren seien landesweit "mehr als 100.000 Hektar Nadelholzmonokulturen zerstört" worden, sagte Creuzmann. "Selbst bei den im Koalitionsvertrag 1.000 zusätzlichen Windenergieanlagen auf diesen Flächen würden nur etwa 500 Hektar dauerhaft einer naturnahen und klimaresilienten Wiederaufforstung entzogen, das entspricht gerade einmal 0,5 Prozent dieser Flächen." Naturschützer stolpern über den "Sprachgebrauch im Koalitionspapier" Creuzmann, die gerade für die Grünen in den Landtag eingezogen ist, findet es nicht nur verantwortbar, geschädigte Flächen zu nutzen, sondern "dringend geboten". So würden die häufig ökologisch wertvolleren, nicht bewaldeten Flächen geschont, sagte sie. Zugleich "ermöglichen wir den Forstwirten Einkommen – und wir ermöglichen Standorte mit größeren Abständen zur Wohnbebauung". Die regionalen Naturschützer zeigten sich davon wenig überzeugt. Im Gegenteil warnen sie vor dem Einfluss der Energielobby: "Die Grünen müssen aufpassen, bei aller Notwendigkeit des Ausbaus von erneuerbaren Energien, dass ihre Entscheidungsfindungen frei bleiben von wirtschaftlichen Interessen", sagte Otte: "Der Landesverband Erneuerbare Energien unter ihrem ehemaligen Frontmann Reiner Priggen ist ein Wirtschaftsverband, dessen naturgemäßes Interesse die Gewinnoptimierung ist und nicht zuvorderst die Lösung von gesellschaftlichen Problemen wie dem Klimawandel." Dies zu verquicken habe schnell einen "Hautgout", ein Geschmäckle, sagte Otte. Die Grünen seien in dieser Koalition "von Beginn an auf einem schmalen Pfad unterwegs". Die Bezirkskonferenz Naturschutz stolperte zudem über die Begrifflichkeiten im Koalitionsvertrag. "Bemerkenswert ist der Sprachgebrauch: Geht es um die Pflege und Hege, sprechen die Koalitionäre von ,Wald mit einem Nimbus des Sakrosankten – am allerheiligsten beim Hambacher Wald", sagte Otte. "Wollen sie dem Ökosystem Wald jedoch ans Leder, wie mit der Freigabe für die Windenergiegewinnung, schreiben sie von ,Forst, eine seelenlose Bretterplantage implizierend."

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