Felder werden vernichtet "Jenseits des Zumutbaren": Erdbeerbauern in Ostwestfalen schlagen Alarm

Bielefeld. Die Erdbeerbauern in Ostwestfalen-Lippe sind verzweifelt. Jahr für Jahr erfreuen sich die Kunden an den süßen roten Früchten. Doch in dieser Erdbeersaison hält sich das Interesse in Grenzen. Aufgrund des warmen Frühlings in Europa gibt es in den Supermärkten ein Überangebot. Der Ertrag für die Landwirte aus der Region ist gering. Die Konkurrenz aus den Niederlanden oder Spanien ist groß. So groß, dass manch ein Erdbeerbauer im Münsterland sogar seine Felder abmäht, um Getreide anzupflanzen und so die eigenen Verluste zu minimieren. Für Constantin von Laer angesichts der aktuellen Lage durchaus nachvollziehbar. Seine Familie baut auf dem eigenen Hof in Herford-Schwarzenmoor seit Jahrzehnten Obst und Gemüse an - auch Erdbeeren. "Die Preise, die der Einzelhändler den Obstbauern im Münsterland oder auch im Ruhrgebiet für 500 Gramm Erdbeeren bezahlt, sind schon sehr schlecht. Damit kann man keine Gewinne mehr erzielen", sagt von Laer. Gerade einmal 1,01 Euro bieten Supermärkte im Münsterland den Bauern für ein 500 Gramm Schälchen der roten Frucht. Lehnen die regionalen Erzeuger ab, landen stattdessen importierte Früchte in den Regalen. "Märkte setzen uns die Pistole auf die Brust" Er selbst erhalte im Moment um die 1,80 Euro pro Schälchen. "Aber die Preise ändern sich gefühlt von Woche zu Woche", sagt von Laer, der seine Ernte in einem Hofladen und an Supermärkte in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern verkauft. "Die Märkte setzen uns Landwirten mit diesen Preisen geradezu die Pistole auf die Brust. "Seine Felder abzumähen, plant er noch nicht. Schließlich habe die Saison gerade erst begonnen. "Wir haben angefangen zu pflücken und versuchen, unsere Waren so weit es geht zu vermarkten. Leider ist der Absatz schlecht, so wie beim Spargel auch. Da waren es rund 20 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr." Derweil steigen die Kosten in der Produktion. Benzin für die Traktoren wird immer teurer, ebenso sind die Personalkosten oder Preise für Düngemittel in den vergangenen Monaten enorm gestiegen. Charlotte Otte, Inhaberin des Obsthofs Otte in Hiddenhausen, verdeutlicht, dass zum Erdbeeranbau weit mehr gehört, als die reifen Früchte von grünen Stängeln zu zupfen. "Man pachtet den Boden, zieht Dämme, pflanzt und bewässert. Man steckt viel Mühe, Zeit und auch Personal- und Materialkosten da hinein. Alles im guten Glauben daran, dass man mit seinen langjährigen Handelspartnern Preise erzielt, bei denen man auch Geld wieder herausbekommt". Wer aktuell jedoch darauf angewiesen sei, die eigene Produktion an den Handel zu liefern, der komme angesichts des Preisabfalls schnell in den Bereich von existenziellen Ängsten. "Die Ketten fahren zum Teil Preisaktionen, die jenseits des Zumutbaren sind." Weil in diesem Jahr aufgrund des warmen Frühlings niederländische und spanische Erdbeeren früher auf den Markt geströmt seien als sonst, habe es ein großes Angebot gegeben. Dies habe dazu geführt, dass die Preise stark gesunken und für viele Obstbauern sogar unter die ertragbare Schwelle gerutscht seien. "Für unter einem Euro pro 500 Gramm kann kein Mensch auf der Welt Erdbeeren produzieren." Kunden können beim Einkaufen viel bewegen Otte, die mit ihrem Hof auch drei Selbstpflückerfelder betreibt, vermarktet Erdbeeren an eigenen Verkaufsständen und an Partner aus dem Einzelhandel. Zum Selbstpflücken kommen immer weniger Kunden. "Dass Menschen, wie früher, Wäschekörbe voller Erdbeeren sammeln und daraus Marmelade kochen, gibt es nicht mehr. Unsere Gesellschaft ist einfach nicht mehr bereit dafür." Doch wenn fair produzierte Lebensmittel aus der Region auch weiterhin in den Supermärkten angeboten werden sollen, braucht es laut Otte auch faire Preise. "Wir machen unsere Arbeit verdammt gerne und würden uns freuen, wenn die Kunden diese auch in Zukunft wertschätzen. Die Menschen müssen sich bewusst machen, dass sie mit ihrem Einkaufsverhalten etwas bewegen können, es ist ein wichtiger Beitrag für die Region." Florian Schröder vom Spargelhof Schröder in Gütersloh kennt ebenfalls die aktuellen Schwierigkeiten beim Erdbeeranbau. Er setzt zurzeit mehr denn je auf die Direktvermarktung: "So können wir unsere Preise ein Stück weit selbst bestimmen." Für ein Pfund Erdbeeren verlangt Schröder von seinen Kunden derzeit 4,20 Euro. "Viele andere Direktvermarkter nehmen 4,40 Euro oder sogar 4,90 Euro." Wie hoch der Absatz sei, komme stark auf den Standort an. "Wir haben auf den Feldern noch nichts weggemacht. Schröder erklärt aber auch: "Erdbeeren sind ein Produkt, was der Konsument nicht zwingend kaufen muss. Es ist ein Luxusprodukt und leider etwas, woran die Kunden in diesen Zeiten zu allererst sparen."

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