Studien zeigen Risiko Diabetes als Long-Covid-Symptom

Bad Oeynhausen. Seit Beginn der Corona-Pandemie klagen genesene Covid-19-Patienten immer wieder über entgleiste Blutzuckerspiegel oder gar die Entwicklung einer Diabetes-Erkrankung. Zwei Studien zeigen nun, dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass eine Infektion mit dem Coronavirus das Diabetes-Risiko stark erhöht. Und zwar nicht nur bei Risikopatienten oder nach schweren Covid-19-Krankheitsverläufen, sondern auch bei Gesunden mit milden Symptomen. Diabetologe Diethelm Tschöpe bewertet die Ergebnisse mit Blick auf die hohe Anzahl an Corona-Infektionen sowie der stark steigenden Zahl an Diabetikern als besorgniserregend. &bdquo;In Deutschland leiden bereits heute zehn Millionen Menschen an Diabetes und jeden Tag kommen 1.500 neue Fälle hinzu“, erklärt Diethelm Tschöpe, Direktor des Diabeteszentrums am Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen. Bis 2040 rechnen Experten mit einem deutlichen Anstieg der Patientenzahl. &bdquo;Hinzu kommt nun die Sorge, dass sich dieser Tsunami durch die Pandemie noch verschärft.“ Tschöpe nimmt damit Bezug auf zwei Studien aus den USA und Deutschland, die zeigen, dass das Risiko, an Diabetes-Typ-2 zu erkranken, nach einer Corona-Infektion steigt. US-Studie: Diabetes-Risiko steigt nach Corona-Infektion um 40 Prozent In den USA haben Wissenschaftler die Daten von 181.280 Covid-19-Patienten der US-Kriegsveteranenverwaltung ausgewertet. Die Patienten zeigten nach Angaben der Studienautoren zuvor keine Anzeichen für Diabetes. Verglichen wurden die Daten mit mehr als acht Millionen Menschen ohne Diabetes, die nicht an Covid-19 erkrankt waren. Demnach steigt das Risiko, im Jahr nach der Infektion an Diabetes-Typ-2 zu erkranken, um 40 Prozent. Das Risiko, blutzuckersenkende Medikamenten einnehmen zu müssen, steigt sogar um 85 Prozent. Laut der Studie steigt das Risiko mit der Schwere der Erkrankung und mit verschiedenen Risikofaktoren wie Alter, Gewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch nicht, dass sich zuvor gesunde Menschen bei leichten Krankheitsverläufen keine Sorgen machen müssen, denn auch sie können Diabetes entwickeln.Covid-19 erhöht das Diabetes-Risiko stärker als andere Infektionskrankheiten Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Wissenschaftler in Deutschland, die die Daten von 35.865 Covid-19-Patienten aus 1.171 Arztpraxen mit den Daten von ebenso vielen Patienten verglichen haben, die aufgrund von anderen Infektionen der oberen Atemwege behandelt werden mussten. Alle Patienten zeigten nach Angaben der Studienautoren keine Anzeichen für Diabetes und die Covid-19-Patienten erlebten überwiegend milde Krankheitsverläufe. Laut der Studie erkranken Menschen nach einer Corona-Infektion häufiger an Diabetes-Typ-2 als Menschen nach anderen viralen Infekten. Insgesamt ist das Risiko um 28 Prozent höher. Tschöpe ist von diesen Ergebnissen nicht überrascht, da Diabetiker, insbesondere, wenn sie schlecht eingestellt sind, anfälliger für Corona-Infektionen sind, ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben und als Genesene eine deutlich erschwerte Erholungsphase haben. &bdquo;Diese Erkenntnisse wurden lange unterschätzt, ebenso wie Diabetes als Symptom von Long-Covid“, moniert Tschöpe, der sich auch als Vorsitzender der Stiftung &bdquo;Der herzkranke Diabetiker“ engagiert. Diabetes tut nicht weh, ist aber lebensbedrohlich Der Diabetologe hofft, dass die Studien dazu führen, dass sich Ärzte und auch Infizierte über das Diabetes-Risiko informieren. &bdquo;Genesene sollten auf Symptome wie vermehrtes Wasserlassen, starken Durst und Müdigkeit achten und sich beim Hausarzt untersuchen lassen.“ Tschöpe empfiehlt die Bestimmung des Blutzuckerwertes sowie des HbA1c-Wertes, der beschreibt, wie hoch die Blutzuckereinstellung in den vergangenen acht bis zwölf Wochen war. Folgt darauf eine Diabetes-Diagnose, müssen Betroffene laut Tschöpe konsequent behandelt werden. &bdquo;Diabetes tut nicht weh, deshalb ist der Leidensdruck anfangs nicht hoch. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Diabetes lebensbedrohliche Folgen haben kann. Eine proaktive Behandlung ist deshalb unverzichtbar.“Coronavirus kann auch die Bauchspeicheldrüse schädigen Unklar ist weiter, warum das Diabetes-Risiko nach einer Corona-Infektion steigt. &bdquo;Eine Kausalität kann mit den Studien nicht bewiesen werden, weshalb weitere Untersuchungen nötig sind“, sagt Tschöpe. &bdquo;Wir wissen aber inzwischen, dass das Coronavirus nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organe schädigen kann. Dazu zählt auch die Bauchspeicheldrüse.“ Zudem sei bekannt, dass die Immunreaktion des Körpers nach einer Infektion die Glukosetoleranz verschlechtern kann.Das gilt laut Tschöpe auch für andere Infektionen, die durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden. &bdquo;Für Diabetiker bergen Infektionen immer das Risiko, dass sie mehr Tabletten oder Insulin benötigen. Und auch für gesunde Menschen steigt das Diabetes-Risiko.“ Und zwar nicht nur für Diabetes-Typ-2, sondern auch für Typ-1, erklärt der Mediziner. &bdquo;Ob das Risiko für Diabetes-Typ-1 auch nach einer Corona-Infektion steigt, ist noch unklar. Darüber wird in der Wissenschaft derzeit gestritten, aber die Mehrheit meiner Kollegen geht davon aus, dass eine Infektion den Zeitpunkt des Ausbruchs beschleunigen kann.“

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