Probleme auf dem Lehrstellenmarkt Fachkräftemangel: So bringt ein Azubicoach Betriebe und Lehrlinge zusammen

Bad Salzuflen. Der Mangel an Fachkräften wird für die deutsche Wirtschaft zu einer immer größeren Belastung. Umfragen zeigen, dass in mehr als der Hälfte der Betriebe Stellen unbesetzt bleiben. Als Mittel der Wahl gegen dieses Problem gilt, dass Firmen Fachkräfte selber ausbilden. Doch auch die Suche nach Auszubildenden wird für Unternehmen zunehmend schwieriger. Das zeigt auch der Lehrstellenmarkt in OWL: Die Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze in OWL steigt seit Jahren, obwohl jedes Jahr Hunderte Jugendliche keine Lehrstelle finden. Das sogenannte Matchingproblem manifestiert sich, doch im Kreis Lippe zeigen Azubicoaches, dass es auch anders laufen kann. Mit 13.959 neuen Ausbildungsverträgen ist der Lehrstellenmarkt 2021 in OWL nach Daten der Bundesagentur für Arbeit um 3,4 Prozent gewachsen. Der regionale Vergleich zeigt jedoch große Unterschiede: So schneidet der Arbeitsagenturbezirk Detmold (Kreis Lippe) gegenüber dem Vorjahr mit einem Plus von 9,9 Prozent am besten ab. Der Arbeitsagenturbezirk Paderborn schneidet mit einem ein Minus von 0,6 Prozent am schlechtesten ab. 1.071 unbesetzte Lehrstellen und 2.388 unversorgte Bewerber in OWL Trotz leichter Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt OWL, zeigen die Daten, dass das Matchingproblem groß ist. Die Zahl unbesetzter Lehrstellen liegt bei 1.071 und die Zahl unversorgter Bewerber bei 2.388. &bdquo;Wenn Bewerber und Ausbildungsbetriebe nicht zueinanderfinden, dann werden Unterstützungssysteme wichtig, die beide Seiten zusammenbringen“, erklärt der Detmolder Bildungsexperte Klaus Keßler, der die Daten zum Lehrstellenmarkt des Bundesinstituts für Berufsbildung für OWL seit 1982 für den Deutschen Gewerkschaftsbund analysiert.Im Kreis Lippe, dem Kreis in OWL mit dem größten Plus an Lehrstellen, haben 2021 laut Keßler etwa 200 Jugendliche über diese Unterstützungssysteme einen Ausbildungsplatz gefunden. &bdquo;Das entspricht rund zehn Prozent der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Kreis Lippe, eine ordentliche Leistung“, sagt Keßler. Tätig sind hier Berufsberater der IHK Lippe und der Handwerkskammer OWL, Netzwerk Lippe als kommunale Beschäftigungsförderungsgesellschaft des Kreises sowie zwei Azubicoaches in Berufskollegs.&bdquo;Als Azubicoach sehen wir uns als Bindeglied zwischen Unternehmen und Jugendlichen" &bdquo;Als Azubicoach sehen wir uns als Bindeglied zwischen Unternehmen und Jugendlichen, mit dem Ziel Ausbildungsplätze zu vermitteln“, erklärt Azubicoach Heike Görder, Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung Detmold. &bdquo;Oft benötigen beide Seiten nur ein wenig Unterstützung und den passenden Kontakt.“ So auch im Fall des angehenden Hotelfachmanns Julian Pott und seinem Chef Christian Steffen, Inhaber des Lippischen Hofs in Bad Salzuflen. Als Schüler des technisch ausgerichteten Lüttfeld Berufskollegs in Lemgo lernt Pott Azubicoach Görder kennen. &bdquo;Wir haben uns regelmäßig ausgetauscht, da ich wegen motorischer Einschränkungen meiner linken Körperhälfte aufgrund einer körperlichen Behinderung gemerkt habe, dass technische Berufe nicht gut zu mir passen“, erklärt der 20-Jährige. &bdquo;Auch ein freiwilliges soziales Jahr in der Pflege hat gezeigt, dass der Beruf nicht passt.“Sechs Lehrstellen pro Jahr, doch kaum Bewerber Pott wechselt für seinen Realschulabschluss an das kaufmännisch ausgerichtete Hanse Berufskolleg in Lemgo und nimmt erneut Kontakt zu Görder auf. &bdquo;Dann kam die Idee Gastgewerbe auf, die mich begeistert hat, weil mein Bruder gerade seine Ausbildung zum Hotelfachmann beendet hat“, erklärt Pott. Görder vermittelt daraufhin den Kontakt zum Lippischen Hof, einem Hotel mit 100 Zimmern, zwei Restaurants und einer Cocktailbar. &bdquo;Es hat sofort gepasst, dabei hätten wir uns ohne das Azubicoach-Programm vielleicht nie kennengelernt“, sagt Steffen.Auch Pott ist begeistert und absolviert seit August 2021 die Ausbildung zum Hotelfachmann im Lippischen Hof. &bdquo;Ich durchlaufe alle Abteilungen des Hotels, allerdings wegen meiner motorischen Einschränkungen etwas angepasst mit dem Schwerpunkt Rezeption.“ Ein Problem ist diese Anpassung laut Steffen nicht. &bdquo;Auch in der Prüfung wird es alternative Aufgaben geben. Das ist mit dem Prüfungsausschuss geklärt.“ Steffen ist froh über das Unterstützungsangebot, denn pro Jahr würde der Hotelinhaber gerne bis zu sechs Lehrstellen besetzen. &bdquo;Aktuell beschäftigen wir über alle drei Ausbildungsjahre jedoch nur zwei Auszubildende und eine Studentin. So geht es vielen Ausbildern, denn das Gastgewerbe hat ein Imageproblem und mit Personalabwanderung zu kämpfen.“"Azubicoaches in Schulen so selbstverständlich wie Schulsozialarbeiter" Um Auszubildende zu unterstützen, plant Steffen ein Wohnangebot. &bdquo;Wir richten gerade eine WG ein, denn oftmals können Auszubildende aufgrund der schlechten Verkehrsinfrastruktur Lehrstellenangebote nicht annehmen.“ Zudem verweist Steffen auf ein Lohnplus durch den neuen Tarifvertrag im NRW-Gastgewerbe. &bdquo;Es ist wichtig, dass das Gehalt für Auszubildende steigt.“Für das neue Ausbildungsjahr ab August hat Steffen bereits zwei Zusagen. &bdquo;Außerdem steht noch ein Bewerbungsgespräch an, daher hoffe ich, dass sich die schwierige Suche nach Auszubildenden etwas entspannt.“ Für Azubicoach Görder ist das ein Zeichen, das anderen Unternehmen Mut zum Ausbilden machen soll: &bdquo;Wichtig ist nicht nur, dass Azubicoaches in Schulen so selbstverständlich werden wie Schulsozialarbeiter, sondern auch, dass Unternehmen mehr ausbilden. Das ist entscheidend im Kampf gegen den Fachkräftemangel.“ Laut Keßler wären 2022 in OWL rund 1.300 zusätzliche Ausbildungsplätze erforderlich, &bdquo;damit die Bewerber ein auswahlfähiges Lehrstellenangebot vorfinden und das Unterstützungssystem noch erfolgreicher arbeiten kann.“

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