Wie ist die rechtliche Lage? Schlägerei unter Fußballfans: Ermittler aus OWL nutzen Corona-Liste

Bielefeld/Minden. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft hat nach einem eskalierten Freundschaftsspiel offenbar Corona-Kontaktlisten für die Ermittlungen genutzt. Der Fall aus dem Sommer 2020 ist jetzt Thema der NRW-Politik. Liefen die Ermittlungen rechtens? Ein Freitagabend im Sommer 2020. Das Coronavirus gastiert bereits seit mehreren Monaten in Deutschland. Es gelten Regeln. So müssen Kontaktdaten von Besuchern in Restaurants oder anderen Einrichtungen erfasst werden. Das dient der Kontaktnachverfolgung, sollte eine infizierte Person unter den Besuchern gewesen sein. Diese Daten wurden offenbar auch an diesem Sommerabend vor gut anderthalb Jahren bei einem Fußballspiel erfasst. In Nammen, einem Ortsteil von Porta-Westfalica, trafen sich die Kreisliga-Teams des TuS Porta Westfalica und von ROJ Minden - ein Freundschaftsspiel.Spieler geraten aneinander Doch mit der "Freundschaft" war es nicht weit her. Der Schiedsrichter berichtete von wiederholten Tätlichkeiten zwischen den Spielern, wie die Polizei in einer Mitteilung schreibt. Auch Beleidigungen seien gefallen. Dies ging so weit, dass der Unparteiische das Spiel früher abpfiff. Daraufhin haben Spieler von ROJ Minden versucht, den Schiedsrichter zu attackieren, was jedoch von anderen Spielern und Zuschauern verhindert worden sei. Ein Zuschauer soll so manche Szene per Handy festgehalten haben, allerdings sei ihm das Handy entwendet worden. Die Folge: eine "handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen diversen Spielern", wie die Polizei schreibt. Allerdings: Als die Beamten am Stadion eintrafen, hatte sich die Situation wieder beruhigt. Wie sich jetzt zeigt: Die Bielefelder Ermittler haben offenbar die Corona-Zuschauerliste für die Ermittlungen genutzt. Das zeigt ein Bericht der Landesregierung an den NRW-Innenausschuss. Demnach habe ein Fan der Gastgeber die Liste an die Polizei ausgehändigt. Aufgrund dieser Liste sei schließlich ein Zuschauer identifiziert worden, der an der Auseinandersetzung beteiligt gewesen sein soll. Er wurde später vernommen. So zumindest berichtet es die leitende Bielefelder Oberstaatsanwältin - mit dem Vorbehalt: "Soweit feststellbar."Rechtslage war länger unklar Doch wie ist die Rechtslage? Fakt ist: Zu Beginn der Pandemie war die Nutzung von Daten auf den sogenannten Corona-Listen kaum geregelt. Die Landesregierung hatte damals bestätigt, dass solche Listen aus Restaurants, Bars und Co. unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich für Ermittlungen genutzt werden können. Allerdings bezog sich das Ministerium vor allem auf echte Listen - nicht auf Daten aus Apps.Mittlerweile regelt das Infektionsschutzgesetz klar, dass die Daten nur für die "zuständige Stelle" gedacht sind, um die Kontakte nachzuverfolgen und das Infektionsgeschehen einzudämmen. Ob Ermittler diese Daten dennoch durch andere Gesetze nutzen dürfen oder nicht ist äußerst umstritten, das NRW-Justizministerium sieht die Verwendung äußerst kritisch.Rechtmäßig genutzt? Interessant: Möglicherweise wurden die Kontaktdaten der Zuschauer aus dem Kreis Minden-Lübbecke von den Ermittlern genutzt, als die rechtliche Regelung deutlich strenger war. Denn die Vernehmung der beteiligten Person erfolgte erst einige Monate nach Inkrafttretens der Gesetzesverschärfungen.Zuletzt sorgte ein Fall für Furore: Die Staatsanwaltschaft Mainz hatte Daten aus der Luca-App genutzt, um in einem Todesfall zu ermitteln. Zu unrecht, wie sich später ergab. Mittlerweile schreibt sogar das Land Rheinland-Pfalz auf seiner Website, dass die App-Daten nicht zur Strafverfolgung genutzt werden. Übrigens: Gegen insgesamt vier Personen, die an der Auseinandersetzung in Porta Westfalica beteiligt gewesen seien sollen, wurde mittlerweile Anklage erhoben. Darin geht es unter anderem um gefährliche Körperverletzung, einfache Körperverletzung und Nötigung.

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