Kinder und Corona Kinderimpfung: Was eine Pädagogin Eltern jetzt rät

Bielefeld. Erste Kinderarztpraxen in Nordrhein-Westfalen starteten die Corona-Schutzimpfungen für Fünf- bis Elfjährige schon am Montag. Durch die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) in der vergangenen Woche rückt das Thema mehr und mehr in den Fokus der Eltern - und der betroffenen Kinder. Wie sollten Minderjährige über die Impfung aufgeklärt werden? Und wer sollte mit Kindern sprechen? Lehrer, Eltern - oder beide? Eine Expertin klärt auf. Die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) hat am 25. November dieses Jahres grünes Licht für die Zulassung des speziellen Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder ab fünf Jahren gegeben. Eine Empfehlung der Stiko richtet sich zunächst an Kinder mit Vorerkrankungen und an Kinder, die Kontakt zu Risikopatienten haben. Gesunde Fünf- bis Elfjährige sollen aber "auf Wunsch" und nach ärztlicher Aufklärung auch geimpft werden können, hieß es weiter. Doch wessen "Wunsch" ist hier gefragt? Haben Kinder dieser Altersklasse denn überhaupt Mitspracherecht? Spätestens wenn die ersten Kinder in der Schule eine Impfung erhalten haben, wird es wohl zum Austausch unter den Schülern kommen. Umso wichtiger, dass Eltern jetzt das Gespräch mit ihren Kindern suchen. >>>> Hier können Eltern ihre Kinder in OWL impfen lassen Keine Impfaufklärung in Schulen Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat dazu aufgerufen, die nun zur Verfügung stehenden Impfangebote für Kinder zu nutzen. Die Impfung von Schulkindern sei ein wichtiger Beitrag, um Präsenzunterricht in Schulen zu sichern. "Wir sollten alle Möglichkeiten ausschöpfen, um erneute flächendeckende Schulschließungen zu verhindern", erklärte die Ministerin. Ist es also auch Aufgabe der Schulen, nun an Schüler zu appellieren? Die Grundschulen in OWL scheinen sich in diesem Punkt einig zu sein. "Es ist nicht unsere Aufgabe, mit Kindern über die Impfung zu sprechen, das ist eine Entscheidung der Eltern. Ob wir auf Fragen bezüglich der Impfung reagieren, haben wir im Kollegium noch nicht abgesprochen. Wir würden aber ohnehin warten, bis die Stiko eine konkretere Empfehlung ausspricht", erklärt Bettina Kees-Schuto, Schulleiterin der Bonifatius Grundschule in Paderborn. Ähnlich argumentiert auch Andrea Nutt-Cyrkel, Schulleiterin der Eichendorffschule in Bielefeld. "Ich finde, dass es etwas ist, das Eltern zunächst mit ihren Kindern besprechen sollten." Um eventuelle Aufklärungsgespräche in der Schule zu führen, etwa im Unterricht, sei auch die Zustimmung der jeweiligen Elternpflegschaft notwendig. An der Hellingskampschule in Bielefeld sei die Kinderimpfung bislang auch noch kein Thema. "Wir haben an Eltern appelliert, sich impfen zu lassen. Aber an unsere Schüler appellieren wir nicht", erklärt Schulleiterin Kathrin Meise-Waltking. Eine richtige Entscheidung, findet Helen Knauf, promovierte Pädagogin und Dozentin an der Fachhochschule Bielefeld. "Das ist die Aufgabe der Eltern, nicht die der Lehrer. Sicherlich können sie den Schülern, wenn diese Informationen erfragen, wichtige und seriöse Quellen vermitteln. Für Weiteres sind sie aber nicht zuständig." Kinderarzt Michael Achenbach, der auch Sprechers des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BKJD) in Westfalen-Lippe ist, erklärt ebenfalls, dass "die Entscheidung nach Beratung und Abwägung aus der Familie kommen muss". Darauf müssen Eltern achten Helen Knauf rät Eltern zu Gesprächen mit ihren Kindern, in denen sie sie in die Entscheidung einbeziehen. "Es geht hier nicht um Krankheiten wie Masern oder Tetanus, wovon Kinder nie etwas hören, sondern um eine Krankheit, die rund um die Uhr im Gespräch und in den Medien ist." Es sei also durchaus normal und gut, dass Kinder zwischen fünf und elf Jahren sich mit Covid-19 auseinandersetzen. Besonders wichtig sei es, sich zunächst selbst eine Meinung zu bilden und diese auch im Laufe des Gesprächs zu kommunizieren. "Eltern sollten zwar ihre Kinder aufklären und ihnen Informationen zu der Impfung geben, nicht aber die Verantwortung der Entscheidung abgeben. Die liegt für Kinder dieser Altersklasse bei den Eltern", so die Pädagogin. In welchem Ausmaß ein Kind über die Impfung aufgeklärt werden sollte, etwa wenn es um Nebenwirkungen und Risiken geht, sei abhängig von vier Punkten: Alter, Persönlichkeit, Erfahrungen und Informationsstand. "Ein junges Kind versteht weniger von Wahrscheinlichkeiten, als ein älteres Kind. Genauso gibt es Kinder mit traumatischen Erfahrungen mit Covid-19 und welche ohne. All das muss berücksichtigt werden." Kindgerechte Aufklärung: Mit YouTube die Impfung erklären Auch zweifelnde Eltern oder Eltern zweifelnder Kinder sollten offen über das Thema sprechen. "Sie können sich gemeinsam informieren und recherchieren, sofern es das Alter und das Interesse des Kindes zulässt. Ein gemeinsamer Besuch bei einem vertrauten Arzt wäre außerdem sinnvoll." Knauf empfiehlt außerdem, gemeinsam mit dem Kind einige Fragen zu überlegen, die man einen Arzt im Beratungsgespräch stellen könnte. Das vermittele dem Kind ein Zugehörigkeitsgefühl und könne zudem Zweifel oder Ängste nehmen. Grundsätzlich rät die Pädagogin Eltern dazu, das Thema sensibel anzugehen - mit Fingerspitzengefühl. Zudem empfiehlt sie, bei dem Gespräch auch altersspezifische Medien hinzuzuziehen, die über Covid-19 und die Impfung aufklären. "Es gibt tolle Formate, die kindgerecht erklären. Das könnten sie sich auch noch einmal ohne die Eltern anschauen." Das Wichtigste bei der Kommunikation sei, dass Kinder Partizipation lernen. Und diese fange mit dem Gespräch an.

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