Berlin (dpa/anwi). Im Kampf gegen die Corona-Pandemie setzt auch Deutschland vor allem aufs Impfen. Aus gutem Grund. Alle in Europa zugelassenen Impfstoffe bieten einen hohen Schutz. Je nach Impfstoff verringern die mRNA-Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna die Gefahr, an Covid-19 zu erkranken, gegen ursprüngliche Corona-Varianten um bis zu 95 Prozent. Bei den sogenannten Vektorimpfstoffen ist die Wirksamkeit nach Vollimmunisierung etwas geringer: Bis zu 80 Prozent sind es bei dem Impfstoff von Astrazeneca, Johnson & Johnson hat für sein Vakzin eine Wirksamkeit von 66 Prozent errechnet. Der Nutzen der Impfstoffe überwiege mögliche Risiken bei weitem, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Doch auch wenn das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, nach einer Impfung deutlich reduziert ist - einen hundertprozentigen Schutz bietet auch sie nicht. Wie bei anderen Viren auch kann es zu sogenannten Impfdurchbrüchen kommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand trotz vollständiger Impfung mit dem Coronavirus infiziere und Symptome entwickle, sei "niedrig, aber nicht Null", sagt das Robert Koch-Institut (RKI).
In Deutschland überwacht das RKI auch die Zahlen zu den deutschlandweit gemeldeten Impfdurchbrüchen. Als einen wahrscheinlichen Impfdurchbruch beschreibt das Institut eine Sars-CoV-2-Infektion mit Symptomen, die bei einer vollständig geimpften Person diagnostiziert wurde. Ein vollständiger Impfschutz wird angenommen, wenn nach zwei Dosen Moderna-, Biontech- oder Astrazeneca-Vakzine beziehungsweise einer Dosis Janssen-Vakzine (Johnson & Johnson) mindestens zwei Wochen vergangen sind.
Millionen Impfungen, Tausende Impfdurchbrüche
In seinem Bericht vom 5. August gibt das RKI insgesamt 8.715 Impfdurchbrüche seit dem 1. Februar an. 6.586 davon traten demzufolge nach einer vollständigen Impfung mit dem Wirkstoff von Biontech/Pfizer auf, 297 nach einer mit Spikevax von Moderna, 493 nach einer mit Vaxzevria von Astrazeneca und 943 nach einer mit Janssen von Johnson & Johnson. Bei 405 Impfdurchbrüchen erfolgte keine Zuordnung zu den genannten Impfstoffen. In 808 Fällen mussten die Betroffenen ins Krankenhaus. 114 davon, also zwei Prozent, waren 18 bis 59 Jahre alt und 694 Fälle, also 26 Prozent, älter.
Auch wenn diese Zahlen belegen, dass trotz vollständiger Impfung eine Corona-Infektion möglich ist und man von einer Dunkelziffer bei Impfdurchbrüchen ausgehen muss, zeigen sie mit Blick auf die Impfzahlen auch, wie gering das Risiko ist. Denn bis zum 5. August erhielten in Deutschland dem RKI zufolge 44.999.521 Personen eine Impfung, 54,1?Prozent der Gesamtbevölkerung waren den Zahlen zufolge vollständig geimpft. 51.750.882 Personen (62,2?Prozent) erhielten mindestens eine Impfdosis.
Warum es gerade in Pflegeheimen trotz vollständiger Impfung der Bewohner zu Corona-Ausbrüchen kommen kann, hat kürzlich die Berliner Charité untersucht. Dass Impfstoffe bei jüngeren Menschen in der Regel effizienter wirken, hat den Forschenden zufolge vor allem mit der im Alter nachlassenden Immunreaktion zu tun. Diese sei nach der Impfung "deutlich verzögert" und erreiche nicht das Niveau von Jüngeren, teilte die Charité mit.
Wenn die Immunantwort schwächer ausfällt
Defizite bei der Immunantwort gibt es mitunter aber auch bei Jüngeren - etwa wenn das eigene Immunsystem nach einer Organtransplantation mit Medikamenten gezielt unterdrückt wird. Daten zeigten, "dass die Immunantwort in Abhängigkeit zur Immunsuppression bei Organtransplantierten viel schlechter sein kann", sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens. "Sie liegt dann nur noch bei 50 Prozent." Auch bei Rheuma- und Krebspatienten könne die Immunantwort schwächer ausfallen. Zudem können manche Corona-Mutanten, etwa die erstmals in Indien entdeckte Delta-Variante (B.1.617.2), die Effizienz von Impfstoffen leicht verringern. Doch aktuelle Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass die Impfstoffe auch gegen solche Varianten schützen.
Die Präparate etwa von Biontech/Pfizer und Astrazeneca seien gegen Delta kaum weniger wirksam als gegen die ursprünglich in Großbritannien entdeckte Alpha-Variante, berichteten US-Forscher jüngst im New England Journal of Medicine. Voraussetzung allerdings sei die vollständige Immunisierung. Nach nur einer Impfdosis sei die Wirksamkeit erheblich geringer.