Raubtier und geschützte Tierart Mehr Wolfsnachweise in NRW: Landwirte fürchten um ihre Tiere

Bielefeld. Ein Bad Oeynhauser Wolf hat gerade wieder für Unruhe gesorgt. Ein Jäger wollte in Hamm ein Tier gesichtet und fotografiert haben. Bei der Überprüfung des Fotos stellte sich allerdings heraus, dass das Foto vor dreineinhalb Jahren in Bad Oeynhausen aufgenommen wurde. Dabei hätte die Sichtung zu der Meldung der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 19. Oktober gepasst, wonach die Zahl der in Deutschland lebenden Wolfsrudel deutlich gestiegen ist. Im Untersuchungszeitraum zwischen 2019 und 2020 hätten die Bundesländer fast 130 Rudel gezählt, hieß es da. Das seien 34 Wolfspaare sowie zehn sogenannte territoriale Einzeltiere mehr als im Vorjahr. Vor zehn Jahren habe es in Deutschland noch lediglich sieben Rudel gegeben. Das für die Veröffentlichung der Zahlen zuständige Bundesamt für Naturschutz wollte die Ergebnisse dem Bericht zufolge zunächst weder dementieren noch bestätigen. Zumindest für Nordrhein-Westfalen ließe sich kein solcher Anstieg beobachten, sagt auf Anfrage von nw.de Wilhelm Deitermann, Pressesprecher das Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Fünf Wolfsnachweise in OWL in diesem Jahr 67 Mal ließ sich laut LANUV die Anwesenheit eines Wolfes in diesem Jahr (Stand: 27. August) in NRW bislang nachweisen. Davon je ein Mal in Lippe, Paderborn und Höxter und zwei Mal in Minden-Lübbecke. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2019 fanden sich NRW-weit 57 Nachweise. "Viele Wölfe ziehen aber auch nur durch die Region", schränkt Deitermann diesen Anstieg ein. "Ein Nachweis heißt nicht, dass sich das Tier hier angesiedelt hat." Wolfsnachweise in #NRW im Jahr 2019: #Wölfe wurden 7 Mal von Wildkameras fotografiert, es gab 2 Totfunde (Straßenverkehr), 34 genetische Nachweise durch Wildtier- und Nutztierrisse, 3 genetische Nachweise durch Kot- und Urinspuren und 11 Sichtungen. pic.twitter.com/6eP23KePUF Wölfe und Wir in NRW (@NRW_Wolf) April 11, 2020Seit diesem Jahr gibt es vier Wolfsgebiete in NRW - nach dem Nachweis eines Wolfsrudels im Oberbergischen Land zählt seit August auch dieses Gebiet dazu. Bereits Ende 2018 wurde das Wolfsgebiet Senne ausgewiesen, da dort ein weibliches Tier standorttreu sein soll. "Ein Wolfsgebiet wird bei einer festen Ansiedlung von Wölfen ausgewiesen, das heißt wenn ein Wolf über die Dauer von bis zu einem halben Jahr mehrfach in einem Gebiet nachgewiesen werden kann", so das LANUV. Das Wolfsgebiet Senne umfasst die Truppenübungsplätze im Bereich Senne sowie weitere zusammenhängende waldreiche Gebiete und hat eine Fläche von 922 Quadratkilometern. Die umliegende &bdquo;Pufferzone um das Wolfsgebiet" umfasst auf einer Fläche von etwa 3.390 km² den Großteil der kreisfreien Stadt Bielefeld, den östlichen Bereich des Kreises Gütersloh, den Nordosten des Kreises Lippe sowie die gesamten Kreise Paderborn und Höxter. In OWL kümmern sich neun sogenannte Wolfsberater um alles rund um das Thema Wolf. Die Ehrenamtlichen stellen die Nachweise der Tiere sicher und informieren zu allem rund um das Thema. Bezirksregierung zahlt in fast zwei Jahren 615.00 Euro für Präventionsmaßnahmen Laut dem Landesamt ist die Ausweisung eines Wolfsgebietes insbesondere für die Nutztierhaltung von großer Bedeutung, da das Land in diesen Bereichen auf der Grundlage der "Förderrichtlinien Wolf" Investitionen in vorbeugende Herdenschutzmaßnahmen fördert. In OWL werden die Förderanträge dafür an die Bezirksregierung Detmold gestellt. Bislang sind seit Anfang 2019 laut Sprecher Peter Westphal bis zum 15. Oktober 2020 199 Förderanträge auf Präventionsmaßnahmen gestellt worden. Die Summe der hierfür bewilligten Kosten beträgt circa 615.000 Euro. Diese Maßnahmen gelten für Gatterwild, nicht für Pferde und Kühe, sagt Wilhelm Brüggemeier, stellvertretender Vorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, der im Kreis Herford selbst Milchvieh hält. "Man kann die Gehege nicht komplett wolfssicher machen. Der Zaun müsste so dicht sein, dass auch ein Wechsel von Hasen und Wildschweinen verhindert würde." Eine Entschädigung für ein gerissenes Tier gebe es zudem nur, wenn ein Wolfsnachweis gefunden werden könne. "Da wird dann das Tier an sich bezahlt, nicht die Arbeit, die ich damit hatte", sagt er. "Und wenn ein Kalb direkt nach der Geburt erbeutet wird, gibt es dafür nichts, das hat ja noch nicht offiziell existiert." Landwirt fordert aktive Regulierung des Wolfsbestandes In diesem Jahr ließen sich in OWL bislang zwei Nutztierrisse durch einen Wolf nachweisen. In Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke tötete im Februar ein männlicher Wolf ein Schaf und verletzte ein weiteres, das später starb - ein anderes Schaf blieb verschwunden. Im Mai verletzte dann ein ein weiterer Wolf fünf Schafe im Willebadessen im Kreis Höxter. Von den Tieren verstarb eines später an seinen Verletzungen. Ob auch ein Kalb in Lügde im Kreis Lippe im September von einem Wolf angegriffen wurde, konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Langfristig sieht Brüggemeier durch den Wolf die Existenz der Weidetierhalter bedroht. "Die Situation ist emotional aufgeladen", weiß er. Er fordert eine aktive Regulierung des Wolfsbestandes und schlägt dafür die Ausweisung fester Gebiete vor, in denen sich der Wolf frei bewegen kann. "Die Senne mit dem Truppenübungsplatz", ist da eine Idee. "Aber wo die Fläche durch Weidehaltung genutzt wird, kann der Wolf nicht toleriert werden."

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